Reihe: Sternenfeuer, Band 2 Eine Besprechung / Rezension von Charlene |
Der Inhalt:
Ein Raumschiff auf der Mission, New Earth neu zu besiedeln, nachdem die Erde beinahe komplett “aufgebraucht” wurde:
Obwohl Waverly die Mädchen vom Raumschiff der New Horizon gerettet hat, wird sie zunehmend zur Geächteten, weil es ihr nicht mehr gelang, auch noch die Eltern zu befreien. Während die rund 300 Kinder und Jugendlichen der Empyrean unter der recht zügellosen Führung von Waverlys Ex-Verlobtem Kieran außer Rand und Band zu geraten drohen, verwandelt dieser sich immer mehr in eine Kopie Waverlys größter Feindin und Peinigerin Anne Mather. Die Kinder wollen um jeden Preis das feindliche Raumschiff einholen, aber das fordert seinen Tribut. Körperliche Schmerzen und verschlissene Gelenke sind die Folgen jeder Beschleunigung im Weltall. Das werden allerdings ihre geringsten Sorgen sein, denn jemand scheint die Empyrean zu sabotieren. Unfälle und Störungen sorgen für Misstrauen und so bleibt es nicht aus, dass schnell jeder von jedem beschuldigt wird. Nur Waverly gerät in den Fokus der Mehrheit und muss sich gegen Anschuldigungen vermehrt zur Wehr setzen. Es geht um mehr, als nur um Waverlys Leben, denn die ganze Mission, New Earth zu besiedeln, ist in Gefahr…
Eine Delikatesse, die man sich „auf den Augen zergehen” lassen sollte
Ich bin an „Sternenfeuer – Vertraue Niemanden“ mit verdammt hohen Erwartungen heran getreten und habe mir die Fortsetzung regelrecht bis zum letzten Moment aufgespart, um sie mir im richtigen Augenblick auf der Zunge zergehen zu lassen. Amy Kathleen Ryan hat meine Erwartungen übertroffen und dieses Leseerlebnis in eine tollkühne und bitterböse Achterbahnfahrt allerlei Emotionen verwandelt.
„Sternenfeuer – Vertraue Niemanden“ lässt wirklich nichts anbrennen und setzt sich parallel mit vielen Thematiken auseinander, die sich unter anderen um die Machtgier der Menschen, der Religiosität, des Überlebens und um politische Belange drehen.
Es ist erschreckend mitzuverfolgen, wie Heranwachsende ein komplett autarkes System ganz alleine befehligen, organisieren und regeln müssen und dabei in die gefahrvollen Griffe der Machtversuchungen geraten. Die ursprünglich edle Motivation den anderen zu helfen und das Beste für seine Mitmenschen durchzusetzen, gerät schnell in den Hintergrund, wenn Zweifel, Misstrauen und Furcht herrschen.
Denkanstöße und der Spiegel zur Selbstreflexion
Amy Kathleen Ryan verbindet die unterschiedlichsten moralischen Denkanstöße miteinander, ohne dass es wie eine leidige Moralkeule wirkt. Doch was tut man, wenn man Menschenleben gegeneinander abwägen muss und gezwungen ist, um das Fortbestehen der ganzen Art zu feilschen? Gibt es dafür angemessene Kriterien, wonach solche Entscheidungen gefällt werden könnten?SZ_1
Amy Kathleen Ryan hält ihren LeserInnen den Spiegel der Selbstreflexion vor. Obwohl die Geschichte in einem authentischen, aber dennoch rein fiktionalen Rahmen spielt, lassen sich so einige Strukturen auf unsere Gesellschaft übertragen; sofern dies denn von einem gewollt ist.
Kritik wunderschön verpackt
Das wunderschöne und einfach atemberaubende Cover unterstreicht für mich die Exklusivität, die in den schier unendlichen Tiefen dieses Buches verborgen liegt. Amy Kathleen Ryan wandelt fern der Mainstreampfade und typischen Inhalte der Jugendbücher. Sie übt Kritik, verpackt sie in eine der rasantesten Geschichten, die ich bisher gelesen habe und krönt dies schließlich mit Emotionalitäten, die einen gar nicht kalt lassen können. Idee und Umsetzung sind dabei genial umgesetzt worden und harmonieren perfekt miteinander.Sternenfeuer
Der Schauplatz von „Sternenfeuer – Vertraue Niemandem“ ist ebenso selten wie imposant. Zwei Raumschiffe in den Weiten des Weltalls, verwickelt in einen Krieg, dem man nicht entfliehen kann. Dabei sind die Spannungen primär innerhalb der Empyrean zu finden, in das die New Horizon immer weiter sticht, um die Unsicherheit und die Wut anzutreiben. Dabei inszeniert die Autorin von Beginn an eine mörderische Spannung, von der ich beständig spürte, dass im Hintergrund eine Bombe tickte; welche früher oder später explodieren müsste.
Zum Versinken für Leib und Seele
Obwohl „Sternenfeuer – Vertraue Niemanden“ zum Nachdenken anregt und absolut keine leichte Kost fürs Gemüt ist, eignet es sich dennoch wunderbar zum Abschalten, gerade weil man mit Leib und Seele darin versinken kann und es vor Tiefsinnigkeit nur so strotzt.
Die bereits erwähnten Machtränke und emotionalen Begebenheiten sind – teilweise durch die berührenden Charaktere – zur höchsten Intensität aufgelaufen. Die Figuren überzeugen nicht durch Sympathien oder Beschreibungen ihres edlen und sanftmütigen Charakters. Ein ums andere Mal geraten sie in innere Konflikte, die mich ebenfalls in einen Zwiespalt trieben, ob ich mein/en Held/in so noch mögen dürfte oder nicht. Doch gerade diese Ecken und Kanten gestalten „Sternenfeuer – Vertraue Niemandem“ so hochspektakulär.
Mein endgültiges Urteil:
Vielschichtigkeit, ohne zu kompliziert zu sein. Spannung, die permanent bis zum Zerreißen gespannt ist. Charaktere, die Mehrdimensionalität beweisen. Gefühle, die gefährlich nah am Abgrund balancieren. Rau und schonungslos. Ein zweiter Band, der einem Meisterwerk gleicht und einen für den finalen Band entflammt. Ein durch und durch fesselndes Highlight, das zum Verschlingen verführt und zum Abtauchen einlädt. Ein Roman, dem aufgrund solch literarischer Schönheit mein höchster Respekt gebührt.
5 von 5 Punkten