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Titel: Twin-Pryx (Zwillingsbrut) Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
John Ashts Roman beschreibt die Geschichte der Familie von Schwarzenberg, einem rumänischen Adelsgeschlecht, das Gerüchten zufolge sogar von dem schrecklichen Dracula abstammen soll. Die Burg derer von Schwarzenberg liegt in ganz in der Nähe der angeblichen Heimatstadt des Vampirfürsten in Transylvanien - so die Schreibweise des Landstriches laut Autor, die ich hier der Einfachheit halber übernehme.
Hanna von Schwarzenberg hat Eltern aus zwei verschiedenen Hemisphären. Der Vater stammt aus Transylvanien, die Mutter ist eine Crow-Sioux aus der Gegend an der Grenze zwischen Kanada und Alaska. Gerade diese Mischung zweier Völker scheint für Hanna vorbestimmt, denn schon seit ihrer Kindheit wird sie von Cyan Mongruad, aus dem Clan der Na´n Oggs begleitet. Cyan ist ein mystisches Wesen, das die Aufgabe bekommt, Hanna auf ihrem vorgegebenen und beschwerlichen Lebensweg zu begleiten. Hart und unerbittlich muss dieser Weg gestaltet sein, denn nur so kann - so die Vorsehung - aus ihr ein entsprechend starkes Geschlecht entspringen.
Als Hanna das einundzwanzigste Lebensjahr erreicht, endet für sie die glückliche Zeit. Auch dies ist ihr vorherbestimmt. Der zweite Weltkrieg, die Nazizeit, all das hat auch Auswirkungen auf das rumänische Hochland. Durch die Deutschstämmigkeit ihres Vaters gelangen sie in den Fokus der russischen Roten Armee, die nun von Osten her in das Land vordringt. Der Vater wird auf der Flucht erschossen, Hanna hingegen gelangt in russische Kriegsgefangenschaft. Dort lernt sie Gunther Marlosstein aus Erlangen kennen, der auch zum Vater ihrer Kinder wird. Bei einem gemeinsamen Fluchtversuch, stirbt auch ihr Geliebter und Hanna wird zusammen mit einigen anderen Frauen in die sibirische Einöde in ein Kriegsgefangenenlager gebracht. Dank ihrer immer deutlicher werdenden Schwangerschaft genießt sie einige Freiheiten, die sie von ihren Mitgefangenen abhebt. Nach einigen Monaten gelangt der Wissenschaftler Edmond Sahigal in das Gefangenenlager und gibt sich als Forscher im Auftrag der USA aus. Er bietet Hanna an, ihn bei seiner Abreise heimlich zu begleiten. Die junge Frau jedoch, die gerade entbunden hat, kann sich bis zuletzt nicht richtig entscheiden - durch die große Eile werden sie und einer ihrer neugeborenen Zwillingssöhne getrennt. Während sie in Russland mit ihrem Sohn Gunther ausharren muss, fliegt Charly mit Sahigal in den Westen.
Die Weissagung Cyans jedoch gibt Hanna Hoffnung: Eines Tages werden sich die beiden Brüder wiedersehen und ihre Familie wieder vereint sein. Durch mystische Bande sind Gunther und Charly miteinander verbunden, erleidet der eine Schmerzen, muss auch der andere diese aushalten. Hanna ist dies ein Trost, weiss sie doch dadurch, das Charly am Leben ist und irgendwo in den USA heranwächst.
Als Charly und Gunther beide ihre Volljährigkeit erreichen, wandelt sich auch ihr Leben. Durch mehrere Umzüge gelangt Charly in die Heimat seiner leiblichen Großmutter: das Indianderreservat Grizzly-Bear´s Head. Dort, so erfährt er, experimentiert die Regierung mit dem Blut der dort lebenden Rothäute. Einige tragen ein Blut in sich, das Verletzungen schneller heilen lässt und Krankheiten abwehrt. Das Ziel der Bemühungen: einen Soldaten zu schaffen, der unempfindlicher und stärker als der Gegner im Osten ist.
Jedoch kennen auch die Russen diese Möglichkeit, forschen jedoch an einer neuen Menschenrasse in einer geheimen Anlage in Sibirien. Da Hanna die Koordinaten vor Jahren von Edmund Sahigal erhalten hatte, wird sie zum Köder des KGB ausgebildet. Sie kann in ihre transylvanische Heimat zurückkehren, wird mit großen Freiheiten ausgestattet und fungiert als Zielscheibe für Dutzende westlicher Agenten. Als ihr jedoch die Koordinaten der sowjetischen Forschungsanlage gestohlen werden, verliert sie jeden Wert für die Regierung. Um seine Mutter zu schützen, wagt Gunther den bewaffneten Widerstand und wird dabei schwer verletzt.
