Serie / Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Mit „Sternspringer“ von Nancy Kress liegt bereits der fünfte Band in der wirklich sehr empfehlenswerten SF-Reihe des Festa-Verlags vor, die von Michael Nagula herausgegeben wird. Dank der entsprechenden Verkaufszahlen wird diese Reihe weitergeführt, so dass der Leser auch den zweiten und dritten Band der mit „Sternspringer“ begonnenen Trilogie in deutschsprachiger Übersetzung wird lesen können. Ein Erscheinungstermin dieser beiden Romane ist Anfang Oktober noch nicht bekannt.
Nancy Kress wurde bis vor ein paar Jahren im Heyne-Verlag verlegt. Insgesamt erschienen dort acht ihrer Werke, darunter die ausgezeichnete Bettler-Trilogie. Mit dem Niedergang der Heyne-SF-Serie wurden auch ihre Werke dort nicht weiter verlegt, so dass Michael Nagula sie unter Vertrag nehmen konnte und damit einmal mehr sein feines Gespür für überdurchschnittliche SF-Werke unter Beweis stellte.
In Nancy Kress’ Universum hat die Menschheit ihren Weg in die Weiten der heimatlichen Milchstraße angetreten. Entscheidend hierfür war das Auffinden eines Sternentores am Rande des Sonnensystems, welches ihr eine Vielzahl von Möglichkeiten offenbarte, in andere Sonnensysteme zu reisen. Zwar innerhalb des Sonnensystems in verschiedene politische und gesellschaftliche Fraktionen zersplittert, verfolgen die Menschen eine gemeinsame „Außenpolitik“. Der gesamte Hintergrund erinnert einen stark an die überaus populäre amerikanische Fernsehserie STARGATE. Hier wie dort stößt die Menschheit auf besiedelte Welten, deren Bevölkerungen ihr vom Äußeren her nicht nur sehr ähneln, sondern mit denen sie auch eine genetische Verwandtschaft verbindet. Weiterhin stoßen die Menschen bei ihrem Vordringen auf die Faller, die jegliche Kommunikation verweigern und statt dessen einen Vernichtungsfeldzug gegen die Menschheit beginnen. Nancy Kress bietet ihren Lesern also kein neues Setting, aber eines, welches weitaus detaillierter ausgearbeitet ist und mit phantastischeren Möglichkeiten aufwartet, als dies bei einer Fernsehserie der Fall ist. Zudem konzentriert sie sich über weite Strecken auf ihre Charaktere, ohne dabei die Handlung an sich in den Hintergrund zu drängen.
„Sternspringer“ spielt in einem Sonnensystem, in dem es ebenfalls einen von menschenähnlichen Wesen bewohnten Planeten gibt, welcher der Einfachheit halber einfach Welt genannt wird. Eine Verständigung mit den Bewohnern ist ohne Probleme möglich, wobei die Forscher unter Leitung von Dr. Achmed Bazargans schon sehr auf deren Sitten und Gebräuche Rücksicht nehmen müssen.
Der Roman ist in zwei großen Handlungssträngen angelegt. Der erste besteht aus der eigentlichen Mission des Sternenschiffes ZEUS. Diese besteht nämlich darin, ein Artefakt, welches in der Umlaufbahn von Welt als Trabant kreist, zu erforschen und, wenn möglich, für die Menschheit zu sichern. Die Vermutung, dass es sich um eine überaus fortschrittliche Waffe handeln könnte, die im Krieg gegen die Faller der Menschheit einen entscheidenden Vorteil verschaffen könnte, bestätigt sich. Dieser Handlungsstrang beleuchtet den großen Handlungsrahmen des Krieges mit den Fallern und findet im vorliegenden Roman auch ein Ende.
Ganz im Gegensatz zu dem aus meiner Sicht wesentlich interessanteren Handlungsstrang um die vier auf Welt abgesetzten Forscher, die versuchen einen dauerhaften Kontakt zwischen ihren Völkern herzustellen und mehr über die Bewohner in Erfahrung zu bringen. Dieser Handlungsstrang nimmt den umfangreicheren Part des Romans ein. Ausführlich beschreibt Nancy Kress die Schwierigkeiten der vier Forscher, sich der Gedankenwelt der Ureinwohner anzupassen. Das Konzept von real und unreal, sprich: ob jemand eine Seele hat oder nicht, soll hier nicht näher erläutert werden. Faszinierend ist, wie konsequent dieses in der Gesellschaft der Bewohner verankert ist und diese ihr gesamtes Gesellschaftssystem darauf ausgerichtet haben. Das Außergewöhnliche liegt nicht in der Entwicklung solch einer Gesellschaftsform, sondern in deren schriftstellerischer Umsetzung, die Nancy Kress wirklich gut gelungen ist.
Letztlich kann man „Sternspringer“ auf zwei Arten lesen: entweder als reinen SF-Roman oder als Gesellschaftsroman. Eine Lektüre dieses Buches lohnt sich auf alle Fälle.