Titel: Sterntagebücher Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Der 1921 in Lemberg geborene Stanislaw Lem ist der erfolgreichste Autor des Nachkriegspolen. Er wurde in erster Linie als Autor von Zukunftserzählungen bekannt. Allerdings ist er gerade als SF-Autor umstritten und er wird immer wieder abgelehnt. Das ging sogar so weit, dass ihm die Ehrenmitgliedschaft der Science Fiction Writers of America 1976 wieder aberkannt wurde.
Gut, der Autor ist mehr an den Inhalten und den Problemen einer Erzählung interessiert als an der Literatur an sich. Das wird ihm immer wieder vorgeworfen.
Im Gegensatz zur Mehrzahl der Science Fiction Fans und Autoren ist er ein erbitterter Gegner von einem Grossteil der Science Fiction. Er hält sie für ein literarisches Spiel, das kulturell gesehen wenig bedeutet und der Erweiterung des menschlichen Horizonts entgegensteht. Stanislaw Lem sieht in der SF-Literatur ein rein finanziell-kommerzielles Phänomen. Er steht der SF ständig kritisch gegenüber und das selbst seinen ersten Werken gegenüber.
Pilot Pirx ist ein zögerlicher Astronaut. Im Lauf von zehn Geschichten bringt er es vom unerfahrenen Weltraumkadetten zu einem angesehenen Weltraumkommandanten. Viele seiner Probleme entstehen in der Zusammenarbeit mit Robotern. Er kann die Roboter nicht leiden und arbeitet eher zögerlich mit den metallenen Kollegen zusammen. Vor allem weil er sich den Robotern unterlegen fühlt, kommt es zu dieser Einstellung. Aber gerade seine menschliche Schwäche ist es, dort als Sieger hervorzugehen, wo die perfekte Maschine scheitert. Die Erzählungen um Pirx sind konventionelle Zukunftsgeschichten mit philosophischen Einsichten.
Anders sieht es aus, wenn wir uns die Geschichten um den Weltraumfahrer Ijon Tichy ansehen. Ijon Tichy ist mehr ein moderner Münchhausen. Mit ihm schuf Stanislaw Lem eine Persönlichkeit, die ihn in die Lage versetzt Geschichten mit humoristisch-ironischen Einschlag zu erzählen. Zum einen sind es einfache, geradezu naive Humoresken, die am Spass an der Sache entstanden. Spätere Reisen, wie zum Beispiel die 21. Reise, werden lange Essays die sich mit Theologie über den Einsatz von Genetik beim Menschen. Mit der Figur des Ijon Tichy nimmt er sich Problemen religiöser, sozialer oder metaphysischer Natur an um auf witzige, übersteigerte Art und Weise eine Lösung aufzuzeigen.
In der Kurzgeschichtensammlung Der weiße Tod sind Stanislaws "Robotermärchen" und "Kyberiade" zusammengefasst. Es sind die Kurzgeschichten, die eines gemeinsam haben, Sprachspielereien, Slapsticks und Gags, mit einer sehr eigenen Art. Die menschlichen Roboterkonstrukteure Klapauzius und Trurl arbeiten meist im Auftrag irgendwelcher Robotherrscher und müssen dabei auf der Hut sein, nicht von diesen betrogen zu werden.
Das Roboteruniversum von Stanislaw Lem besteht voller grausamer Könige, Soldaten, Verrätern, Intriganten. Die Menschen werden als Bleichlinge, Klebäugler und Teignasen beschrieben. Der Mensch wird von den Robotern immer wieder als Ungeheuer dargestellt. Doch eigentlich ist der Roboter nicht viel anderster. Stanislaw Lem ist mit seinen Erzählungen überholt. Seine Geschichten sind jetzt als kurios und seltsam zu bezeichnen. Stanislaw Lem führte eine Entwicklung durch, die ihn von einem einfachen Erzähler zu einem vielschichtigen Schreiber führte. Der Suhrkamp Verlag veröffentlichte nun diese drei Bücher in einer preiswerten Ausgabe, so dass man mit dem Kauf dieser Erzählungen ein breites Band seiner schriftstellerischen Werke in den Händen hält. Man muss dem Verlag dafür danken, dass er diese Möglichkeit, den "alten" Lem zu entdecken, den neuen Lesern von Zukunftserzählungen ermöglicht.
Sterntagebücher - Rezensionsübersicht
Robotermärchen - Rezensionsübersicht