Titel: Fantastische Erzählungen Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Ich kannte von Iwan S. Turgenjew bisher nur die Erzählung „Die Erscheinung“, die im Helmut Kossodo Verlag und als Neuauflage im Europäischen Buch- und Phonoklub erschien. Mit dem vorliegenden, äußerst preiswerten Buch gelang es mir, zumindest fünf weitere Erzählungen kennen zu lernen. Der Anacondaverlag ist nicht dafür bekannt. Phantastik zu verlegen. Der Programmschwerpunkt liegt bei kostengünstigen Nachdrucken, was sehr lobenswert ist. Ich möchte diesen Verlag den Lesern empfehlen, die ältere Bücher suchen und sie in einer preisgünstigen Ausgabe erwerben möchten. Doch zurück zu Iwan S. Turgenjew. Er lebte von 1818 bis 1883. Seine hier vorliegenden Geschichten stammen aus einem Band, der 1914 zum ersten Mal veröffentlicht wurde.
Drei Begegnungen
Dies ist die Geschichte des Ich-Erzählers (der durchaus der Dichter selbst sein könnte), wie er einer jungen Frau immer wieder begegnet. Trotz der sich ergebenden Nähe bleibt sie für ihn eine Unbekannte.
Visionen
Der Ich-Erzähler dieser Geschichte hat Probleme mit dem Einschlafen. Er nahm anscheinend an einem Tischerücken teil, das ihn so aufwühlte, dass ihn der Schlummer nicht einholen mochte. In einer Zustand zwischen Traum und Wachheit erlebt er eine phantastische Vision.
Der Hund
Eine Herrenrunde in Sankt Petersburg wird zu einer Gesprächsrunde mit hitzigem Streitgespräch über das Übersinnliche. Allein die Frage bleibt unbeantwortet im Raum stehen: Welche Rolle soll dann noch der gesunde Menschenverstand spielen?
Das Lied der triumphierenden Liebe
Dies ist die Geschichte von Valeria und Mutius, die der Autor in einer alten italienischen Handschrift niedergeschrieben fand.
Ein Traum
Dieses Mal geht es um einen siebzehnjährigen Jungen, der mit seiner Mutter in einer kleinen Seestadt lebt. Der Junge hat seltsame Träume und einer dieser Träume führt ihn zu seinem toten Vater. Zum Beweis bringt er seiner Mutter dessen Ring.
Die Geschichten spielen in kleinen, nicht genannten Orten, um die Anonymität zu wahren, oder in großen Städten wie Sankt Petersburg, wo in der Masse der Bewohner selbst die Anonymität gewährleistet ist. Es sind keine großen Geschichten, wie sie heute erzählt werden. Weder blutrünstig noch von unheimlichen Monstern bewohnt. Es ist der subtile Horror, der durch die Erzählung selbst entsteht. Mit diesen Geschichten wird man heute die Leser erfreuen, die sich zurück zu den Wurzeln der Phantastik begeben wollen. Hier sind sie auf dem richtigen Weg. Ich persönlich würde es begrüßen, wenn im Verlag weitere Erzählungen erschienen, die so unbekannt sind wie diese von Iwan S. Turgenjew.