Serie / Zyklus: Vurt-Zyklus, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von RealS |
Inhalt: Der bullige, bestimmende Beetle, seine Shadowgirl-Freundin Bridget, der Ich-Erzähler Scribble und Mandy sind die Stashriders, eine Gruppe von jungen Leuten, die von Sozialhilfe leben und immer auf der Jagd nach neuen Drogen sind. Es gibt viele Drogen, aber die perfekten Drogen sind solche, die vorkomponierte Realitäten/Träume, das Vurt, enthalten. Durch ihren Genuss wird man in das jeweilige Vurt versetzt, in dem man je nach Droge einer festgelegten Handlung folgen oder auch frei agieren kann. Diese Drogen sind in einzelnen Federn gespeichert. Bringt man sie z.B. in Kontakt mit seiner Mundschleimhaut, taucht man in das jeweilige Vurt ein. Wird dieselbe Feder kurz hintereinander von mehreren Leuten benutzt, erleben diese die Drogenrealität gemeinsam. Es gibt verschiedene Federn, von den legalen blauen, die leichte Träume versprechen, über die pinken, die Pornovurts, bis hin zu den illegalen, potentiell tödlichen gelben Federn. Denn das Vurt ist mehr als nur eine Drogenrealität, es ist eine existierende andere Realität. Manchmal kommt es vor, dass der Benutzer des Vurts mit einem Wesen "getauscht" wird, das in der Vurtrealität lebt, sich also in der Vurtrealität verliert, während das Vurtwesen in dessen Realität strandet. Genau das ist Scribble mit seiner Schwester passiert. Er hat mit ihr das seltene gelbe Vurt English Voodoo ausprobiert und ist dann allein zurückgekehrt. Statt neben ihr ist er neben einem unförmigen lebenden Ding aufgewacht.
Um Desdemona wieder zu bekommen, ist er nun auf der Suche nach einer weiteren Feder English Voodoo, um dann irgendwie das Ding gegen sie zurückzutauschen. Bei einem Versuch, English Voodoo zu bekommen, gerät er allerdings mit der Polizei zusammen und wird nun von der Polizistin Murdoch verfolgt. Seine Suche nach English Voodoo und seine Flucht vor Murdoch führen ihn in die verschiedenen Teile der Stadt, in die Viertel der Hundemenschen, der Robomenschen und auch in die verschiedenen Realitäten des Vurts.
Bewertung: Dieser Roman fühlt sich an wie Cyperpunk ohne Cyberspace. Stattdessen gibt es das Vurt, das Zuflucht vor der harten Realität der Großstadt bietet. Ähnlich wie der Cyberspace ist aber das Vurt - auch für den Leser - schwer durchschaubar. An der Oberfläche nur eine weitere Drogen-Spielart, erweist es sich als deutlich substanzvollerer Ort unter der Oberfläche, in dem mächtige Lebewesen wie Game Cat oder Takshaka, der König der Traumschlangen, leben. Durch den Roman wird der Leser nach und nach in die 'reale' und in die Vurt-Welt eingeführt, wobei das Vurt als Ganzes immer unklar bleibt und allenfalls einige Regeln erfassbar werden. Vurt ist in einem schnellen Erzählstil geschrieben, ohne die z.T. ambivalenten Beziehungen zwischen den Charakteren zu vernachlässigen. Dabei ist Noon viel zu kreativ, als dass sich der Inhalt des Romans hier einigermaßen vollständig wiedergeben lassen würde.
Fazit: In diesem Roman gibt es (fast) keine Zukunftstechnologie und keine Aliens aus dem All. Dafür gibt es das Vurt und interessante mehrdimensionale menschliche Beziehungen, die klar über dem Durchschnitt dessen liegen, was das normale Science-Fiction-Buch bietet. Wer also damit zurecht kommt, dass es - zumindest in diesem ersten Roman über das Vurt - keine 'wissenschaftliche' Erklärung über den Charakter dieser Traumwelt gibt, der kann in Vurt einen spannenden, interessanten Roman finden. Vurt hat 1994 den Arthur C. Clarke Award gewonnen.