Serie / Zyklus: Nachfolger: "Gottes Kinder" Titel: Sperling Originaltitel: The Sparrow Autor: Mary Doria Russell (Namensangabe auf dem Cover ist Falsch) Übersetzer: Gisela Stege Verlag / Buchdaten: Heyne, 1996 Besprechung / Rezension von RealS Durch einen Zufall entdeckt ein Techniker des SETI-Programms Signale aus dem Weltall: faszinierende, eindeutig nicht menschliche Gesänge. Die Jesuiten machen sich auf den Weg zu ihren Brüdern vor Gott... |
Durch einen Zufall entdeckt ein Techniker des SETI-Programms Signale aus dem Weltall: faszinierende, eindeutig nicht menschliche Gesänge. Die ganze Erde ist von dieser Beobachtung elektrisiert, doch der Gemeinschaft Jesu (d. h. den Jesuiten) gelingt es zuerst, eine Expedition zu dem fremden Planeten zu organisieren. An Bord sind der Entdecker der Signale mit seinen Freunden (einem Jesuiten-Pater, einer Ärztin, einem Ingenieur und einer Programmier-Spezialistin) und noch drei weitere Jesuiten-Patres.
Als Transportmittel wird ein halb ausgeschlachteter Asteroid verwendet, der mit Triebwerken und Wohneinheiten etc. ausgestattet wird, um die lange Reise zu dem fremden Planeten zu unternehmen. Dort angekommen fliegen die Expeditionsmitglieder mit einem Shuttle auf den Planeten hinab und beginnen zuerst damit, in einer abgelegeneren Gegend Flora und Fauna zu erforschen.
Nachdem sich die Gruppe mit dem Planeten vertraut gemacht hat, zieht sie weiter und trifft auf die ersten Einheimischen, die sich auf einem eher mittelalterlichen Technologiestand befinden.
Sandoz gelingt es mit seinen außergewöhnlichen Sprachfähigkeiten schnell, Kontakt zu knüpfen und die ganze Expeditionsgesellschaft erfreut sich an den neuen Eindrücken und dem Wunder, dass es noch anderes Leben im Universum gibt. Später lernen sie auch die zweite Rasse des Planeten kennen, die schon etwas weiter entwickelt ist und schon Städte baut. Aber bislang haben die Reisenden noch nicht die Gesänge gehört, derenwegen sie diesen Kontakt überhaupt herstellen konnten und es gibt auch Probleme mit Krankheiten, mit denen sich die Expedition herumschlagen muss.
Schließlich reist ein Teil der Expedition in eine größere Stadt, um mehr über die zweite Rasse des Planeten und die geheimnisvollen Gesänge herauszufinden. Und das ist der Anfang vom Ende
Die Hauptperson des Romans ist der Jesuiten-Pater Emilio Sandoz, der die Entdeckung der Gesänge für eine Fügung Gottes hält: sein ganzes Leben wurde er - aus einem Armenviertel von Puerto Rico stammend - von den Jesuiten mit Aufträgen in verschiedene Gegenden der Welt versetzt, wo er große Begabung darin zeigte, sich fremde Sprachen anzueignen und zu sprechen. Diese Vorbereitung soll nun ihre Erfüllung auf dem Planeten Rakhat finden...
Bewertung:
Der ganze Roman ist aus der Rückblende erzählt: Emilio Sandoz ist von einer zweiten Expedition als einziger Überlebender von Rakhat zur Erde zurückgeschickt worden, geistig labil und körperlich verstümmelt. Darüber hinaus hat er vor den Augen der Expedition ein Kind umgebracht, das sie zu ihm geführt hatte. Die Jesuiten beginnen mit ihren Befragungen, müssen aber sehr vorsichtig vorgehen, um den Pater nicht völlig in den Wahnsinn oder Selbstmord zu treiben. Diese Handlungsebene ist gut gelungen und der psychische Zustand von Sandoz sehr eindringlich und glaubwürdig dargestellt.
Die Geschehnisse auf Rakhat halten leider nicht das, was sie versprechen: Die ganze Expedition erscheint wie ein dilettantisch geplanter Abenteuerurlaub als Wochenendausflug: Die Auswahl der beteiligten Personen wird knapp damit begründet, dass die Jesuiten der Ansicht sind, es sei eine Fügung Gottes, dass diese Personen zusammen die Signale entschlüsselt haben. Dass sie schon aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters nicht die Expeditionsmitglieder sind, die man auf eine solch einmalige Mission schicken sollte, fällt niemandem auf. Niemand hat irgendein detaillierteres Konzept, wie man vorgehen sollte und die Herangehensweise an Herausforderungen ist äußerst naiv (Beispiel: Erforschung der Flora auf Genießbarkeit: eine Person steckt sich einen kleinen Bissen in den Mund und dann wird abgewartet; und das auf einem fremden Planeten ohne optimale medizinische Versorgung etc.!).
Die handelnden Personen werden durchaus nachvollziehbar gezeichnet, z.B. die Zerrissenheit von Sandoz zwischen der Liebe zu Gott und zu einer Expeditionsteilnehmerin. Die intellektuell-witzigen Dialoge der Personen wirken allerdings manchmal etwas aufgesetzt.
Spannungstechnisch fällt es negativ auf, dass die Katastrophe der Expedition nur etwa 15 % des Buches umfasst. Nachdem zu Beginn die Entdeckung der neuen Welt noch interessant ist, fließt der Mittelteil des Romans zu flach dahin, bis es dann endlich zur Katastrophe bzw. deren Enthüllung kommt. Wobei auch diese nicht spannend daher kommt, sondern eher fatalistisch erzählt wird.
Fazit: Auf der Haben-Seite des Romans steht eindeutig die Zeichnung des Paters Emilio Sandoz und das Zusammenspiel der Personen bei der Befragung des zerstörten Paters. Auch die Gesellschaft von Rakhat kann mit einigen interessanten Überraschungen aufwarten.
Auf der Soll-Seite steht einmal die Tatsache, dass das große Geheimnis, warum der Pater so gebrochen ist, mich leider relativ kalt gelassen hat: ob das am Inhalt oder vielleicht an der Erzählweise lag, kann ich nicht genau sagen. Vielleicht war es gegen Ende einfach zu offensichtlich. Auch die Expedition als Ganzes hat mich nicht so gefesselt, was v. a. an der Beschreibung von Rakhat als Abenteuerspielplatz für Erwachsene lag. So ein Dilettantismus ist einfach unglaubwürdig und verdirbt den Spaß. Die angekratzte Theologie (Einfluss/Verantwortung Gottes auf das Tun der Menschen, Sinn des Zölibats) ist in diesen Fragen nicht neu und bringt meiner Meinung nach keine neuen Aspekte.
Ist das Buch schlecht? Nein. Ist es wirklich gut? Nein.
Gottes Kinder - Band 2
Sperling - Rezensionsübersicht