Auf der anderen Seite des Erdballs merkt dies auch Charly. Er und einige Mitstreiter machen sich auf, um Hanna und ihren Sohn aus den russischen Händen zu befreien. Behilflich ist ihnen dabei CICSEC (Canadian-Indian-Crow-Secret-Experiment-Laboratory), eine militante Geheimorganisation der Regierung, die die Projekte Pryx und Nosferatu verfolgt, welche beide große Auswirkugnen auf die Zukunft unserer Rasse haben werden.
Was sie jedoch nicht wissen: Das veränderte Blut des indianischen Stammes ist nur ein Teil des großen Geheimnisses. Die ganze große Wahrheit bedroht die ganze Menscheit auf Erden, und nicht nur diese...
Anmerkung 1: Da ich das Buch nicht in papierner Form vorliegen habe, sondern als eBook auf meinem kleinen Reader las, kann ich die in der Rezension aufgeführten Zitate nicht mit Seitenzahlen ergänzen.
Anmerkung 2: Da sich der Autor an anderer Stelle gegen die Einstufung seines Romanes als "Fantasy" gewehrt hat, sei mir hier der Einwand erlaubt, das Twin-Prxy große Teile dieser Literaturgattung in sich trägt. Aber auch viele Elemente der SF findet man hier. Natürlich finden sich auch noch weitere Genres ansatzweise in diesem Buch wieder, jedoch werde ich schon allein aus technischen Gründen nur für einen einzigen Roman keine gesonderte Einordnung schaffen. Insofern bitte ich darum, die Einstufung als "Fantasy" einfach hinzunehmen. Genauere Ausführungen zum Genre findet man weiter unten.
Die Geschichte
Hanna von Schwarzenberg soll gestählt werden, um mit den beiden Söhnen Charly und Gunther eine große Aufgabe zu erfüllen, die das ganze Menschengeschlecht betreffen kann. Das ist die Hauptzielrichtung der ersten Hälfte des Buches. In der zweiten Häflte geht es darum, diese Aufgabe nach bester Agentenmanier auch umzusetzen, dabei gleitet Asht immer mehr in die Ecke der esoterisch angehauchten Science Fiction ab.
Eine Geschichte, die den Leser über 900 Seiten fesseln kann, soll einen roten Faden besitzen, mehrere Spannungsbögen, die immer wieder die Lust zum Lesen aufrecht erhalten und einen übergreifenden Handlungsstrang, an dem sich alles andere orientiert. John Asht ist das Kunststück gelungen, den Leser mehrere Male von diesem berühmten roten Faden abzubringen, denn er verliert sich allzu gern immer wieder in den verschiedensten Nebenschauspätzen und Nebenhandlungen, die allesamt wenig oder kaum mit dem Großen Ganzen zu tun haben. Wenn sich mystische Esoterik von harten Kriegsschilderungen ablösen lässt, Hannas Sohn Charly tragischerweise den Tod findet - es jedoch später mit verändertem Charakter wieder in die Handlung zurückschafft, wenn der Alltag der Protagonisten einen übermäßigen Raum einnimmt, so gleicht das eher einer Abfolge mehrerer Teile einer Daily Soap, als einem soliden Roman aus einem Guß. Hier hätte es dem Buch gut getan, etliche Szenen zu streichen und die Geschichte an sich zu straffen. Weniger ist hier durchaus mehr, es hätte vor allem dem ersten Teil, in dem es vor allem um das Aufwachsen der beiden Söhne geht, nicht geschadet.
Ob es so klug ist, derart viele Genres in einem Buch zu verbraten, sei dahingestellt. Zumindest ist es leicht verwirrend, wenn Esoterik, Kriegsroman, Spionagethriller, Abenteuer und Fantasy, Science Fiction, Indianer- und Familienroman in einen Topf geworden werden. Wo soll sich der Leser, der sich ja meist für ein bestimmtes Genre interessiert, und entsprechend seine Literatur kauft, heimisch fühlen? Natürlich hat John Asht in Twin-Pryx einige autobiografische Elemente eingebaut. So stammt Gunter Marloffstein ebenso wie Asht aus Erlangen, die Liebe zum indiansichen Volk wird deutlich sichtbar, ebenso die Begeisterung für das Übersinnliche.
