Serie: Star Wars Sonderband 59 Eine Rezension von Mario Pfanzagl |
Ähnlich wie der ebenfalls im Dezember 2010 im Star-Wars-Classics-Sammelband 5 (DIE WIEDERGEBURT DES BÖSEN) wiederveröffentlichte Comic zu DAS IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK ist auch der The-Old-Republic-Tie-in BEDROHUNG DES FRIEDENS als Webstrip im Grunde gratis zu haben, solange starwars.com und swtor.com online sind. Sogar der zweite auf die Sith zugeschnittene TOR-Comic, BLOOD OF THE EMPIRE, ist bereits online vollständig nachlesbar, obwohl der Sammelband erst 2011 erscheinen wird. Der vorliegende Sammelband ist also definitiv nur etwas für Sammler, denn inhaltlich ist das Ganze schon wenig beeindruckend. Wie bereits der Comic zu THE FORCE UNLEASHED II ist auch THE OLD REPUBLIC I nämlich ziemlich schmal; um das zu verdeutlichen, sei auf andere Sammelbände wie KNIGHTS OF THE OLD REPUBLIC oder LEGACY verwiesen, wo bis zu sechs US-Einzelhefte zusammengefasst werden - in den beiden Sonderbänden zu den Games allerdings nur drei. Und diesen sehr eingeengten Spielraum der Handlung merkt man, aber dazu später mehr.
BEDROHUNG DES FRIEDENS beginnt, und das ist vielleicht nicht so uninteressant, knapp vor der Unterzeichnung des Vertrags von Coruscant und dem Angriff auf den Jedi-Tempel. Während sich die Republik und das Imperium auf Alderaan treffen, um die Möglichkeit eines Friedensvertrages zu sondieren, seit beide Seiten sich nur noch mühselige Stellungskriege im Äußeren Rand liefern, tauchen im Orbit Coruscants unbekannte Schiffe auf. Lieutenant Tavus und Jedi-Meister Orgus kehren gerade von einem Senatsbriefing zurück, als sie Zeugen der Invasion werden, und geraten dabei mit Lord Angral aneinander. Während Orgus und Tavus allerdings nach diesem kurzen Zusammenstoß in Richtung Jedi-Tempel eilen, um das Unvermeidliche vielleicht noch zu verhindern, begibt sich Angral in den Senatskomplex. Obwohl die letzte Anweisung des obersten Kanzlers an die Delegation auf Alderaan noch lautet, die Friedensverhandlungen seien sofort abzubrechen, sehen sich Senator Am-Ris und Jed- Meisterin Dar'Nala gezwungen, vor Lord Baras nachzugeben. Nur Jedi-Ritterin Satele Shan stellt sich dem zunächst entgegen.
Der Vertrag von Coruscant ist jedoch alles andere als das, was man sich ursprünglich erhofft hätte. Durch die Besetzung Coruscants wurde die Republik zu unverhältnismäßigen Zugeständnissen erzwungen, die dem Imperium wieder einen Vorteil verschafft haben. Der Frieden ist jedoch von Anfang an gefährdet, denn nicht jeder ist bereit, sich dem Diktat der Sith zu beugen. Auf Dantooine weigert sich der Kopfgeldjäger Barden schlicht, den Rückzug anzutreten, und versucht weiterhin seinen für die Sith arbeitenden Wookie-Kollegen auszuschalten, auf dessen Kopf gleich mehrere Prämien ausgesetzt sind. Und auf Balmorra führt Jedi-Ritter Fortris Gall den Krieg auf eigene Faust weiter, um ein von den Imperialen gefasstes Sprengkommando zu befreien. Aber es sind nicht bloß solche Einzelkämpfer, deren sehr unterschiedlich motivierte Taten den Friedensvertrag in ernsthafte Gefahr bringen, eine Serie von Anschlägen droht zur neuerlichen Eskalation zu führen ...
Was zumindest in der Inhaltsangabe noch nach einem sehr ambitionierten Skript aussieht, das der TOR-Mitautor Rob Chestney vorgelegt hat, mag als Webstrip zwar einigermaßen gut funktioniert haben, aber nur, weil die entsprechenden Anforderungen an solche wöchentlich erweiterte "Kurzgeschichten" in inhaltlicher wie zeichnerischer Hinsicht eher niedriger angesetzt sind. Zeichner Alex Sanchez etwa hat, wenn man den Comic nun in vollem Umfang betrachten kann, sehr wechselhafte Leistungen erbracht, und vor allem seine Gesichter wirken oft etwas zu sehr nach Bleistiftzeichnungen, während an grafischer Opulenz in Hinsicht auf die Umgebung sichtlich gespart wurde. Für einen kostenlos zur Verfügung stehenden Webstrip im Grunde kein Problem, da freut man sich sogar, dass manche der Szenen durchaus noch gut gelungen sind. Nur ist der vorliegende Sammelband eben keiner (mehr).
