Reihe: Star Trek Eine Besprechung / Rezension von turon47 |
Hier legt er sich schließlich mit dem jungen Spock an, der ihm die Manipulation des Kobayashi-Maru-Tests zur Last legt. Doch das hitzige Wortgefecht wird durch die Meldung eines Notfalls unterbrochen.
Nero, der Captain des übermächtigen Schiffes, ist zurück und bedroht Vulkan, die Heimatwelt Spocks. Ein zähes Ringen kann nicht verhindern, dass es zur größtmöglichen Katastrophe kommt: Die Gründungswelt der Föderation wird zerstört. Trotz widrigster Umstände müssen Kirk und Spock zusammenarbeiten, um zu verhindern, dass Nero den nächsten Planeten auf seiner Liste auslöscht: die Erde
Lobenswerte Aspekte: Man kann viel über den Film sagen und es wurde ja auch schon eine Menge darüber gestritten, debattiert und gelobt. Dafür, dass ich mich nicht zu den total beigeisterten Fans zähle und eher bedauere, dass Abrams Star Trek nicht neu belebt, sondern in ein gänzlich anderes Universum verlegt hat, kann allerdings dieser Roman nichts.
Ebenso wenig trifft ihn die Schuld dafür, dass die Handlung mit ‚erschreckend dünn’ noch sehr wohlwollend umschrieben ist. Ich las in den letzten knapp dreißig Jahren eine große Menge an Büchern, quälte mich durch viele Star-Trek-Romane und habe nun, ach, Geschichte, Erziehungswissenschaften und leider auch Literatur, durchaus studiert mit heißem Bemüh’n.
Daher lehne ich mich jetzt sicherlich nicht weit aus dem Fenster, wenn ich aus dieser Perspektive heraus behaupte, dass die zugrunde liegende Geschichte im Vergleich zu vorangegangenen Star-Trek-Filmen eher im unteren Bereich rangiert.
Dennoch gibt es auch hier das ein oder andere Detail, das in der Filmversion der Kürzungsschere zum Opfer gefallen ist. So bleibt es vorerst dem Leser vorbehalten, zu erfahren, unter welchen Umständen Spock geboren wurde oder wem Kirk junior eigentlich die Corvette seines Vaters stiehlt.
Außerdem gibt der Autor dem Leser einige interessante Zusatzinformationen, die im Film nicht zu hören waren. So erfährt der geneigte Leser etwa, dass Spock nach einem frühen Architekten der vulkanischen Gesellschaft benannt wurde, welche Föderationsschiffe genau dem fiesen Nero zum Opfer fallen oder welche Bezeichnung die seltsamen Kreaturen auf Delta Vega tragen.
Und Stichwort Nero: Hat mich anfangs noch gestört, dass ein Angehöriger einer Spezies, die so offensichtlich den alten Römern nachempfunden wurde, einen mit römischer Geschichte so eng verbundenen Namen trägt, wird dieses Dilemma ebenfalls geschickt gelöst. Der Erzbösewicht stellt sich der Crew der Enterprise nämlich mit „ÅŽ’ŗên“ vor. Die von ihm angebotene Ausprache ‚Nero’ entspricht vielleicht nicht unbedingt dem Orignial, aber ermöglicht es der menschlichen Zunge, seine Taten mit seinem Namen zu verbinden. Die Idee, dass er Ayel tötet, weil dieser durch sein Mitleid mit der Erde zum Autoritätsrisiko wird, ist zwar nicht unbedingt mit der Filmhandlung vereinbar, aber gibt der Figur doch eine gewisse Tiefe, die im Film zu oft fehlt.
Schließlich hat mir der Stil, in dem der Roman gehalten war, sehr gut gefallen. Spannend und dennoch kurzweilig geschrieben, passte das Buch gut zur Atmosphäre des elften Kinofilms und besondere Freude kam beim Satz „In einem anderen Teil der Kosmos, einer wenig bemerkenswerten Ecke eines galaktischen Seitenarms []“ (S. 5) auf. Der Kenner liest und versteht sofort: eine eindeutige Hommage an die Science-Fiction-Persiflage „Per Anhalter durch die Galaxis“ des leider viel zu früh verstorbenen Douglas Adams
Kritikwürdige Aspekte: Die Story gibt wirklich nicht viel her, doch was den Film erträglich macht, ist der Humor, der an vielen Stellen über die vielen Makel hinwegsehen lässt. Im Buch geht dieses Konzept leider nicht in ähnlicher Form auf. Einige der Gags des Films tauchen nicht auf, andere sind unnötig in die Länge gezogen und verlieren dadurch die Pointe und wieder andere weichen in ihrer Übersetzung zu stark ab. Dadurch entzieht der Roman sich eines Vorteils, den der Film noch hat.
