Serie: The Boys, Band 4 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Silver Kincaid, ein weibliches Gründungsmitglied der G-Men, begeht auf offener Straße einen unschönen Selbstmord. Auch wenn die G-Men und sämtliche mit ihnen verbundenen Gruppen wie G-Force, G-Style, G-Coast, G-Brids (und andere) für Billy Butcher bunte Kackspechte aus der zweiten Reihe sind – hochprofitabel zwar, aber dennoch Kackspechte -, kommt er dennoch Susan L. Rayners Wunsch nach, die Boys auf die Vorgänge anzusetzen, um herauszufinden, ob und was der Ober-Guru der Gruppen, John Godolkin, zu verbergen hat.
Da die G-Men – anders als The Seven - nicht ohne weiteres infiltriert werden können, muss Butchers Team an mehreren Fronten aktiv werden: Frenchman und Weibchen werden für Überwachungsaufgaben abgestellt und Mother's Milk macht sich auf die Suche nach Silver Kincaids Vergangenheit. Eine echte Arschkarte bei diesem Auftrag hat – wie so oft – Hughie gezogen: Unter dem Namen Bagpipe und ausgestattet mit einem der dämlichsten Kostüme, die die Welt gesehen hat, soll er sich in das Jugendteam der G-Men, die G-Wiz einschleichen.
Schnell merkt Hughie, dass es sich bei dem G-Nachwuchs zwar um völlig durchgeknallte Kids mit - freundlich ausgedrückt – ungewöhnlichen sexuellen Präferenzen und Verhaltensmustern handelt, dass diese Kinder aber dennoch freundlich und untereinander die dicksten Kumpels sind. Und genau Letzteres unterscheidet sie von dem Haupt-Team, in dem persönliche Anfeindungen, Beleidigungen, Intrigen und sonstige Bösartigkeiten das Miteinander kennzeichnen.
Als Billy Butcher entscheidet, Hughie abzuziehen, da er seinen Auftrag erledigt hat, zeigt der Neuling zum ersten Mal Cojones und treibt sich weiter mit den G-Wiz rum, in der Hoffnung, zumindest einige der Kinder auf den Pfad der Tugend zurückholen zu können. Eine fatale Entscheidung, die schlussendlich nicht nur in einem kleinen Blutbad, sondern in einem wahren Massaker endet, an dem Vought-American nicht unbeteiligt ist.
BLOWCHOWSKIIII !!!!!!!!
Die Boys gehen also in die nächste Runde und legen sich diesmal mit einer Gruppe an, bei der von der ersten Seite an klar ist, wen Autor und Zeichner im vorliegen Story-Arc eigentlich meinen: Marvel und sein „Uncanny X-Men“-Franchise mit seinen unzähligen „Spin Off“- und „Ableger“-Serien, die oft schneller wieder verschwunden sind, als man „hui“ sagen kann.
Nicht nur, dass Ennis' Fan-Favoriten wie Wolverine, Storm & Co. gewohnt zotig, derbe und gnadenlos durch den Kakao zieht und sie jeglicher superheldischer Würde beraubt, sondern einmal mehr stellt der Autor auch die Gewinnmaximierungs-Strategien der Comic-Konzerne mit einem selbstironischen Augenzwinkern bloß: die zeitgeistnachlaufende Grim'n'Gritty-Attitüde, das Schaffen von „Bad Boy“-Images für eigentlich durch und durch angepasste Spießer-Typen oder das Generieren immer neuer Teams, deren charakterlose Mitglieder sich nur noch anhand ihrer Namen und dämlichen Outfits – auch diesem Punkt widmet Ennis eine eigene Szene – unterscheiden.
Allerdings würde man zu kurz springen, reduzierte man „The Boys“ auf eine derbe Posse, auf die brutale Destruktion von Mythen bzw. Ikonen, denn die Geschichte hat auch ihre stillen und intensiven Momente, die sowohl generell in der seltsamen Freundschaft zwischen Frenchman und Weibchen als auch speziell in dem Handlungsbogen um Mother's Milks Ermittlungen in den Vordergrund rücken.
Zu guter Letzt bleibt noch die Feststellung, dass ohne das grandios stimmige, realismusnahe und düstere Artwork Robertsons, Higgins' und Avinas die Boys zwar immer noch eine gute Story böten, aber bei weitem nicht so glaubwürdig daherkämen.
Fazit: Die böse, brutale, zynische, sexistische, politisch unkorrekte Art und Weise, wie Ennis die Comic-Industrie insgesamt und insbesondere das X-Men-Franchise gnadenlos und genüsslich satirisch geradezu zertrümmert, machen „The Boys“ zum einzig wahren Superhelden-Comic des neuen Jahrtausends. Sooooo geil!!!!!!
BLOWCHOWSKIIII !!!!!!!!