Reihe: ~ Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Es ist immer wieder schön zusehen, wenn sich kleine, ehrgeizige Verlage die Mühe machen, Kurzgeschichtensammlungen herauszugeben. Das Thema, dem sich der Kleinbuch Verlag unter Leitung von Udo Mörsch annahm, ist nicht neu. Trotzdem gelang es ihm, eine Sammlung alter und neuer Kurzgeschichten zusammenzutragen, die die Vielfalt des Themas bezeugen. Neben alten Meistern wie Guy de Maupassant und Charles Baudelaire, zu denen man nun wirklich nichts mehr sagen muss, sind auch neuere Autoren vertreten.
Dreizehn Kurzgeschichten von zwölf Autorinnen und Autoren bieten eine große Auswahl. Die Leserin und der Leser können sich ganz den Blutsaugern hingeben und sich nächtens eine Gänsehaut anlesen. Oder sich unter der Bettdecke verstecken.
Jürgen K. Brandner - Die Tür aus Milchglas
Das typische Spiel mit der Angst. Ein männlicher Angsthase macht sich auf den Weg durch die Wohnung, um schreckliche Geräusche zu untersuchen, während seine Frau weiterschläft. Die verursachenden Geräusche sind, wie sich bald herausstellt, eher einfacher Natur und überzeugen den Mann, es gibt keinen Grund, sich zu ängstigen. Bis er wieder ins Bett geht.
Timo Bader - Spiel des Bösen
Timo Bader findet sich inzwischen in vielerlei Veröffentlichungen, was nicht nur seine überschäumende Phantasie bezeugt, sondern auch gleichzeitig eine gleichbleibende Qualität, sonst würde man ihn nicht nehmen. Mit seiner Kurzgeschichte wirft er den Leser in eine Begebenheit, die ihn gleich fordert. Mitten in einer Flucht wird der Leser zum unsichtbaren Begleiter. Ein Vampirjäger, der vom Jäger zum Gejagten wird, dazu ein diabolisches Pärchen, dessen bösartiger Spieltrieb so manches Opfer forderte.
Sabrina Kirnapci - Die Begegnung
Viktoria ist eine Frau, die in ihren Träumen seltsame Gedichtfetzen hört. Diese seltsamen Worte machen sie argwöhnisch. So seltsam düster die Erzählung beginnt, so überraschend die Wendung.
Felix Woitkowski - Zum letzten Gast
Die Erzählung von Felix Woitkowski befasst sich mit dem üblichen Schicksalsschlag. Ein Mann, in diesem Fall der Gastwirt Diethilf, verliert seine Frau und schwört dem Vampir ewige Rache. Also macht er sich auf den Weg, den Widersacher zu töten.
Torsten Scheib - Die Gruft
Immer wieder gern genommen, die Gruft, das Grab, das Mausoleum. Auch hier ist dieser für die Gruselliteratur so beliebte Ort der Zielpunkt. Aber mal ehrlich: Wer fährt mit dem Taxi zum Friedhof, um dort den Tod zu finden? Meredith hatte es eigentlich nicht so geplant.
Sandra Henke - Erschreckende Selbsterkenntnis
Tamara ist eine Vampirjägerin, jedoch vertraut ihr niemand recht, und so macht sie sich auf, ihren ersten Vampir zu töten. Aber etwas läuft ganz falsch, anders als sie es sich vorgestellt hat.
Rainer Innreiter - Ereschkigals Brut
Was Glauben so alles bewirkt, kann man bei Rainer nachlesen. Es muss nur der rechte Glauben am rechten Ort sein.
Barbara Jung - ...nur einfach tot
Michael wacht auf, entsteigt dem Grab und hat Hunger. Als Vampir, der er jetzt ist, ist das recht verständlich. Barbara Jung konnte sich inzwischen im Bereich Phantastik einen guten Namen machen. Hier beschreibt sie mit Michael einen Mann, der vom üblichen Zigarettenholen nicht zurück kam. Stattdessen wurde er Opfer eines Vampirs und begraben. Sein schwuler Freund scheint sein einziger Anhaltspunkt in der Welt der Lebenden zu sein. Aber was ist schon Wirklichkeit und Scheinwirklichkeit? Was ist das für eine Welt, wo man nicht '...nur einfach tot' sein kann?
Erik Schreiber - Luponi
Erik Schreiber macht seinem Namen nun alle Ehre. Endlich hat er es geschafft, eine seiner Geschichten einer größeren Leserschaft vorzustellen. Da diese Erzählung vom Herausgeber des phantastischen Bücherbriefes stammt, weigere ich mich standhaft, irgendetwas dazu zu schreiben.
Udo Mörsch - Der Vampir von Köln
Zum Schluss der Kurzgeschichtensammlung kommt der Herausgeber der Kurzgeschichtensammlung selbst zu Wort. Sein Vampir treibt in der Großstadt Köln sein Unwesen, und nur Lobeck hat ihn erkannt. Aber was wird Lobeck tun?
Die thematisierte Kurzgeschichtensammlung gefiel mir sehr gut. Nicht nur, weil meine eigene Geschichte vertreten ist. Neben Guy de Maupassant, den ich sehr schätze, und Charles Baudelaire in einem Buch vertreten zu sein, adelt die eigene Kurzgeschichte.
Besonders gefielen mir die Arbeiten der neuen Gilde von Autoren, die sich manches Mal recht respektlos dem Thema hingaben. Es gibt natürlich immer einen gewissen Trend bei Sammlungen, und hier ist er auch zu erkennen. Ein unverhofftes Ende, eine spannende Erzählung und ungewöhnliche Voraussetzungen. Ein Buch, das mit seiner Qualität überzeugt.