Titel: Supergod Eine Besprechung / Rezension von Michael Scheuch |
Auf den ersten beiden Seiten wird vollkommen klar: die Welt geht gerade unter. Ein weißhaariger britischer Wissenschaftler, bisher mit einem Geheimprojekt der Regierung beschäftigt, erstattet einem amerikanischen Kollegen Bericht darüber, wie es soweit kommen konnte: London brennt, die Themse kocht.
Der Grund: das Wettrüsten der Nationen um die Erschaffung von Übermenschen - die eigentlich ihre Probleme lösen sollten. Nicht nur militärischer Natur, sondern allumfassend. Der britische Versuch aus den 50er jahren gleicht eher einem Versehen: eine Raummission, unzureichend gegen Strahlung geschützt, läßt drei Astronauten zu einem Überwesen werden, das biologische Eigenschaften eines Pilzes annimmt: Morrigan Lugus. Die Inder gingen mit Krishna schon viel zielgerichteter vor: Löse unsere Probleme, die durch Umweltzerstörung und Überbevölkerung entstanden sind. Neben der Auslöschung Pakistans nimmt sich der Super-Mensch auf radikale Weise der Überbevölkerung an.
Chinas Gott , Teherans Übermensch, der amerikanische und der sowjetische Superheld - alle ticken weit weg von humanen Gedanken - erschaffen von Menschen als Projektionen ihrer Sehnsüchte nach Kontrolle, entziehen sie sich weitgehend dem Willen ihrer Schöpfer. Krishnas wüten auf dem Subkontinent führt dazu, dass alle Nationen ihre "Götter" in die Schlacht schicken - die Menschheit als Kollateralschaden.
Warren Ellis hat sich vorgenommen, in einem Werk sowohl die Frage nach dem Ursprung des Religösen, der Sehnsucht nach einer höheren Macht oder auch nur einer Sinnstiftung für das Leben zu hinterfragen, als auch das Superhelden-Genre zu bespiegeln. Was treibt Menschen dazu, das Heil und den Sinn außerhalb ihrer selbst zu suchen? Liegt der Ursprung der Religionen in den menschlichen Genen? Und ist es nicht ein Naturgesetz, dass Schöpfungen des Menschen, die eigentlich die Welt retten sollten, diese erst recht in Gefahr bringen? Die Parallelen zur Entwicklung der atomaren Technik sind eindeutig: jede Nation glaubt, die Übermenschenzüchtung zur Sicherung ihrer Existenz zu brauchen, so wie heutzutage immer mehr Nationen die Hand an alle Verwendungsmöglichkeiten der Nukleartechnik legen.
Das ist aller Ehren wert, doch als Geschichte scheitert SUPERGOD am Aufbau: Dr. Reddin, der Erzähler, sitzt inmitten der Apocalypse, der Auflösung der Miniserie, am Ausgang der Geschichte kann es zu keinem Zeitpunkt einen Zweifel geben. Er erzählt im Folgenden die Handlung rund um all diese Supermenschen (obwohl er kaum bei den geschilderten Geschehnissen anwesend war) - und diese Schilerung wird illustriert. Dialoge sind Mangelware, und diese Erzählweise ist ermüdend und wenig spannungsreich. Ab und zu werden Cliffhanger eingebaut wenn es um den vorherrschenden Charakter des ein oder anderen Supergods geht, aber insgesamt ist das sehr linear, und als Krishnas Zerstörungswerk geschildert wird, ist auch schnell klar dass durch keines der anderen Überwesen irgendeine Rettung zu erwarten steht - das würde ja auch der Grundthese Ellis' widersprechen, nachdem die Konstruktion von Überwesen (oder phlosophischen Sinnbegründungen) nie zu etwas Gutem führt. Erst ganz am Schluss scheint es einen Funken Hoffnung zu geben, aber auf diesen Moment hätte die ganze Geschichte besser hingetrimmt werden müssen.
So ist SUPERGOD zwar ideenreich und plakativ, nicht aber eine gut erzählte, spannende Geschichte. Sie lebt von den lebendigen Illustrationen von Garrie Gastonny (THE VAULT), leidet aber unter den erzählerischen Schwächen.