Doch es gibt eine ganze Reihe von weiteren Widersprüchen zum Film. Kleinere Unstimmigkeiten, wie die Tatsache, dass Pike auf dem Höhepunkt der Kneipenschlägerei ruft und nicht pfeift, dass Kirk keinen Apfel während seines Kobayashi-Maru-Sündenfalls verzehrt oder dass Sulu nicht mit seinem eigenen Schwert, sondern einem romulanischen kämpft, führen zu ratlosem Kopfschütteln, zumal diesen Fehlern im Verlauf der Handlung noch einige (Verzicht auf einen Zweikampf Nero vs. Kirk oder der Tod Ayels) folgen. Natürlich gibt es einige Freiheiten, die ein Autor nutzen darf, doch streckenweise geht Foster ein wenig weit - auch wenn ich wiederum die Idee, dass der Roman endet, indem ein Beagle wiederauftaucht, ENT gegenüber sehr versöhnlich finde ...
Im Ganzen ist das Buch allerdings in sich nicht sonderlich gut abgestimmt. So muss man sich nur vor Augen halten, dass es nicht zwei, sondern drei Spocks in dieser Novellisation gibt! Abgesehen vom normalen Spock der ursprünglichen Zeitlinie erblickt auch in dieser Realität ein Spock das Licht der Welt. Auf Seite 6 wird der Mutter das Kind in Zeile 14 gereicht und dann, gleich auf der nächsten Seite, in der Zeile 11 wird ihr ein weiteres Kind gereicht. War das vielleicht Sybok? Sind die beiden in diesem Universum eventuell Zwillinge??
Ähnlich verwirrend fand ich, dass während der notfallbedingten Verteilung von Kadetten auf verschiedene Schiffe insgesamt acht Schiffe genannt wurden, auf denen die Kadetten Einsatz finden sollten, um Vulkan aus der Patsche zu helfen: die Enterprise, die Newton, die Odyssey, die Farragut, die Drake, die Bradbury, die Kongo und die Antares. Klar, in einer Notsituation wirft man halt alles in die Wagschale und die Flotte befindet sich ja im Laurentianischen System.
Doch was muss man staunen, als die verspätete Enterprise versucht, Kontakt zu den Schiffen herzustellen, die so blindlings in eine romulanische Falle laufen? Von den dort erwähnten fünf Schiffen (in der Kinofassung waren es immerhin derer sechs) Farragut, Armstrong, Defiant, Excelsior und Mayflower wurde nur eines zuvor bei der Einteilung erwähnt! Das bedeutet doch eigentlich, dass sich noch sechs Schiffe in unmittelbarer Nähe zur Erde befinden. Selbst wenn man behaupten würde, dass mit Bradbury die Orbitalstation des Mars gemeint sei, die im Buch „Picards erstes Kommando“ beschrieben würde, bleiben noch immer fünf übrig. Warum halten die den bitterbösen Nero nicht auf (oder versuchen es zumindest)?
Abgesehen davon wird das Buch bereits mit einem gewaltigen Schnitzer eingeleitet. Gleich im ersten Satz kann man lesen: „Der Stern war ein Gasriese und sehr alt.“ (S. 5). Zugegeben, das hat vielleicht nicht die sprühende literarische Qualität eines Satzes wie „Ilsebill salzte nach.“, aber gleich im ersten Satz einen so riesigen Fehler zu machen, ist schon tragisch.
Gut, ein Stern kann schon mal ein roter Riese oder weißer Zwerg werden, aber ein Gasriese? Wie wird ein Stern denn bitteschön zu einem Planeten wie Jupiter, Saturn, Uranus oder Neptun?
Wer weiß, vielleicht lag es an der Übersetzung. So ein Buch rechtzeitig zum Kinostart herauszubringen erfordert Opfer und eigentlich hatte ich nicht vor, mich über Fehler wie „Viele“ (großgeschrieben, S. 22), „lies“ (statt ‚ließ’, S. 42) oder „Ihn hatte weit mehr interessierte []“ (S. 62) überhaupt ernsthaft zu beschweren. Kleinere Interpunktionsfehler und unwesentliche Übersetzungsmängel wie „Parkbremse“ statt „Handbremse“ sind auch eher damit erklärbar, dass der Übersetzer einen Automatikwagen und keine rote Corvette fuhr. Die uneinheitliche Verfahrensweise beim Siezen und Duzen war allerdings schon störend und zutiefst unlogisch. Warum zum Teufel wird Spock von einem Offizier geduzt (S. 77), um von Uhura gesiezt zu werden?
