Reihe: Star Trek Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Einzelschicksale ist die Fortsetzung der bereits bei Cross Cult erschienenen Destiny-Romane. Die Handlung dieser Trilogie wird nahtlos weitergeführt. Daher sollte man die Destiny-Romane kennen.
Mitte des Jahres 2381 sind die Borg geschlagen. Doch zu welchem Preis. Sie ließen eine Spur der Verwüstung und Vernichtung hinter sich. Ganze Welten müssen neu aufgebaut werden. Milliarden von Lebewesen benötigen Hilfe. Die Borginvasion hat gleichzeitig dafür gesorgt, dass in den betroffenen Quadranten Mächte und Machtgierige hoffen, groß und größer zu werden. Einst mächtige Welten stehen vor der endgültigen Vernichtung, weil nicht genügend Lebewesen in der Lage sind, die Kultur aufrechtzuerhalten. Sie wurden an den Rand ihrer Existenz gedrängt. Diese Chance nutzen andere Kulturen, um sich ungehemmt auszubreiten. Die Kinshaya etwa hoffen nun zu wachsen. Ihnen steht es zu, so ihre Ansicht, Anspruch auf andere Planeten zu erheben. Ein Angriff auf den klingonischen Flüchtlingsplaneten Krios soll Tatsachen schaffen und ihren Anspruch untermauern.
Dieser Ausbruch neuer Gewalt, das Eindringen in ein Machtvakuum, wird auch auf anderen Planeten deutlich. Das romulanische Imperium, das von Tal'Aura geführt wird, steht kurz vor einem Bürgerkrieg, weil die Föderation keine Hilfe leisten kann. Der von Donatra geführte imperiale romulanische Staat ist nicht bereit, Hilfe zu leisten. Auf dem Planeten Zalda wird ein Flüchtlingsschiff abgewiesen. Auf Capella IV wird der Abbau des dringend benötigten Topalin sabotiert, indem eine Raffinerie beschädigt wird. Auf Maxia Zeta IV wird eine Dilithium-Mine sabotiert. Die Zeldaner drohen gleichzeitig mit einem Austritt aus der Föderation. Währenddessen lecken Föderation und Klingonen nicht nur ihre Wunden, sondern sie müssen versuchen, gleichzeitig sich selbst und den anderen Föderationsmitgliedern zu helfen. So versucht Präsidentin Nanietta Bacco Donatra zu überzeugen, der anderen Hälfte des ehemaligen romulanischen Imperiums Unterstützung zu leisten. Es bleibt der Föderation und ihren Nachbarreichen nichts anderes übrig, als zusammenzuarbeiten. Trotzdem versucht jede Welt stärker aus dem Desaster herauszukommen, unter Umständen auf Kosten der anderen Welten. Etwa der Landwirtschaftsplanet Gault, der mit seinen Lebensmittellieferungen andere Welten unterstützen muss. Dies alles sind bedauernswerte … Einzelschicksale.
Die Klammer der Einzelschicksale ist der Geschichtsprofessor Sonek Pran. Er erhält sein altes Amt als politischer Berater zurück. Im Auftrag der Föderation soll er zwischen beiden Parteien der unterschiedlichen romulanischen Reiche vermitteln. Dabei drängt sich ihm der Verdacht auf, dass zwischen den jüngsten Zwischenfällen ein Zusammenhang besteht. Irgendwer hat von langer Hand vorbereitet, die Welten aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Nachdem in der Destiny-Trilogie jede Menge Charaktere und sogar Welten geopfert wurden, ist dies ein Roman, der wohl etwas Ruhe in das Universum bringen sollte. Neubeginn und ähnliches. Statt dessen wird aus dem Chaos heraus eine neue Gefahr geboren.
Keith R. A. DeCandido versteht es ausgezeichnet, auf nur wenigen Seiten viele Handlungsstränge und Vorgeschichten zusammenzufügen. Er lässt den Leser sehr langsam an der Handlung teilhaben, klärt den Leser auf. Nachdem er praktisch mit einer Stunde null alles aufgearbeitet hat, lässt er die Spannung kommen. Aus der Erzählung heraus entwickelt sich eine Verschwörungstheorie. Sonek Pran, der Historiker auf diplomatischer Mission, ist ein recht ungewöhnlicher Mann. Allerdings ist er der Einzige, der an diese Verschwörungstheorie glaubt. Niemand will sich mit seiner Theorie auseinandersetzen. Und doch ist er es, der Recht hat.
Der mit viel Politik versehene Roman ist sicherlich nichts für die eingefleischten Star-Trek-Fans. Er ist ähnlich wie Die Gesetze der Föderation aufgebaut - und aus diesem Grund sicher nichts für alle. Verstehen wir uns also als eine kleine verschworene Gemeinschaft, die mehr versteht als ein normaler Trekkie und damit die Gesamtheit der Borg-Krise aus Destiny erkennt. Ein hochinteressanter Blick hinter die politischen Kulissen, die von Nanietta Bacco und dem Föderationsrat am Laufen gehalten werden. Neben der Präsidentin werden weitere Figuren aus den Star-Trek-Universen eingeführt, erwähnt bzw. übernommen. Ein weiterer wichtiger Teil ist sicherlich die Gründung des Typhon-Paktes. Hinter diesem stecken Tholianer, Tzenkethi, Gorn, aber vor allem die Kinshaya und Tal'Auras Sternenimperium. Damit entsteht ein neues Machtgefüge, das für weitere Star-Trek-Romane der Grundstein sein wird. Die Haupthandlung wird durch als Intro getarnte Logbucheinträge, Zeitungsberichte, Mitschnitte politischer Talkshows und eine Liste mit Todesopfern (u.a. B'Elanna Torres) vorangetrieben.
Keith R. A. DeCandido schafft es ebenfalls, nicht nur seinen Kollegen K. W. Jeter - als Retej - und andere in die Handlung einzubauen, auch mit anderen, zum Teil verballhornten Hinweisen fordert er die Leser heraus. Die vielen Querverweise machen das Star-Trek-Universum noch vielschichtiger, als es bereits war.