Reihe: Der verwaiste Thron, 1. Band Eine Besprechung / Rezension von Ina Peters |
Feierlichkeiten sind in Somerstorm nicht gern gesehen. Doch Ana freut sich seit Tagen auf ihren 17. Geburtstag. Doch dieser Tag wird ihr und ihrer Familie zum Verhängnis. Die Eltern tot, der Bruder in den Händen des Feindes, muss sie fliehen. Begleitet wird sie von einem unheimlichen Leibwächter, von dem sie nicht weiß, ob sie ihm vertrauen kann oder nicht.
Ein ganz fantastisches Debüt. Ich kenne viele Leser, die zunächst skeptisch sind, wenn es heißt, dass ein neues Werk einer neuen deutschen Autorin auf den Markt kommt, aber Claudia Kern belehrt, mich zumindest, damit eines Besseren.
„Sturm“ liest sich einfach und kann dennoch viele andere Werke durch seinen Ideenreichtum, die abwechslungsreichen Charaktere und die wunderbar gestaltete Welt überbieten. Kern verzichtet auf einfache Schwarz-und-Weiß-Malerei und gibt so allen ihren Protagonisten Stärken und Schwächen mit auf den Weg. Ebenso wirken weder die vermeintlich Guten überzeichnet und unglaubwürdig, noch sind die Bösen einfach nur böse. Jedes Volk und jeder Landstrich bekommt eigene Rituale, Götter, Glaubensformen und Verhaltensweisen zugesprochen und auch die Geschichte der Welt wird perfekt in die Handlung eingeflochten.
Nichts wirkt erzwungen oder aus der Hand gebrochen, alles findet seinen Platz und lässt so die Handelnden und die Welt plastisch und logisch erscheinen, ohne dabei große Mühe zu zeigen. Wunderbar gefielen mir auch die Auszüge aus einem fiktiven Geschichtswerk am Anfang jedes Kapitels. Manchmal scheinen sie nicht wichtig für die weitere Handlung zu sein, aber von Zeit zu Zeit erkennt der Leser auch hier Zusammenhänge, die das Verständnis vereinfachen. Genauso gut gefiel mir auch die stilisierte, recht einfach gehaltene Karte im Inneren des Buchdeckels. Sie ist nicht notwendig, um Pässe, Routen und Standorte von Ländern zu begreifen, gibt dem Leser aber dennoch das Gefühl, sich besser zurechtfinden zu können, sollte es denn einmal nötig werden.
Im Großen und Ganzen habe ich nichts Negatives zu dem Buch zu sagen. Alle Charaktere wirkten auf mich spannend, teilweise sogar sehr überraschend, sind dem Leser emotional nahe und sind sicher mit einer der Hauptgründe, warum das Buch so lebendig ist. Ana, das Mädchen aus dem Klappentext, mag ich von ihnen wohl am wenigsten, entwickelt sich ihre Persönlichkeit noch am wenigsten und bleibt sie doch noch sehr nah an dem Klischeebild vieler weiblicher Helden. Dennoch gewinnt auch sie im Laufe der Geschichte einige Sympatiepunkte. Außerdem lernt der Leser vieles, da er durch ihre Augen einen Teil der Welt kennen lernt. Das Motiv der Reise bzw. der Flucht mag nicht neu sein, ist hier aber so wunderbar ausgearbeitet, durch die vielen fremden Völker und Länder, die man kennen lernen kann, dass das Motiv nicht als Hauptbestandteil der Geschichte wahrgenommen wird.
Ihr kleiner Bruder, anders als Ana, verändert sich im Laufe seiner ganz eigenen Geschichte sehr, bleibt dabei aber im Rahmen des Glaubwürdigen und ihn konnte ich wohl am besten verstehen. Auch der Prolog des Werkes führt den Leser erstmal enorm hinters Licht. Viele Geheimnisse gilt es zu entdecken und viele Eigenarten kennen zu lernen. Auch schlägt Kern eine runde Brücke zwischen Prolog und Hauptgeschichte. Alle Fäden haben Sinn, werden zusammengeführt und so manches ist am Ende des Buches noch offen. Generell kann „Sturm“ nicht einzeln stehen bleiben. Die beiden nächsten Bücher dieser Trilogie sind ein Muss.
Alles in Allem ein perfekt durchkomponiertes Werk. Absolut empfehlenswert. 10 von 10 Punkten.
Das Cover ist wunderschön. Das Hintergrundbild, das fast wie eine Fotografie wirkt, besticht durch perfekte Farbgebung und die nötige Portion Phantastik und Mysterium. Auch der Schriftzug und die farblich passenden Ranken an der Buchseite sind mehr als passend. Beides ist etwas vom Bild des Covers angehoben. Auch hier eine schöne Komposition aus Abstraktem und Plastischem.
Preis/Leistung: 13 Euro sind nicht wenig für 368 Seiten und ich hätte sie sicher auch nicht gerne ausgegeben, wäre das Buch nicht so lesenswert. So kann ich nur sagen, dass das Verhältnis von Preis und Leistung durchaus in der Wage gehalten wird. Immerhin sind die Buchseiten sehr groß, wenn auch die Schrift vielleicht hätte etwas kleiner ausfallen können.
Sturm - die Rezension von Erik Schreiber