| Serie/Zyklus: Autor: Stanislaw Lem Hörbuch Verlag, Dauer: 184 Minuten, 3 CDs Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz. |
Die Bezeichnung dieses Hörbuchs ist ein wenig irreführend. Es enthält nicht die Münchhausen gleichen Erzählungen von Ijon Tichys sondern vier Erzählungen, die Begegnungen mit außergewöhnlichen (ja fast verrückten) Personen beschreiben und zwei weitere sehr abgefahrene Ereignisse aus dem Leben von Stanislaw Lems Alter Ego.
Das Werk lässt sich in zwei Teile gruppierten. In den ersten drei Geschichten liegt der Fokus auf eher philosophischen Problemstellungen:
In der ersten Geschichte bescheibt Tichy die Begegnung mit einem sehr unangenehmen, aber genialen Zeitgenossen, der Elektronengehirne in eine Scheinwelt versetzt hat, um das Rätsel seiner eigenen Existenz zu ergründen, denn, wenn er es schafft, den Elektronengehirnen eine Welt vorzugaukeln, die diese für echt halten, wer sagt dann, dass es ihm selbst nicht auch so ergeht?
Die nächste Geschichte ist ähnlich: Ein Mann besucht Tichy und teilt ihm mit, er habe die Seele erfunden. Tatsächlich ist es ihm gelungen, das Bewusstsein seiner Frau zu extrahieren und in einem, die Äonen überdauernden Kristallspeicher zu sichern. Tichy führt ihm vor Augen, dass dies das grausamste ist, was man einen Menschen antun kann.
Die dritte Geschichte befasst sich mit einem heute sehr aktuellen Thema: klonen. Tichy muss vor den Regen in ein Haus fliehen, in dem ein extrem sonderbarer Mensch wohnt mit zweifelhaften Ruf. Der Mann klont Wesen und sperrt die getöteten Experimente in Reagenzgläser. Es kommt zu Diskussion, ob man Wesen, die man geschaffen hat, auch töten darf. Der Mann jedoch bringt Tichy in einem überraschenden Ende davon ab, Anzeige zu erheben.
Der zweite Teil des Werks widmet sich der technischen Seite der SF:
Zunächst bekommt Tichy von einem Zeitreisenden Besuch. Doch am Ende zeigt sich, dass er trotz all seiner Genialität etwas übersehen hatte.
Die fünfte Geschichte ist die Waschmaschinentragiöde. Lem beschreibt auf sehr humoristische Weise, die teilweise fast schon an die Monty Pythons erinnert, die Entwicklung von automatischen Waschmaschinen hin zu künstlichen Inteligenzen. Mit viel Spott bedenkt er die Justiz, als er all die Blüten beschreibt, die die Existenz von intelligenten Roboter mit sich bringt. Das Ganze endet in einer phänomenalen Szene, in der Roboter über einen im All treibenden Roboterstaat richten und sich am Ende alle wegen Befangenheit selbst des Saales verweisen, bis am Ende Tichy, der selbst nur als Zuhörer gekommen war, alleine im Saal sitzt.
Zum Abschluss beschreibt Tichy dann noch einen Besuch in einer Roboter Psychatrie. Haarsträubender Höhepunkt: Ein Roboter beschimpft Tichy wegen seiner unvollkommenen, auf Eiweissstoffen basierenden, minderwertigen Existenz.
Dieses Hörbuch ist wirklich ein gelungener Querschnitt durch Lems Schaffenswerk. Er versteht gleichermaßen jemanden zum Lachen als auch zum Nachdenken zu bringen. Urkomisches wechselt mit tragischem, manchmal blitzschnell. Und in beiden Gebieten - Tragik oder Komödie - erweist sich Lem als Meister seines Fachs. Selten habe ich 3 Stunden Autofahrt so genossen. Dies ist freilich auch der Verdienst von Michael Schwarzmaier, der das Buch gekonnt vorträgt und all den überzogenen Gestalten in den Geschichten überzeugend Leben einhaucht. 10 von 10 Punkten.
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