| Reihe: Apokalypse, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Vampire. Wer will eigentlich noch von Vampiren lesen? Es gibt doch Zombies - dahinschlurfende, jedoch umso zielstrebigere Untote, die nichts anderes im Sinn haben, als dich und deine Familie zu zerreißen. Entsprechende Filme, Literatur und Comics gab es in den letzten Jahrzehnten genügend, in den letzten Monaten steigerte sich diese Zahl immens. Grund dafür ist sicherlich die allgemeine Sehnsucht nach der Apokalypse, dem Untergang der Welt - kein Wunder angesichts der Unwägbarkeiten, die die Zukunft für uns bereit hält, seien es Überbevölkerung, Klimakatastrophe, Rohstoffarmut und was noch alles.
Einen Zombie-Roman kann man auf zweierlei Art gestalten. Entweder man schlägt die Richtung von David Wellington ein und mischt die zu beschreibende Zombie-Epidemie mit irgendwelchem mystischen Zeug, das niemand versteht, jedoch das ganze Schema auf eine metaphysische Ebene hebt. Das kann man mögen, muss man aber nicht.
Oder man bleibt bei der klassischen Schilderung oben genannter schlurfender Untoter à la George A. Romero und schreibt eine geradlinige, jedoch natürlich mit allen gewünschten Grausamkeiten gewürzte Geschichte auf, wie es eben J L. Bourne mit "Tagebuch der Apokalypse" umsetzte.
Der namentlich nicht genannte Protagonist der Geschichte beginnt sein Tagebuch am 1. Januar - und wünscht sich konsequenterweise "Ein frohes neues Jahr". Er lebt in einem Vorort von San Antonio, ist von Beruf Soldat bei der Air Force und kämpft mit dem großen Nachteil seines Berufstandes, immerzu den Lebensmittelpunkt ändern zu müssen. Deswegen besitzt er nur wenige Freunde oder Familie, was ihm im weiteren Verlauf eine große psychische Hilfe sein wird. Als die ersten Meldungen über eine "Grippe" in China durch die Presse wandern, denkt sich niemand etwas dabei. Nur, als die ersten Militärberater in das Reich der Mitte reisen, wundert sich der Held des Romanes schon etwas. Und gerade diese Militärberater bringen das Unglück in die USA, überall im Land brechen vor allem in den urbanen Zentren Gewalttätigkeiten aus, die offenbar von lebenden Toten verursacht werden.
Unser Held tut das, was in seiner Lage am vernünftigsten ist: Er ignoriert die Befehle, sich in seiner Kaserne zu melden, und richtet sein Haus für eine längere Belagerung ein. Er befestigt die Fenster und Türen, besorgt sich Waffen und Muition und deckt sich mit Nahrungsmitteln ein.
Die Ereignisse scheinen ihm Recht zu geben. Im Verlauf weniger Tage erreichen die Zombies die Vororte, langsam brechen die einzelnen Bereiche der Infrastruktur zusammen. Glückselig ist nun, wer vorgesorgt hat.
Er entdeckt, dass in einem Nachbarhaus sich ebenfalls ein Mann verbarrikadiert hat. John, ehemaliger Ingenieur, verbündet sich mit ihm und beide versuchen von ihren jeweiligen Standorten aus zu überleben. Kaum äußert einer von beiden je die Hoffnung, dass einmal Hilfe kommen werde, diesem Treiben ein Ende zu setzen. Eines Tages jedoch schreckt eine Radiomeldung der letzten Überreste der amerikanischen Regierung die beiden Überlebenden auf: Das Militär will alle Großstädte mit nuklearen Sprengkörpern angreifen und so dem Großteil der Zombies den Garaus machen. Flugs müssen sich die beiden einen Fluchtplan zurechtlegen und schlagen sich von nun an durch ein sehr gefährlich gewordenes Land ...
Bournes Schilderungen sind bodenständig, einfach, präzise und brutal. Kaum nimmt er Rücksicht auf eingeführte Charaktere oder eventuelle Befindlichkeiten der Leser - er stellt die Welt mit Zombies einfach so dar, wie sie sein würde: grausam und bar jeglicher Hoffnung. Ebenso agieren seine Figuren: Sich mit ihnen zu identifizieren fällt leicht, denn sie machen das, was wir uns auch vorstellen würden, in dieser oder jener Situation zu machen. Einfache Menschen, die mit dem größten Grauen konfrontiert sind und einfach überleben wollen, ohne unrealistischerweise irgendwelche Superkräfte zu entwickeln. Insofern ist Bournes Roman trotz aller Schlichkeit, oder vielleicht gerade deswegen ein Glanzstück in der aktuellen Zombie-Literatur und jedem Fan des Genres oder dem, der es werden will, wärmstens empfohlen.
Der Roman wird mit einem zweiten Teil weitergeführt; ich hoffe, dass J. L. Bourne auch hier seinem Stil treu bleibt.