Originaltitel: The Steampunk Bible: An Illustrated Guide to the World of Imaginary Airships, Corsets and Goggles, Mad Scientists, and Strange Literature Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Die Steampunk Bible von Jeff VanderMeer ist nicht nur in Amerika lieferbar, sondern nun auch in Deutschland. Der Comic-Händler meines Vertrauens konnte sie mir dieser Tage in die Hand drücken. Ohne Übertreibung: Es ist das Standardwerk des Genres. Der Autor schafft es nicht nur, hervorragende Romane zu schreiben, sondern greift das Genre Steampunk auf, um ein Sachbuch zu verfassen. Warum? Weil er es kann? Ich denke eher, weil es ein Thema ist, welches ihn interessiert.
Jeff VanderMeer gelingt es, die Geschichte des Steampunks und die vielen Einflüsse auf ihn in eine zusammenhängende Historie zu bringen. Ein klarer Beginn des Steampunk kann nicht gezogen werden und die Quellen, die genannt werden - etwa Jules Verne und H. G. Wells - sind eher Romanautoren, die die Stimmung beschreiben, aber nicht den Hintergrund Steampunk mit seinen Dampfmaschinen. Immerhin gelingt es dem Autor, die unterschiedlichen Blickwinkel zu beschreiben. Der Schwerpunkt der durchgehend mit Zeichnungen und Fotos bestückten Seiten liegt natürlich bei der Literatur. Wer sich weniger dem geschriebenen Wort hingeben will, der kann sich dementsprechend mit den Bildern befassen. Diese zeigen u. a., wozu Fans fähig sind. Da gibt es Computer, die mit altem Beiwerk und Ersatzteilen so aufgemotzt wurden, dass sie wie in die viktorianische Zeit passend aussehen. Zudem hat sich Jeff nicht viel Mühe gemacht. Überflüssig ist, dass ausgerechnet die von Datamancer hergestellten Tastaturen und anderen Werke abgebildet wurden, eben weil sie überall zu sehen sind. Das gilt ebenfalls für die seit Jahren bekannten Werke eines Herrn von Slat. Dabei gibt es jede Menge andere Spielzeuge, die im Internet mit Bildern vertreten sind. Ein Blick auf Youtube hätte ihm auch andere interessante Dinge zeigen können. Aber auch die normale Kunst und die Musik finden Erwähnung, weil viele Menschen das Thema für sich entdeckten. So gibt es jede Menge Fans, die ähnlich den Larp-Spielern, Trekkies und anderen in Verkleidung herumlaufen. Vor allem die Schweißerbrille ist ein unentbehrliches Kleidungsstück geworden. Da die Bibel eine etwas längere Phase zur Produktion benötigte, ist sie eigentlich bereit überholt. Gerade in den letzten zwei Jahren erschienen viele neue Werke, die sich mit Steampunk befassen. Daher ist es ganz natürlich, dass es auch Lücken in den Artikeln gibt. Hauptsächlich betrachtet Jeff die Vereinigten Staaten von Amerika, nur um einen ganz kleinen Blick über die Landesgrenzen zu werfen und dort liegen zu lassen. Was außerhalb der USA zum Thema erschien, interessierte wohl nicht. Jeff VanderMeer ging es wahrscheinlich nur darum, das Genre in Nordamerika den Nordamerikanern vorzustellen. Das Buch kann selbstverständlich nur einen groben und unvollständigen, bisweilen zu oberflächlichen Überblick bieten. Mir persönlich als Deutscher und Europäer fehlen ein wenig die Einflüsse, die Europa ausübte bzw. die die Bedingung für den Steampunk sind. So ist es doch gerade die britische viktorianische Zeit, die im Mittelpunkt des Subgenres steht. Viele Fans werden das Buch zwar in das Regal stellen, aber mehr als einmal nicht ansehen. Mehr als eine brauchbare Übersicht kann das Buch nicht sein und es gibt keine Stelle, an der das Buch mehr will.
Das Buch lebt vor allem von seinen Bildern. Die Texte dazu kann man getrost weglassen, sie interessieren nicht immer. Ein wirklich schönes Buch zum Stöbern. Ach ja, es ist nur in englischer Sprache zu haben.