Zyklus: Zeit-Odyssee Band 2 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Als zweiter Band der "Zeit-Odyssee" führt "Sonnensturm" die Handlung nicht als Fortsetzung, sondern eher als Ergänzung weiter. Die Zusammenarbeit der beiden doch so unterschiedlich schreibenden, englischen Autoren funktioniert reibungslos - auf dem wohl kleinsten gemeinsamen Nenner. Hier aber nicht zu sehr vorgegriffen und zur Handlung übergehend:
Im Jahre 2037 ist der Traum George W. Bushs Wirklichkeit geworden und auf dem Mond befinden sich einige Flecken menschlicher Besiedlung. Auch eine zweite Mars-Mission ist unterwegs. Die Erde befindet sich zwar in einem jämmerlichen Zustand, jedoch leben ihre Bewohner in einigermassen guten Zuständen. Ein kalter Krieg herrscht zwischen dem Westen und China:
In diese Hochzeit menschlicher Technologie rauscht ein sogenannter Sonnensturm - elektromagnetische Wellen treffen auf das irdische Magnetfeld und bringen durch Induktion elektrische oder elektronische Geräte zum Ausfall. Bislang hielten sich diese Schäden in Grenzen, auch durch eine Art Wetterstation auf dem Mond, die entsprechende Warnungen ausspricht (etwas ähnliches gibt es ja schon heute, jedoch auf irdischen Boden). Der nun eintreffende Sturm ist jedoch so stark, das ein Grossteil der mit Elektrizität betriebenen auf der Erde buchstäblich den Geist aufgibt. Die Folge ist katastrophal: Aufzüge bleiben stecken, Wirtschaftssysteme brechen zusammen, Flugzeuge fallen vom Himmel.
Durch das nun herrschende Chaos und die hohen Opferzahlen aufgeschreckt, wird eine Untersuchungskommission eingesetzt, die klären soll, ob der Sturm sich wiederholen könnte, oder ob dies ein, wenn auch heftiges, einmaliges Ereignis darstellte. Die Wissenschaftler kommen zu einem dramatischen Ergebnis: Die Sonne baut einen neuen Sonnensturm auf - und diesmal einen, der so stark sein wird, das er die Oberfläche der Erde buchstäblich brät! Das ganze wird in weniger als fünf Jahren passieren - kaum Zeit, sich irgendetwas einfallen zu lassen, um gegen eine solche Naturkatastrophe globalen Ausmasses gegenzuhalten. Aber die Menschheit muss ihrem Ruf gerecht werden und so beginnen alle, ausser China, an einem riesigen Schutzschild zu basteln, das die Erde in einem Kernschatten während des Sturmes verstecken soll.
In diese ganzen Vorbereitungen, die die Nationen der Erde bis auf den letzten Arbeitnehmer beanspruchen, platzt die Soldatin Bisesa Dutt, die eigentlich in Afganistan eingesetzt war, nun aber plötzlich in London auftaucht und erzählt, die hätte die letzten fünf Jahre auf einer Art Parallelerde verbracht, wo sie erfahren musste, das die sogenannten "Erstgeborenen" vorhaben, die Erde zu vernichten.
Recht skeptisch überprüft man Dutts Angaben und findet tatsächlich heraus, das in einer Art kosmischen Billiard genau zu Christi Geburt ein ganzer Planet durch das Sonnensystem katapultiert wurde und in die Sonne eindrang. Die dadurch entstandenen Schockwellen haben sich über die Jahrhunderte so lange aufgeschaukelt, bis es nun zu dem Eingangs erwähnten Vorläufer-Sturm und den angekündigten Mega-Sturm kam.
Konsequenzen hat das ganze irgendwie keine, jedoch baut man umso verbissener an den entsprechenden Schutzvorrichtungen. Neben dem Schutzschild zwischen Erde und Sonne werden alle grossen Städte der Erde unter Kuppeln versteckt - in der Hoffnung, das diese dem gewaltigen Hitzesturm standhalten können.
Fünf Jahre nach dem ersten Sturm ist der Tag der Wahrheit eingetroffen und die Menschheit steht so kurz vor der Ausrottung wie noch nie in ihrer Geschichte....
