Serie: Die vierte Gabe, Band 2 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Aufbauend auf den ersten Band der Reihe "Die vierte Gabe" führt Ullrich Freier zu Axberg die Abenteuer in seinem reichhaltigen Fantasy-Universum fort. Während im ersten Band Verflechtungen zwischen Handlungspersonen und historische Zusammenhänge erklärt wurden und die Handlung selbst nur ein Baustein des Romans darstellte, widmet sich der Autor im zweiten Band vollends um die Fortführung der Ereignisse. Prinz Lundolf, nun Besitzer des geheimnisvollen Pokals mit dem Namen "Goldener Falke", erhofft sich durch ihn grosse magische Macht und schlussendlich den Platz auf dem Thron. Jedoch ist der Pokal durch etliche Schutzzauber geschützt und so muss er einige Winkelzüge durchführen, um so an die seltenen Zutaten der Gegenzauber zu gelangen. Gleichzeitig nutzt er die Abwesenheit des Königs, um sich seiner Adoptivschwester, der Königin anzunähern und allgemeine Ränkespiele am Hofe durchzuführen. Dem König selbst wurde ein Krieg aufgezwungen, er muss sich gegen Plünderer und brandschatzende Heerscharen erwehren, die die Grenzen seines Reiches unsicher machen. Ihm zur Seite stehen der erfahrene Kanzler des Reiches sowie sein junger Sohn und Thronfolger Aelfnoth. Dieser schwankt zwischen Unsicherheit und dem Willen, sich selbst zu beweisen und muss dafür am Ende auch bezahlen.
Mehrere Glaubensgruppierungen versuchen ebenfalls, das Machtvakuum am Hofe zu nutzen und neben der Unterstützung für Prinz Lundolf auch ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Und mittendrin kämpft Magnus, das Findelkind aus dem ersten Band, als Zauberer nun gegen den Verfall seiner Welt und der Gesellschaft, so wie er sie kannte. Dabei nimmt er auch gerne Rat von Fremdwesen wie Elben oder Drachen an, die ihm jedoch nur bedingt weiterhelfen können.
Ullrich Freier zu Axberg widmet sich fast aufopferungsvoll in seinem Roman jedem nur teils am Rande wichtigen Charakter und pflegt mit Liebe und Herzblut jeden Handlungsschauplatz, Nebenschauplatz und Neben-Nebenschauplatz. Gegliedert ist das Buch in eine Vielzahl von kurzen Kapiteln, die jeweils einen Sprung zu einer anderen Handlungsebene durchführen. Eine fast unüberschaubare Vielzahl von Personen, Charakteren und Verstrickungen derjenigen miteinander führt spätestens in der Mitte des Buches zu leichten Verwirrungen. Der schnelle Wechsel der Schauplätze ist fast filmreif, führt aber zu einem unnötigen Abschneiden gerade begonnener Spannungsbögen, die erst etliche Seiten später weitergeführt werden. Vielleicht wäre es besser gewesen, den Inhalt des Romanes thematisch etwas zu ordnen und in zwei, vielleicht drei kleinere Bände aufzuteilen. Vieles wäre dann nicht mehr ganz so unübersichtlich. Natürlich, ein aufmerksamer Leser kann dem Buch natürlich folgen, jedoch muss ein Autor nicht auch damit rechnen, das es Leser gibt, die nicht nach dem Prinzip "ganz oder gar nicht" ein Buch konsumieren? Die Schwächen in der Gliederung des Buches werden duch Axbergs Fantasy-Universum wettgemacht. Freilich erleben wir eine klassische Tolkien-Welt mit historischen Reichen, Drachen, Elben oder Zwergen. Lieder werden gesungen und elbische Gedichte vorgetragen. Jedoch findet man selten einen Autor, der das so überzeugend in einer Sprache vermittelt, die sehr gut zu ihrer Umgebung passt. Altertümliche Satzbauweisen und Bezeichnungen, fremdartige Dialekte und hochgestochene Dialoge am Hofe, mit all diesen Bausteinen kann Axberg sehr gut überzeugen und das macht meines Erachtens gerade für jüngere Leser das Buch so interessant. In der Zeit, in der die Konjunktivsätze immer kürzer und meist durch den Kuss eines Vampires abgewürgt werden, wird endlich einmal wieder schwerer zu lesende Literatur auf den Markt gebracht. Und zudem noch ein Werk, das sich mit oben genannten Schwächen zwar herumärgert, sich jedoch trotzdem insgesamt spannend lesen lässt. Denn trotz der schnellen Kapitelschnitte bleibt die Spannung hoch, was mit dem einen oder anderen Charakter geschieht, welche Konsequenzen der Königin erotische Träume nach sich ziehen und welches Schicksal dem König fern seiner Burg droht. Kann Lundolf die Macht im Reich ergreifen, oder wird er von den wenigen noch verbliebenen Recken bezwungen und das Gute siegt?
Ein dritter Band der Reihe ist bereits angekündigt.