Allerlei seltsame Begebenheiten trifft man im Laufe der Lektüre an. So verschonen die Russen Hanna nur deswegen, weil beide Vorfahren haben, die so etwas wie eine "Walfangfreundschaft" hatten. Der Vater wird jedoch schon allein aufgrund eines "inflationären Immobilienmarktes" erschossen. Ob dieser Begriff zu Zeiten des zweiten Weltkrieges üblich war, bezweifle ich nach einigen Recherchen und Befragungen von Zeitzeugen. Das die Befreiung der Mutter und des Sohnes in Rumänien mit einer Neckermann-Reisegruppe organisiert wird, finde ich hingegen eine ganz witzige Idee - wobei ich nicht sagen kann, ob Neckermann in den 70er und 80er Jahren Zugriff zu Reisezielen am Schwarzen Meer hatte.
Überraschendes bietet Asht nicht unbedingt in seinem Roman. Natürlich ist es schwierig, etwas zu finden bzw. zu erfinden, das nicht Heerscharen anderer Autoren schon etliche Male durchgekaut haben. Jedoch bleibt vor allem der erste Teil des Buches bis weit über die Hälfte des Romanes hinaus sehr ernüchternd. Leise plätschert die Lebensgeschichte der von Schwarzenbergs trotz aller Tragik dahin und man erhofft sich endlich das eine oder andere Bonbon, das der Autor eingebaut haben könnte. Jedoch bleiben die aus gesundheitlichen Gründen wohl aus. Erst ganz weit hinten dreht Asht nochmals auf und präsentiert einen, dem gewählten Stil durchaus entsprechenden (siehe weiter unten) Plot, der aus den 40ern oder 50er Jahren des letzten Jahrhunderts stammen könnte. Die Bedrohung der Erde mit all ihren metaphysischen und physischen Ebenen durch eine Gefahr aus dem All, die wiederrum aber auch für die Existenz unseres Lebens verantwortlich zeigt - das kommt dem belesenen Rezensenten schon recht bekannt vor, kann aber durchaus interessieren. Wenn jetzt der Lektor hier seine Arbeit gemacht hätte....
Stattdessen kämpft man sich auch hier durch ein teils wirres und schwer zu folgendes Getümmel, das vor allem in Richtung Buchende durchaus recht rüde wird. Leider klingt das Ende des Romanes so, als hätte John Asht einen zweiten Teil eingeplant. Dann bitte aber nur als eBook, um weitere Bäume zu schonen.
Die Sprache und der Stil
"...das brauchte sie nicht zweimal zu sagen, die hübsche Indianermami."
Das, was man John Asht als Autor wirklich vorwerfen muss, ist die Auswahl des Lektors. Entweder hat dieses Buch niemals einen solchen gesehen oder er ist sein investiertes Geld nicht wert. Ich kann nicht sagen, mit welcher Akribie das Buch vor der Veröffentlichung durchgesehen wurde, jedoch ist das, was hier vorliegt, sehr sehr nahe an der Schmerzgrenze. Ein Lektor hat dafür zu sorgen, nicht nur Rechtschreibfehler - von denen es in dem Roman erfreulicherweise sehr mangelt - zu finden, sondern auch das Schriftbild des Autors zu formen, grammatikalische Fehler zu korrigieren und Ungereimtheiten in der Geschichte zu eleminieren.
In Twin-Pryx reihen sich Wortwiederholungen, Beschreibungswiederholungen, sich endlos auftürmende Adjektive und manch kuriose Sätze von Anfang bis Ende des Buches aneinander. Ebenso einige Flüchtigkeitsfehler, wie beispielsweise Visastempel, die in einem Absatz nicht im Pass vorhanden sind, ein paar Zeilen weiter jedoch magischerweise diese enthielten. Ebenso sollte Asht an seinen Dialogen arbeiten, denn manchem Protagonisten werden Sätze in den Mund gelegt, die so niemals jemand in der Realität sagen würde:
"So machen wir aus eurer Einsamkeit eine Zweisamkeit, damit ihr zusammen Beatles und Elvis hören könnt, Cha-Cha-Cha tanzt, Flower-Power auf eure Autos spritzt und Walt Disneys Popeye ansehen könnt."
Wobei sehr auffällt, das sich Asht im Laufe des Romanes bessert. Der Großteil der zu kritisierenden Elemente findet sich in der ersten Hälfte des Buches, wobei auch der zweite Teil nicht davor verschont bleibt, das man sich als Leser teilweise in einem eher schlechteren Schüleraufsatz wieder findet. Ein wirklich guter Lektor hätte hier den Rotstift nicht nur einmal angesetzt und aus Twin-Pryx möglicherweise einen passablen Roman schaffen können, ungeachtet dessen, ob das gewählte Thema für Leser interessant sein mag oder nicht.
