Serie: Volksbücher und Heftromane Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Dieter von Reeken hat schon mit diversen Veröffentlichungen gezeigt, das er sich nicht nur für Science Fiction-Romane aus der Frühzeit der Phantastik interessiert, sondern auch deren Wiederveröffentlichung fördert, indem er diese meist nicht mehr zu bekommenden Titel im Selbstverlag neu abdruckt. Mit Heinz J. Galle, einem renomierten Sammler und Kenner der phantastischen Literatur hat er nun die ursprünglich im EDFC erschienene einbändige Sekundärliteratur "Volksbücher und Heftromane" überarbeitet und bringt sie nun neu in drei Bänden heraus.
Der vorliegende erste Band dieser Reihe widmet sich den Heftromanreihen aus den Bereichen Science Fiction, Fantasy, Horror,Western und Kriegsroman ab dem Kriegsende. Wie man bei der Literatur des von Galle launig, jedoch immer sehr kundig geschilderten Werdegangs des Groschenromans merkt, war dies eine wilde Zeit, in der die verschiedensten Serien von Dutzenden von Verlagen in geringer Auflage und Serienzahl auf den Markt geworfen wurden und so schnell wie sie entstanden, auch wieder verschwanden. Galle versteht es, nicht nur reine Sachdaten zu vermitteln, sondern auch die Gefühle und die Faszination darzustellen und zu erklären, die die Romane im jungen Deutschland bei der Jugend und jungen Erwachsenen weckten. Der Heftroman befand sich damals in seiner Blütezeit - Heinz J. Galle erklärt, warum - mit Erzählungen aus seiner Jugend und seiner Sammlertätigkeit.
Jedoch beginnt der Band trotz oben erwähnter Örtlichkeit nicht in Deutschland, sondern in Österreich. Hier schildert Galle teils heute völlig unbekannte Serien wie PHANTOM oder Dr. MC MINAHA. Über einen weiten Ausflug über den amerikanischen Markt, in dem der Heftroman seine Geburtsstunde erlebte, und einem Erlebnisbericht mit der ersten Begegnung mit Groschenromanen steuert Galle auf den deutschen Markt zu. Hier merkt man schon, das Western und die phantastische Serie Sun Koh zu Heinz Galles Lieblingsthemen gehören, jedoch wird dies nie so weit vertieft, das der rein phantastisch interessierte Leser davon abgehalten wird, weitere Sachverhalte im Band entdecken zu wollen. In einem eigenen Artikel "In Rastatt stand die Wiege der SF-Literatur" widmet sich Galle den frühen und mutigen Umtrieben des Erich Pabel Verlages. Mit UTOPIA-ZUKUNFTSROMANE erschien 1953 die erste Science Fiction-Heftromanserie, die im Laufe der Zeit von einer Vielzahl von Serien abgelöst wurde. Amüsant sind auch Galles Hinweise auf die Rivalität zwischen dem Pabel Verlag mit seinen UTOPIA-Reihen und dem Moewig-Verlag mit den TERRA Reihen. Die einzelnen Reihen werden kurz vorgestellt, auch auf andere Verlage, wie Zauberkreis, geht Galle ein und streift so im Laufe des Kapitels sämtliche seit dieser Zeit erschienenen Romanreihen. Perry Rhodan bekommt ein eigenes Kapitel - kein Wunder, stellt die Serie doch das erfolgreichste dar, was an SF im Heftroman bislang erschien. Und die vielen Nachahmer und Konkurrenten des Erbes des Universums werden ebenso ausführlich betrachtet, Serien wie REN DHARK, REX CORDA oder RAUMSCHIFF PROMET:
Serien wie BEIDERSEITS DER ROLLBAHN schildern den Alltag deutscher und anderer Soldaten in den beiden Weltkriegen. Über solche Serien kann man denken wie man möchte, jedoch zeugen Reihen wie LANDSER, an dem auch diverse aus der Phantastik bekannter Autoren mitschrieben davon, das die Beliebtheit bis heute ungebrochen ist und dieser Part ebenso zur Geschichte der Heftromane gehört. Das dies nicht zwingend gleichbedeutend mit Rechtsradikalismus sein muss, das kann man sich denken. Kurz werden auch die Kriminalromane gesteift, bis Galle in ein Kapitel einsteigt, das besonderes Interesse weckt, den phantastischen Reihen in der DDR - die ja auch, wie man der Liste der Heftromanreihen aus meiner Hand hier auf dieser Seite entnehmen kann, auch zur Propagangda genutzt wurden. Den Abschluss der Darstellung der einzelnen Genres bilden die Grusel- und Horrorromanreihen, von Bastei und Zauberkreis.
Aufgelockert ist Galles Band 1 der dreiteiligen Reihe mit einer Vielzahl von schwarz/weissen Abdrucken von Romancover, Entwürfen von Romanen und vielem mehr, was man teils noch nie woanders erblicken konnte. Hier zeigt sich der Wert von Heinz Galles unglaublicher Sammlung der verschiedenen Genres. Als Glanzstück des Bandes kann man den Abdruck von über 30 farbigen Romancovern verschiedenster Serien bezeichnen, die launig von Galle kommentiert, den vorherigen 250 Seiten ausführlichen Beschreibungen den nötigen Glanz und die erfreuliche Illustration verschaffen.
Autor Heinz J. Galle hat in Zusammenarbeit mit dem Herausgeber Dieter von Reeken ein Standartwerk geschaffen, das ein absolutes Muss für jeden an der Science Fiction Literatur interessierten darstellt. Ich freue mich auf die nächsten beiden Teile, die sich noch früheren Zeiten widmen und in denen Heinz J. Galle mit Sicherheit aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz nicht nur interessante sondern auch phantastisches im wahrsten Sinne des Wortes an den Leser bringen kann.
Sehr empfehlenswert!