Der Roman von Baxter und Clarke, wovon meiner Meinung nach Baxter den Grossteil geschrieben hatte, liest sich locker flockig als Katastrophenroman mit SF-Anspruch. Die in dem Buch geschilderten Charaktere werden nicht allzusehr ausgeleuchtet, was einerseits den Lesefluss erhöht, andererseits jedoch dazu führt, das man der oder dem entsprechenden keine Träne nachweint, wenn der Charakter aus dramaturgischen oder sonstigen Gründen das Zeitliche segnet.
Die Idee kommt auf, das sich der Roman in seiner Handlung dem Film Armageddon ähnelt, dem muss man aber wiedersprechen - denn der Held hier wird nicht von Bruce Willis gespielt. Dafür gibt Arthur C. Clarke zu jeder passenden oder nicht passenden Gelegenheit Einwürfe aus seinen bisherigen Romanen preis - sei es der Hinweis auf den Fahrstuhl zu den Sternen (Erdstation und Orbit werden mit einem Kabelverbunden, das dann entsprechende Transporte zulässt) oder gar auf Clarkes berühmtesten Roman 2001 - Odyssee im Weltraum. Hier jedoch sind die Übermenschen, die geistig abgehobenen Ausserirdischen, nicht daran interessiert, die Menschheit auf ihrem Weg zu begleiten und sie zu führen, sondern sie aus recht primitiven Neidgefühlen heraus zu zerstören. Warum sie dann den sehr umständlichen und komplizierten Weg des "Planetenbilliard" gewählt haben, bleibt offen - interessant nur der kurze Hinweis im Roman, das nicht alle Ausserirdischen einverstanden seien mit der Vernichtung der Menschheit.
Hier sei auch noch auf den religiösen Charakter des Romans eingegangen. Mit dem Hinweis, das der Planetensturz in die Sonne genau an Christi Geburt stattfand, erklärt nicht nur die Legende nach dem "Stern", dem die Weisen aus Babylon folgten, sondern rückt den ganzen christlichen Glauben in die Ecke "grosser Irrtum". Dieses zieht sich auch im Buch so fort, offenbar möchten Baxter und Clark für ihren Atheismus werben, das ganze ist aber nicht sonderlich gelungen und mutet zuweilen nur noch lustig an.
Ihren Blick in die Zukunft versuchten beide Autoren so realistisch wie möglich zu gestalten und geben sich trotzdem äusserst optimistisch. Das in knapp 30 Jahren Mond und Mars von Menschen bevölkert werden - das erscheint derzeit kaum vorstellbar. Die neue Grossmacht China wird folgerichtig mit ihrer Macht dargestellt - nicht ganz nachvollziehbar ist die dauernd durchklingende Abneigung beider Autoren gegen die asiatische Supermacht. Man könnte einige Passagen gar antichinesisch bezeichnen und spürt eine tiefgreifende Arroganz gegenüber dem fernen Osten.
Das zu guter Letzt die Erdbevölkerung, insbesondere die einzelnen Nationen Hand in Hand gegen den drohenden Untergang kämpfen - jeder Staat seine letzten wirtschaftlichen und finanziellen Möglichkeiten dem einen grossen Ziel widmet ist wunderschön - aber alles andere als realistisch. Das Katastrophenmanagement scheitert schon auf Rügen, wie soll es dann da global funktionieren? Das ganze erinnert auch hier wieder sehr den typischen amerikanischen Katastrophenfilmen, wo nach grossem Bumm viel zerstört wird, aber durch die gute Nachbarschaft und das gemeinschaftliche Arbeiten schlimmeres verhindert werden kann. Mir kommen die Tränen!
"Sonnensturm" ist ein Roman, der wie oben schon erwähnt, leicht zu lesen und durchaus spannend geschrieben worden ist. Ebenso findet der anspruchsvolle Leser allerlei wissenschaftliche Bezüge, die man von Romanen beider Autoren schon gewohnt ist und die man zu schätzen weiss. Jedoch finden sich nachträglich betrachtet in der Handlung etliche Hürden und Ecken, die eine durchwegs gute Bewertung leider vermasseln. Ob es nun an der Zusammenarbeit der beiden Autoren liegt oder an der grundlegenden Konzeption vermag ich nicht zu sagen - ich vermute allerdings letzteres. Der Roman ist ein geeignetes Buch zum vergnüglichen Schmöckern im Urlaub. Da denkt man nicht allzulange über die Handlung nach, sondern lässt sich von der positiven Armageddon-Stimmung gerne mittragen.
Der Sonnensturm - Rezension von Erik Schreiber
Eine Übersicht der Serie gibt es auf der Autorenseite
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