Serie / Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Auf Michael Marshall Smith bin ich durch OMEN, dem Horror-Journal in Paperbackformat des Festa-Verlags, aufmerksam geworden. Obwohl ich seine Romane in den Buchläden wahrgenommen habe, konnte ich mich nie zu einem Kauf entschließen. Nun liegt „Stark, der Traumdetektiv“ gelesen neben meiner Tastatur und ich muss feststellen, dass ich von der Lektüre dieses Romans doch angenehm überrascht bin.
Innerhalb der SF-Szene wurde Michael Marshall Smith meines Wissens nicht großartig wahrgenommen, wobei seine Romane „Geklont“ und „R.E.M.“ bei Rowohlt bereits im März und Dezember 2000 erschienen. Sein vierter Roman „The Straw Men“ wurde noch nichts ins Deutsche übersetzt und erschien 2002. Somit sind bereits zwei volle Jahre seit der Veröffentlichung von „Stark, der Traumdetektiv“ vergangen.
Beim Festa-Verlag wurden in letzter Zeit dagegen einige seiner Horror-Kurzgeschichten verlegt. So in „Psychoexpress“ (Edition Metzengerstein, Band 13), „Der Cthulhu-Mythos 1976-2002“ (H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens Band 12) und in OMEN 1.
Held von Smith vorliegenden Roman ist Stark, von Beruf Detektiv. Stark lebt in einer Welt, die weit in der Zukunft zu liegen scheint. Eine Welt, in der es eine gigantische City gibt, die in mehr oder weniger abgeschotteten Vierteln unterteilt ist. Viertel, deren Bewohner durchweg sehr exzentrische Leben führen. Stark selbst lebt in Farben, dessen Besonderheit darin liegt, dass mittels hochwertiger Technik die Gebäude, Straßen, Innenräume usw. ihre Farben wechseln können. Viertel wie Geräusch zeichnen sich durch völlig lautloses Verhalten der Bewohner aus, lediglich während einer Stunde am Tag dürfen sie sich in speziell abgeschirmten Räumen durch schreien verausgaben. In Katzen leben nur Katzen und niemand kann sagen, wie sie die peinliche Ordnung und Reinlichkeit aufrechterhalten können.
Daneben existieren Viertel, in denen die Gewalt herrscht, vergleichbar mit den Gettos einiger Großstädte.
Stark zeichnet sich durch die Besonderheit aus Menschen in ihren Träumen begleiten und sogar beeinflussen zu können. Er selbst nennt diese Ebene Taumland und für ihn liegt sie außerhalb der menschlichen Wahrnehmung. Sein neuester Fall führt ihm wieder in Taumland, denn der Aktionist Alkland, den er nach langem Suchen aus Status befreien konnte, scheint sich mit Albträumen auseinandersetzen zu müssen, die zu seinem Tode führen können. Letztlich geht es nur vordergründig um Alkland. Der eigentliche Adressat ist Stark, der sich mit seiner Vergangenheit konfrontiert sieht. Sein Weltbild gerät dabei arg ins Wanken.
Die Stärke des Romans, dessen Titel aus meiner Sicht eher zu einem Kinderbuch passt, liegt in der Erzählperspektive. Die Handlung wird aus Sicht Starks geschildert, der keinesfalls über eine objektive Wahrnehmung verfügt, sondern bewusst einiges verschweigt. Erst am Ende des Romans, der gleichfalls auch das Ende von Starks Weg darstellt, erfährt der Leser die ganze Wahrheit.
Michael Marshall Smith entwirft in seinem ersten SF-Roman eine phantastische Welt, die so durchaus irgendwann einmal existieren könnte, wenn die Menschen sich mehr ihrem Inneren zuwenden und nicht mehr nach den Sternen greifen. Ganz neu sind seine Motive nicht, aber er verknüpft sie zu einer, seiner Welt. Verbunden mit einer „modernen“ Sprache und einem Titelhelden, der eher genau das Gegenteil ist, entfaltet sich vor dem Leser ein Roman, der zurecht den British Fantasy Award erhielt.