"Dort stülpte sie einen Krug nach dem anderen über sich, bis es sie fröstelte..."
Asht versucht in seinem Roman mehrere Schreibstile miteinander zu mischen, ein Umstand, der meist nicht gelingt. Auch hier ist es der Fall. Sowohl bezüglich Sprache, als auch anhand der getroffenen Aussagen, lehnt sich John Asht an den Stil von Romanen aus den frühen Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts an. Schlägt man einen Heftroman aus den Reihen "Utopia" oder "Terra" auf, so erkennt man allerlei Elemente wieder. Das betrifft nicht nur das, für heutige Verhältnisse, sehr gewöhnungsbedürftige Frauenbild, das in diesem Roman geschildert ist.
"Mit ihren fünfundvierzig Jahren leitete sie die weiblichen nordamerikanischen Einsatzkommandos weltweit..."
Auch in der Wahl der Worte wandelt Asht auf sehr ausgetretenen und ungeliebten Pfaden. "Rasse", "Mischling" und "gute und schlechte Gene" zeugen von einer, gelinde gesagt, sehr altertümlichen Sprache, die doch sehr schnell bei manchen Leserinnen und Lesern in den faschistischen Hals kommen könnte. Russen beispielsweise werden per se als "primitiv, rückständig und einfältig" beschrieben. Asht stört das alles offenbar wenig und versucht, den doch recht drögen Stil mit einigen vermeintlichen Jugendsprachelementen zu vermengen. So ist der "Wissenschaftler eine Wucht auf seinem Gebiet" und "worauf gab ich damals mein kugelsicheres Wort?". Auch gehört es zu einem guten Roman, fachliche Dinge zu recherchieren. Man kann einfach nicht gleichzeitig zu Tode stürzen, verbluten, erfrieren und zudem an Wundbrand sterben. Oder Entfernungen zwischen einzelnen Staaten sollten korrekt angegeben werden und nicht pauschal das eine zehmal näher ansiedeln als das andere.
Die erotischen Eskapaden im Buch gleichen meiner bescheidenen Meinung nach Schilderungen aus längst vergangenen Teenagerzeiten. "Schau mal her - das sind erotische Schamhaare. Sie sind nicht so blond wie meine Kopfhaare, aber ich finde, sie passen wunderbar zu meinem Venushügel...".
Dies und dergleichen mehr lassen einen die entsprechenden Beschreibungen schnell überblättern, sie sind leider Gottes alles - nur nicht erotisch.
Fazit
Nein, man muss John Ashts "Twin-Pryx" nicht gelesen haben. Der Vorwurf des Autors, das Blogger und Rezensenten anhand weniger Seiten, oder gar nur der im Internet verfügbaren Leseprobe den ganzen Roman verteufeln, läuft hier ins Leere. Denn eine wesentliche Besserung von Stil und Sprache kann man im Laufe der restlichen Seiten des dicken Wälzers nur marginal erkennen. Die erzählte Geschichte kann mich persönlich nicht fesseln, ob es dafür einen Markt gibt, zeigen die aktuellen Verkaufszahlen bei Amazon, da sowohl von der Hardcover- als auch von der eBook-Ausgabe bei Niederschrift dieser Rezension nur wenige Exemplare ihren Käufer fanden. Das mag vielleicht an der "originellen" Marketing-Idee des Autors liegen, kann aber - so meine Meinung nach lektüre des gesamten Buches - durchaus auch mit dem Inhalt von Twin-Pryx begründet werden. Denn ein Buch, das viele Leser finden soll, kann man nicht in der vorliegenden Form veröffentlichen. Eine starke Überarbeitung des Manuskriptes und eine wesentliche Straffung der Handlung ohne das ganze Herumgeeiere in den Lebenslinien der von Schwarzenbergs hätte aus Twin-Pryx vielleicht ein durchaus lesenswertes, spannendes Buch gemacht. Positive Aspekte gibt es zuhauf, die man hätte mehr nutzen können. Leider spricht die teils unreife Sprache und ein nicht mehr zeitgemäßer Stil gegen einen solchen Erfolg, auch wenn der Autor sich bemühte, vor allem in den Dialogen die Sprache der Protagonisten zumindest auf die jeweilige Handlungszeit zu heben. Doch wie sich auch Gegensätze nicht unbedingt anziehen müssen, wirkt auch dieser Kunstgriff eher noch befremdend.