Merkwürdig fand ich auch, dass kaum auf das Comic „Countdown“ Bezug genommen wird. Scheinbar liefen hier die Veröffentlichungsbemühungen nicht so synchron, wie es vielleicht erforderlich gewesen wäre. Entgegen den Erzählungen des Comics wurde, wie auch im Film angemerkt, die „Qualle“ nicht von Geordi LaForge, sondern von der Vulkanischen Akademie der Wissenschaften in Dienst gestellt.
Schließlich muss man sich auch fragen, in welchem Verhältnis hier Preis und Leistung stehen. Gut, das Cover ist, wie man es bei cross cult mittlerweile schon gewohnt ist, qualitativ hochwertig, aber muss man für 288 Seiten Roman tatsächlich 12,80 € bezahlen? Wenn man bedenkt, dass viele der Kapitelübergänge auch noch Leerseiten (zehn an der Zahl; damit sinkt der Gesamtseitenbestand immerhin auf 278 Seiten) mit hineinbringen, fragt man sich schon, warum dieses Buch genauso viel kostet wie ein Band Vanguard oder Titan, die ihrerseits zumeist bis zu 400 Seiten beinhalten. Wenn es wenigstens ein aufklappbares Centerfold gäbe oder Hochglanzfotos der Schauspieler, wäre das ja noch verständlich, aber hier gewinnt man schnell den Eindruck, als ob pure Profitgier den Preis diktierte.
Anachronismen: Wie der Film strotzt auch das Buch trotz abweichender Zeitlinie vor lauter Anachronismen. Ich kann hier nur die Auswahl der besten drei Fehler bieten, die auch im Buch zu finden sind:
3. Als Kirk in der TOS-Episode „Weltraumfieber“ gegen Spock kämpfen muss, macht ihm die dünne Luft unheimlich stark zu schaffen. In der luftigen Höhe hingegen, in der Kirk mit einem Romulaner auf einem Bohrkopf kämpft, merkt man ihm die Belastung nicht an. Im Gegenteil: Sulu schafft es sogar, einen Salto hinzulegen, der schon auf der Erde beeindruckend wäre.
2. In jener Zeitlinie, aus der der alte Spock stammt, schrieb man das Jahr 2387. Wenn dies von der Begegnung Spocks mit Kirk auf Delta Vega 129 Lenzen in der Zukunft liegt, schrieb man dort das Jahr 2258.
Fähnrich Chekov meinte im Film, dass er 17 Jahre alt wäre. In der Folge "Der Tempel des Apoll" gibt er jedoch zu Protokoll, 22 Jahre alt zu sein. Die Folge spielt 2267, also muss Chekov 2245 geboren sein. Das wiederum bedeutet, dass er 2258 erst 13 Jahre alt war - also doch ein wenig zu früh, um Kadett an der Sternenflottenakademie zu sein.
Parelleluniversum hin oder her - die Geburtsdaten müssten eigentlich dieselben sein, denn sonst wären es völlig andere Personen.
1. Am merkwürdigsten finde ich allerdings, wie vertraut den einzelnen Personen Romulaner sind. Natürlich gab es einen großen Krieg zwischen den Erdstreitkräften und dem Imperium, doch erst viel später entdeckten Spock und Kirk in der Folge „Spock unter Verdacht“, dass beide Völker einen gemeinsamen Ursprung haben könnten.
Fazit: Im Stile vorangegangener Filmnovellisationen geizt auch dieses Buch nicht mit interessanten Zusatzinformationen und nicht im Film gezeigten Szenen. Es ist dem Film in Tempo und Spannung nachempfunden.
Leider ist der Witz des Films nicht entsprechend herübergerettet worden und die Anachronismen übernahm Foster, ohne ihnen wenigstens eine Erklärung zu verpassen. Abgesehen von den kleineren logischen Fehlern im Buch sind es die vielen Abweichungen im Film, die den Wiedererkennungswert schmälern.
Dass dann auch der Kaufpreis des in keiner angemessenen Relation zur Ware steht, passt allerdings wieder schlüssig ins Gesamtwerk.
Denkwürdige Zitate:
„Wissen Sie was? Ich glaube, ich werde ihren Rat annehmen und einen Buchclub gründen.“ Kirk zu Pike, S. 59.
„Eifersüchtig? Ich bin nicht eifersüchtig auf dich. Ich warte darauf, dass ich den ersten wissenschaftlichen Aufsatz über einen Kadetten schreiben kann, der an einer Gehirnblutung stirbt, die von einem Überschuss an Ego ausgelöst wurde.“ McCoy zu Kirk, S. 80.
„Welche Leben wir auch immer geführt haben mögen, wenn er nicht erschienen wäre und das Kontinuum dieser Realität verändert hätte, jetzt ist es für immer anders. Unser Schicksal, wie auch immer es aussah, hat sich geändert.“ Spock S. 177.
Bewertung : Ein unangemessenes Preis-Leistungsverhältnis.