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Titel: Sträflingskarneval Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Aus dem Klappentext:
Mythos und Legenden eines uralten irischen Druidenordens treffen auf die harte Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts. Gefangen zwischen Intrigen und Machtkämpfen versuchen vier junge Menschen ihren Platz im Leben zu erringen
Meine Meinung:
Worum geht es in diesem Roman: Zwei Monate sind vergangen, seitdem die Versammlung der Dunkelheit, genannt Datla Temelos, den Orden der Druida Lovo angriff und etliche Mitglieder tötete. Darunter auch den Urgroßvater Ryan Tavishs, der zugleich als Großmeister des Ordens fungierte. Nur kurze Zeit war die Druida Lovo führerlos, bis der machtsüchtige Hinthrone diesen Platz einnahm. Nicht nur, das Hinthrone sämtliche modernisierten Gesetze des Druidenordens hinwegfegte und die Organisation fortan unter den uralten, teils grausamen Regeln weiterleben lässt. Er verschreibt sich auch der Suche nach einer Originalabschrift der Druidengesetze, in denen - der Legende nach - ein Wegweise zu einem unermesslichen Schatz zu finden ist.
Ryan muss sich auch noch mit seinen widersprüchlichen Gefühlen auseinander setzen, da er wachsende Zuneigung zu Aidan empfindet - welcher selbst gerade nach der neuen Gerichtsbarkeit zu mehrjähriger Zwangsarbeit verurteilt wurde. Schlussendlich muss Ryan sich eingestehen, dass er sich in Aidan verliebt hat und versucht nach dem verhängnisvollen Urteilsspruch alles, um seinen Freund das Leben leichter zu gestalten. Dies passt natürlich nicht in die Planungen von Hinthrone und seinem unehelichen Sohn Pete Smith, dessen Grausamkeit weithin gefürchtet ist. Im Umfeld Aidans vermutet Hinthrone einen Ring, der einen wichtigen Hinweis auf die alten Gesetzesabschrift darstellt. Mehrmals sucht Smith den Jungen auf und misshandelt ihn, in der Hoffnung, ihn zerbrechen zu können.
Einen Großteil des Romanes nimmt die Suche der jungen Protagonisten nach ihrem Platz in einer Gesellschaft ein, die zwischen Antike und Moderne zerissen scheint. Die Widersprüche, warum dies so ist, werden allerdings nicht aufgelöst. Ebenso beschäftigt sich Annette Eickert stark mit der Suche Ryans nach seiner sexuellen Identität, die er schlussendlich in Aidan findet und sich einer zaghaften homosexuellen Romanze hingibt. Nach langem Hin und Her und teils sich wiederholendem Kleinklein zwischen Pete Smith und Aidan findet man im letzten Drittel des Romans endlich eine Handlung, die den Leser nach vorne bringt. Auf der Suche nach dem oben erwähnten Schatz wandelt sich die Zielrichtung des Romans von einem Gesellschaftswerk mit romantischem Einschlag hin zu einem mystischen Verschwörungsroman. Leider sind die gewählten Versatzstücke des neu aufgetauchten SubGenres nicht so präsentiert, das man auf dem Schlusspurt Spannung oder Interesse wecken kann. Stattdessen mündet nach einem kurzem Intermezzo alles in einem friedlichen und glücklichen Ende. Wie nett.
Stilistisch ist dieser Roman sehr anstrengend. Wenn Adjektive ein Gewürz wären, dann wäre dieser Roman heftigst versalzen. Kein Gegenstand, keine Person kann einfach nur sein, sondern muss mit einem oder meist mehreren Eigenschaften versehen werden. Im Zweifel benennt man Personen statt mit ihrem Namen einfach mit einem passendem Adjektv, wie beispielsweise "Muskelberg". Jedes Element wird von Eickert genauestens beschrieben - ein Messer kann nicht nur gefährlich sein, sondern: "als sein Gegenüber plötzlich ein großes scharfes Messer in der Hand hielt. Die Klinge glänzte im Sonnenlicht und unterstrich die lebensgefährliche Situation". (S. 72) Genausowenig wäre ich beispielsweise überrascht, in Spanien auf einen "spanischen Führer" zu treffen, der mir den Weg weist.
In jedem Anfängerkurs für Schriftsteller würde dies tiefrot angestrichen werden, es zeugt nicht nur von der blumigen Sprache der Autorin, sondern auch von einem mangelnden Lektorat. Auch manche Dialoge hätten der gestrengen Feder eines Lektors zum Opfer fallen sollen: "Ryan, meinte Aidan nachdenklich, als sie sich schläfrig aneinanderkuschelten. Meinst du, meine Mutter war nur so tolerant, weil ich ein verfluchter Sträfling bin?". Verflucht ist der genannte Aidan im übrigen nicht...
Das Fehlen eines Korrektorates wird auch noch durch diverse Rechtschreib- und Interpunktionsfehler unterstichen, die eigentlich nicht sein müssten.
Was will uns Annette Eickert mit diesem Roman nun bieten?
Eine Romantik-Geschichte? Ja, obwohl dieser Teil nur einen Nebenhandlungsschauplatz darstellt, funktioniert diese ganz gut. Auch das Titelbild, von der Autorin entworfen, weist darauf hin, worum es hier geht.
Einen Gesellschaftsroman? Leider nicht, denn sämtliche Fragen, die Annette Eickert in diesem Buch aufwirft, werden nicht beantwortet, beziehungsweise sie setzt sich nicht damit auseinander. Wie kann eine keltische Gerichtsbarkeit in der heutigen Zeit umgesetzt und toleriert werden? Kein Wort dazu.
Einen Mysteryroman? Das selbe Problem: Die Erklärung, warum der Orden exisitiert, wird mit einer kurzen Bemerkung im letzten Drittel des Romans abgetan. Schlussendlich hat er keinerlei Bedeutung. Und was sich hinter der anfangs als großes Feindbild aufgebauten Organisation Datla Temelos verbirgt, bleibt dem Leser größtenteils verschlossen. Und der am Ende des Romanes plötzlich präsentierte uralte Mutterorden dient leider nur als kurzfristige Staffage.
Schlussendlich kein großer literarischer Wurf, eine leidlich spannende Romatikgeschichte, die auf etwas wackeligen Mystik- und Mysteryfundamenten aufgebaut ist.