Land: USA, 2004 Eine Besprechung / Rezension von Rainer Innreiter |
Anscheinend verbindet Roland Emmerich irgend ein Trauma mit New York. Anders lässt es sich kaum erklären, warum der deutsche "Master of Desaster"-Regisseur nach vertrottelten Aliens und einer etwas zu groß geratenen Echse die größte amerikanische Stadt erneut Schauplatz der fast totalen Vernichtung werden lässt.
Plotmäßig mag "Day after Tomorrow" der bislang anspruchsvollste Emmerich-Film sein. Dennoch hinterlässt er bei mir einen mehr als dürftigen Eindruck. Doch der Reihe nach:
Der Klimaforscher Jack Hall (Dennis Quaid) ist sich nach Studien in der Antarktis sicher, dass die globale Erwärmung innerhalb der nächsten Jahrzehnte zu einer neuen Eiszeit führen wird. Wie in Katastrophen-Filmen üblich, schenkt ihm niemand Glauben, selbst dann nicht, als die ersten Vorzeichen eintreten: In Indien beginnt es zu schneien und Tokio wird mal nicht von einer etwas zu groß gewordenen ... äh ... also, Tokio wird von tennisballgroßen Hagelkörnern heimgesucht.
Wenig später bricht die Katastrophe mit ihrer ganzen Wucht über die westlichen Welt herein: Europa wird unter einem Eispanzer erstickt (was natürlich nicht gezeigt wird, denn wichtig sind ja nur die USA) und LA von Tornados völlig zerstört. Hall rät dem Präsidenten, die Südstaaten der USA zu evakuieren, woraufhin Millionen Amerikaner versuchen, nach Mexiko zu fliehen.
Als New York von Wasser und Frost überzogen wird, bricht Hall dort hin auf, um seinen Sohn zu retten.
Zuerst zum Positiven: Die Spezialeffekte sind zum größten Teil wirklich gut gemacht und wirken realistisch. Emmerich überrascht mit einigen originellen Einfällen, als da wären: Ein durch das vereiste New York schlingernder, russischer Öltanker, ein "Penner" als Protagonist und die Idee, Mexiko die Grenzen zu den USA dicht machen zu lassen.
Dem gegenüber stehen leider viele negative Punkte: Wie in fast jedem seiner Filme konzentriert sich Emmerich auf den Konflikt zwischen einem Vater und seinem Sohn, der schlussendlich von seinem Erzeuger gerettet werden muss. Andere menschliche Aspekte kommen kaum vor, da die übrigen Figuren aus dem Klischee- Buch abgepaust wurden: Der ignorante US-Vizepräsident, die altruistische Ehefrau des Helden, die erst durch eine unmittelbare Gefahr wieder zu ihrem Mann findet, das altkluge Sohn, der "funny sidekick", das süße Hundchen und sein versponnenes Herrchen/Frauchen, etc.
Die Charakterisierungen der Figuren sind quasi nicht vorhanden - der Plot macht sie auch nicht notwendig. Von Anbeginn weiß man, wer überleben und wer sterben wird. Trotz des globalen Szenarios sind nur wenige Menschen im Blickpunkt der Geschichte, um sie auch einfacheren Gemütern verständlich zu machen.
Trotz Tornados, Gefrierstürzen und Riesenwellen wirkt der Film seltsam steril und, ja doch, langweilig. In solcher Perfektion hat man Naturkatastrophen wohl nie zuvor gesehen. Berührt fühlte ich mich davon jedoch nicht. Als Zuschauer bleibe ich stets außen vor, was zum einen an den uninteressanten Figuren liegt, zum anderen an der höchst durchschnittlichen Regie. Die New York vernichtende Flutwelle hat man in "Deep Impact" weitaus beängstigender erlebt und die Gefahrenpotenziale für die Helden wirken an den Haaren herbei gezogen.
Die Flucht vor einem Kälteeinbruch wirkt doch etwas, nun ja, surreal und lächerlich. Etwa so, als würde der Held vor bösen Bazillen davon laufen.
Arg konstruiert auch folgendes: Die vom tapferen Jungen begehrte Protagonistin benötigt Penizillin. Wo bekommt man dieses in einer Bibliothek her? Gar nicht. Aber zum Glück parkt vor der Tür ein russisches Schiff. Also rauf und nach Medikamenten suchen. Oh nein - die Helden werden von Wölfen gejagt, die aus dem Zoo ausgebrochen sind!
Niemand verlangt beinharten Realismus von einer solchen Story. Aber derart hanebüchen konstruierter Quatsch ärgert das Publikum in gediegenem Alter doch. Interessant fand ich auch, dass zwar alle Medikamente an Bord logischerweise auf russisch angeschrieben waren, das Penicillin jedoch auf englisch. Erklärung gibt’s keine - is' halt so...
Selten habe ich einen Film gesehen, der den moralischen Holzhammer öfter auspackte als DAT. Es ist ja schön und mutig von Emmerich, seine Überzeugungen in einen solchen Film zu packen. Aber eine Spur subtiler hätte dem Film auch keinen Abbruch getan. Beim Abspann vermisste ich das "Greenpeace"-Logo odere eine Wahlempfehlung für eine Grün-Partei...
Fazit: Handwerklich durchschnittliches Popcorn-Kino mit gut gemeinter, zu dick aufgetragener Botschaft, die ihre Wirkung ohnedies verfehlt, denn nach zehn Minuten hat man den Film schon wieder vergessen. Schade - da hätte man mehr draus machen können!