Reihe: Star Trek - Deep Space Nine Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Deep Space Nine ist eine Ausnahmeerscheinung innerhalb des Star-Trek-Universums. Während alle Fernsehsendungen zuvor und danach auf irgendwelchen Raumschiffen spielten, die, meist ziellos, durchs All flogen, so war DS9 eine im All stehende Station in unmittelbarer Nähe eines Planeten und eines Wurmloches. Beide Gegebenheiten sorgten dafür, dass die Abenteuer zur Station kamen und nicht die Raumschiffe in die Abenteuer schlidderten. Zudem konnten die Drehbuchautoren ganz anders an die Geschichten herangehen, denn nun war es möglich, episodenübergreifend die Handlungen aufzubauen. Daher gelang es, zusätzlich Figuren in das Umfeld einzufügen, die nicht immer auf der Station ihr Unwesen trieben. Eine der interessantesten Figuren war damals der Cardassianer Elim Garak, der in der vorliegenden Erzählung die Hauptrolle spielt.
Die Novität in diesem Buch ist, dass Elim Garak Briefe an Dr. Bashir schreibt, die dem Leser in voyeuristischer Manier vorliegen. Elim Garak, zurück auf dem Planeten Cardassia, lässt uns an seinem Leben teilhaben, indem er von seiner Vergangenheit berichtet, die in den Fernsehepisoden zu kurz kam, Informationen bietet, die vor dem Beitritt zur Widerstandsbewegung gegen das Dominion liegen. Und er berichtet aus der Zeit, die er nach dem verheerenden Krieg auf dem Planeten Cardassia erlebt. Schnell wird klar, Garak ist der ewige Verlierer, dessen Vertrauen, das er seinen "Freunden" gegenüber aufbringt, durch schändlichen Verrat immer wieder zunichte gemacht wird. Aber Elim Garak ist auch jemand, der sich nicht unterkriegen lässt. Immer wieder versucht er aufs Neue, aus seiner misslichen Situation herauszukommen. Seine Kindheit endet mit dem Zeitpunkt, da er an das Bamarren-Institut berufen wird. Dies läutet seinen Aufstieg und den Fall innerhalb des obsidianischen Ordens ein. In langen Rückblenden versteht der Leser die Zusammenhänge, die in den Fernsehsendungen nicht deutlich zu Tage traten. Seine Verbannung auf Terok Nor, das spätere Deep Space Nine, wird offenbart. Garak wurde zu einer zutiefst misstrauischen Person, die sich nur langsam in den Briefen zu Dr. Bashir einem anderen öffnet, der zudem einer ganz anderen Spezies angehört. Bei ihm hofft er nun auf Verständnis und, wieder einmal mehr, darauf, Freundschaft zu finden. Folgt man dem "offenen Herzen", das Garak anbietet, wirft einen tiefen Blick in seine Seele, die allzu oft hinter Lügen und Geheimnissen verborgen lag, dann findet man auch heraus, warum er die oft als düstere Welt gezeigte Cardassia Prime immer noch liebt und als Heimat betrachtet. Als Leser konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, die deprimierende Welt sei ganz auf den Zustand von Elim Garrak zugeschnitten und nicht anders herum.
Andrew J. Robinson ist nicht nur ein guter Schauspieler, der zugibt, dass er zuerst einen Cardassianer nicht vom Mann im Mond unterscheiden konnte. Später bewies er, dass er einen Regiestuhl nicht nur besetzen, sondern auch ausfüllen kann. Mit seinem Erstlingswerk setzt Andrew J. Robinson innerhalb der Star-Trek-Romane ein weiteres Glanzlicht. Die in der Ichform präsentierte Erzählung hebt sich positiv von vielen anderen Romanen ab. Ihre unterschiedlichen Handlungsebenen werden miteinander verknüpft und verlieren nie das Ziel aus den Augen. Für mich einer der besten Romane um DS9, wenn nicht der beste. Heimat und Vaterland neu definiert.
Ein Stich zur rechten Zeit - die Rezension von turon47