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Vampirerzählungen sind immer noch die Klassiker unter den Gruselgeschichten, seit William Polidori und Bram Stoker sich des Themas bemächtigten. Eine stille Leseecke, die Bilder von ein paar schrecklichen Vampirfilmen im Kopf, und schon kann es losgehen. Leise und atemlos folgt man den Stimmen, die das gleichnamige Buch mit den Stimmen bekannter Synchronsprecher zum Leben erwecken. Oder sollte es besser heißen 'zum Tode', denn Vampire leben ja nicht? Lausche ich nun den leisen Stimmen, das vor kurzem gelesene Buch vor Augen, dann begebe ich mich in einen Bereich des Horrors, der mir eine Gänsehaut beschert. Leises Zähneklappern dringt an mein Ohr, bis ich merke, dass es meine Zähne sind. Ob es nun Marlon Brandos Stimme von Helmut Krauss ist oder Joachim Kerzel als deutscher Jack Nicholson, jedes Mal schauert's mich, und ich würde mich gern in den hintersten Winkel meiner Seele zurückziehen, wenn sie nicht bereits besetzt wäre.
CD 1:
Thomas Ligotti: DIE VERLOREN GEGANGENE KUNST DES ZWIELICHTS
Horacio Quiroga: DAS FEDERKISSEN
CD 2:
Leonhard Stein: DER VAMPYR
Amelia Reynolds Long: DER UNTOTE
CD 3:
Karl-Hans Strobl: DAS GRABMAL AUF DEM PÈRE LACHAISE
CD 4:
Guy de Maupassant: DER HORLA
DIE VERLOREN GEGANGENE KUNST DES ZWIELICHTS wird von Lutz Riedel mit leiser Stimme vorgetragen, also ungeeignet, um im Bett vor dem Einschlafen mal reinzuhören. Dazu kommen die Abstecher in die französische Vergangenheit, die eher verwirrend denn helfend sind. Thomas Ligotti als Autor wird von Lutz Riedel sehr gut umgesetzt. Ohne viele Abstriche zu empfehlen.
Das Paar Alicia und Jordan ist heiß und innig verliebt und seit drei Monaten verheiratet. Als sie in der Erzählung DAS FEDERKISSEN in ein neues Refugium umziehen, ist das für das junge Ehepaar der Gesundheit ziemlich abträglich. Auch hier gelingt es dem Synchronsprecher Lutz Riedel, der deutschen Stimme von Timothy Dalton, die Hörer mit der Erzählung gefangen zu nehmen. Scheinbar langweilig und ohne Spannung beginnt die Erzählung, nagt die Ungewissheit an den Nerven, um dann überraschend zu enden.
DER VAMPYR von Leonhard Stein ist eine der typischen Vampirerzählungen. Gelesen von Helmut Krauss, einem wahren Stimmwunder, das nur mit seiner Stimme in der Lage ist, Spannung zu erzeugen. Helmut Krauss ist die Stimme von Marlon Brando. Ebenso wie bei DER UNTOTE von Amelia Reynolds Long bleibt wenig übrig, um den Inhalt besonders hervorzuheben. Frau Long selbst bleibt im Klischee der englischen Geistergeschichten verhaftet. Dabei ist es gerade der Sprecher, der bei diesen Geschichten noch etwas Spannung mit hineinbringt.
David Nathan liest die Geschichte von Karl Hans Strobl, DAS GRABMAL AUF DEM PÈRE LACHAISE. Die Erzählung ist das Tagebuch des Wissenschaftlers Ernest. Ein Physiker lebt ein Jahr lang in der Gruft einer toten Gräfin. Was schon nicht sehr alltäglich ist. Zumal er dafür auch noch bezahlt wird. Der Sprecher David Nathan ist sicherlich einer der besten seines Fachs. Wer ihm lauscht ist hin und her gerissen.
Wesley Snipes alias Torsten Michaelis liest DER HORLA von Guy de Maupassant. Auch hier ist wieder ein Tagebuch der Träger der Erzählung. Die Erzählung ist so bekannt, dass sie schon oft veröffentlicht wurde und man nichts mehr dazu erzählen muss. Zuletzt erst wieder in DER VAMPIR, einer Kurzgeschichtensammlung des Kleinbuch Verlages.
Sechs zweifellos gute Erzählungen, von denen DER HORLA von Guy de Maupassant die bekannteste ist, sind ein Genuss für jeden Freund der phantastischen Literatur. Zu dem Buch als Grundlage muss ich nichts weiter sagen. Wer sich dafür interessiert, nehme einfach den phantastischen Bücherbrief in die Hand. Die hervorragende Qualität, die Lars Peter Lueg mit seiner Firma an den Tag legt, habe ich im vorherigen Hörspiel bereits hervorgehoben. Bleibt euch nur eines - reinzuhören!