Titel: The Terror Compilation Eine Besprechung / Rezension von Markus Solty |
Manche Autoren wählen ihr Pseudonym mit Bedacht. Auch hier heißt es: Nomen est Omen. Der geneigte Leser kriegt das geboten, was der Name verspricht: Gore. In diesem Fall Marc Gore. Wer gerne mehr über den Autor erfahren möchte, dem lege ich nahe, dass Interview zu lesen, das Constantin Sauff für Die Loge mit ihm geführt hat. (Auch sonst ist die Seite gerade wegen der Interviews sehr zu empfehlen.)
"The Terror Compilation" ist eine Storysammlung mit sechs Geschichten, die allesamt in den Jahren 2010 und 2011 entstanden sind. Die erste und längste ist "Monster Squad". Es handelt sich hierbei um eine chrom- und testosterongeschwängerte Hommage an Filme von Robert Rodriguez und Quentin Tarantino. Ein beinharter Trucker hilft im Süden der USA einer schönen Latina, die auf der Flucht vor ihrem Verlobten, einem mexikanischen Gangsterboss, ist. Der besitzt auch noch schwarzmagische Kräfte und befehligt eine ganze Zombiearmee. Die nächsten fünf Stories sind um einiges kürzer. - "Psycho Route 666" erzählt von einem Serienkiller, der seit geraumer Zeit auf seinen Touren die Route 66 entlang seine weiblichen Opfer sucht. Diesmal scheint er aber an die Falsche geraten zu sein. - "The Terror of Alabama" ist eine typische Slasher-Story. Eine Gruppe Jugendlicher verirrt sich in einem Wald und wird von einer degenerierten Redneck-Familie niedergemetzelt. - "Creature in the Cellar" stellt ein neunjähriges Mädchen in den Mittelpunkt, dessen Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind und die nun bei ihren bösen Stiefeltern leben muss. Neben körperlicher Gewalt ist das größte Druckmittel der Stiefeltern das "Monster im Keller". Aber für wen das erfundene Monster am Ende gefährlicher ist, wird sich zeigen. - "The Butterfly Ladies" ist eine Vampirstory. Ein Schmetterlingsforscher bringt sogenannte Schmetterlingselfen aus Schottland mit in sein Haus. Diese gefährliche Vampirart wird durch einen Bann in seinem Arbeitszimmer gefangen gehalten. Seine allzu neugierige Haushälterin stellt ein Problem dar: Was passiert, wenn sie aus Versehen oder absichtlich den Bann löst? - Und die letzte Geschichte trägt den Titel "Alien Carnage". Einem Forscher gelingt es, eine Maschine zu konstruieren, die es ermöglicht für kurze Zeit außerirdische Wesen auf der Erde zu materialisieren. Mit Hilfe dieser nicht unbedingt freundlich gesinnten Wesen schafft er sich einen Nebenbuhler aus dem Weg. Die Frage ist, ob er auch wirklich alle Eventualitäten bedacht hat.
Wie man den kurzen Inhaltseindrücken vielleicht entnehmen kann, sind vor allem die ersten drei Geschichten stark an relativ bekannten Filmplots angelehnt. Dazu kommt noch ein sehr deskriptiver Stil, sodass ich teilweise das Gefühl hatte, hier erzählt jemand einen Film nach. Vor allem in der ersten (langen) Story hat mich das recht schnell gelangweilt. Die kürzeren Geschichten "Psycho Route 666" und "The Terror of Alabama" vertragen den Stil zwar etwas besser, aber auch hier bleibt alles vorhersehbar. Spätestens nach einem Fünftel weiß der Genrefan, worauf es hinausläuft. Und darauf läuft es dann auch hinaus. Auch bei den restlichen drei Geschichten bleibt das Gefühl, man würde ein Filmexposé lesen. "Creature in the Cellar" ist zwar auch vorhersehbar und nicht besonders originell, aber hier habe ich als Leser aber eine Beziehung zur Protagonistin aufbauen können und mit der kleinen Helen mitgefiebert. Für mich die beste Geschichte der Sammlung. Die beiden abschließenden Geschichten werden dann endlich etwas origineller. Man hat nicht mehr das Gefühl, eine Geschichte serviert zu bekommen, die man so oder so ähnlich schon in vielen guten wie schlechten Filmen vorgesetzt bekommen hat. Leider komme ich auch bei diesen Stories wegen des beschreibenden Stils nicht so richtig in die Geschichte rein. Ich kann keine Beziehung zu den Figuren aufbauen. Dadurch gehen sie mir am Allerwertesten vorbei. Und somit baut keine der beiden Geschichten Spannung auf, obwohl das Potential dazu durchaus vorhanden ist.
Was bleibt? Ich kann mir vorstellen, dass es Leser gibt, die auf den filmischen Stil der Erzählungen anspringen. Mir ist das zu wenig. Mir fehlen die Überraschungsmomente. Mir fehlt der Bezug zu den Figuren. Ich muss nicht von jeder auftretenden Person gleich von einem Komma getrennt das Alter erfahren (kannte ich so bisher nur aus der Klatschpresse). Und ich frage mich, warum alles in den USA spielen muss. Bei einigen Stories verstehe ich es. "Monster Squad" würde außerhalb der Südstaaten kaum funktionieren. Aber warum steht die Villa in "Creature in the Cellar" in Boston und nicht in Bremen-Schwachhausen?
Dass in Marc Gore originelle Ideen schlummern, zeigen "Alien Carnage" und besonders "The Butterfly Ladies". Dass er Nähe zu seinen Figuren erzeugen kann, zeigt "Creature in the Cellar". Leider gelingt keiner der Stories aus dieser Kollektion beides zusammen. Aber warten wir mal ab. Es ist ja erst seine erste eigene Storysammlung.