Erster großer Kritikpunkt an BEDROHUNG DES FRIEDENS ist daher die Abgehacktheit der einzelnen Handlungsstränge. In oft kaum mehr als zwei Bildern geschehen Ereignisse, die im Grunde ganze Seiten füllen könnten. Seitenfüllende Szenen gibt es gleich gar nicht. Jedes sich bietende Kästchen muss genutzt werden, und trotzdem reicht es nicht. Kein Wunder, versucht Rob Chestney doch eine wohl gerade einmal in sechs Heften ohne Abstriche erzählbare Geschichte in drei zu packen. Natürlich merkt man von dieser Unterteilung im deutschen Sonderband nichts mehr, aber im Original waren es genau drei Akte, die da erzählt und dann jeweils in einem eigenen Comicheft verpackt wurden. Viel zu oft muss man sich also fragen, wieso denn manche Charaktere jetzt so oder so handeln, und liest man nicht zwischen den Zeilen, erschließt sich einem manches gleich gar nicht.
Verschärfend kommt noch hinzu, dass die Handlung nicht bloß fast alle vier Seiten zwischen den verschiedenen Schauplätzen wechselt, sondern auch zu viele Handlungsstränge aufzuweisen hat, denen es allen schlussendlich am nötigen Platz fehlt, sich zu entfalten. So bleiben am Ende sogar einige Fragen offen, wie die Pläne, welche Lord Baras mit seiner Allianz mit dem Verbrecherlord Nok verfolgt, oder wozu es überhaupt die Sidestory um den Kopfgeldjäger Barden gebraucht hätte. Irgendwo keimt sogar eine Liebesbeziehung zwischen Lieutenant Tavus und Satele Shan auf, konkret bleibt es aber bei einem einzigen Satz, mit dem diese festgestellt wird.
Die Charakterzeichnung in BEDROHUNG DES FRIEDENS ist im wahrsten Sinne des Wortes rudimentär. Die Ansätze sind da, man weiß, worauf Rob Chestney hinauswollte, aber mehr auch schon nicht. Das betrifft auch den eigentlichen Plot von BEDROHUNG DES FRIEDENS, die Verschwörung, welche den Friedensvertrag zu stürzen versucht. Man nimmt die Auflösung am Ende zwar zur Kenntnis, aber das Ganze geschieht ohne große Emotionen. Gerade weil das Mastermind hinter dem Friedensvertrag, Lord Baras, sich als kühl überlegender Stratege und nicht wuterfüllter Berserker erweist, der sogar eine Beförderung durch den dunklen Rat ablehnt, hätte man wohl gerne mehr von ihm erfahren wollen, zumal er eine so zentrale Rolle zu spielen scheint. Stattdessen darf sich Baras gleich zweimal mit Lord Angral duellieren, was so plötzlich kommt, dass man Letzteren als aggressiven Wirrkopf deklassieren könnte, aber tatsächlich ist auch das nur eine Folge der viel zu stark komprimierten Erzählung.
Auch von Jedi-Ritterin Satele Shan, die eines Tages jüngste Großmeisterin des Jedi-Ordens werden wird, erfahren wir nicht zu viel. Satele, die anscheinend eine Nachfahrin Bastillas und Darth Revans ist, bleibt allerdings nicht die einzige Jedi. Neben ihr tollen sich mit ihrer schon sehr dunklen Meisterin Dar'Nala (eine Vorwegnahme, dass der dunklen Seite nahe stehende Jedi in TOR ihr ähnlich sein werden?), dem sehr kämpferischen Fortris Gall, dessen besonnerem Meister Orgus und dem Vorsitzenden des Jedi-Rates, Meister Zym (anscheinend der einzige Jedi Gesandte), gleich vier weitere Jedi herum, die alle für einen Aspekt des Ordens einstehen.
Dank der Geschichtsvideos Meister Gnost-Durals (welche die Vorgeschichte von TOR erzählen) ist BEDROHUNG DES FRIEDENS ein Comic, den man nicht gelesen haben muss. Die eigenständige Story um die Verschwörung, den Friedensvertrag zu brechen, löst sich am Ende in Wohlgefallen auf und manche Entwicklungen am Rande werden wohl erst im Spiel so richtig zur Geltung kommen, wenn überhaupt.
Was die "Lexika-Einträge" am Ende des Sonderbandes betrifft, diese geben im Grunde nur wieder, was im Comic passiert, und zwar auf die Charaktere und Schauplätze (Planeten) bezogen.
Fazit:
zu viel Handlung auf zu wenigen Seiten, ein Comic mit großen Ambitionen, dem aber nicht der nötige Raum gegönnt wurde, diese auch entfalten zu können.