Titel: Sommer der Hexen Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Marmagen ist eines der beschaulichen Eifeldörfer, mit 520 Häusern und 1700 Einwohnern. Daneben beherbergt die Eifelhöhenklinik über 300 Patienten, die man aber nicht zu den Einwohnern dazuzählen darf. Im Ort scheint die Zeit stillzustehen. Das Leben geht seinen gewohnten und geruhsamen Gang, die Menschen lassen sich durch Fremde schon gar nicht aus der Ruhe bringen, sorgen sich um ihr Dorf und erhalten 2006 die Silbermedaille im Wettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft". Aber wenn man den Roman von Georg Miesen liest, hat man den Eindruck, es fehlt das kleine Wort KEINE vor dem Wort Zukunft.
Alles fängt mit einer Gasleitung an, die noch nicht verlegt ist. Die Arbeiter, die den Graben dafür ausheben, finden ein dreihundert Jahre altes Kinderskelett. Bürgermeister Josef Pfahl ist natürlich nicht begeistert und will das Skelett verschwinden lassen, weil er eine Panik im Ort befürchtet. Wenn es aber nur das wäre, ein Skelett. Ein normales Skelett - bis auf die Klauen und die Hörner. Eine Mutation? Weitere Leichenfunde machen dem Arzt Peter Meinert zu schaffen. Er ruft daher in Euskirchen an und erhält bald von der Polizei entsprechende Unterstützung. Bis dann ein für die Leser altbekannter Polizeikommissar des Bundeskriminalamtes die Szene betritt: Wolf Krüger, seines Zeichens Spezialist für seltsame Dinge, nimmt sich der Sache an. Dennoch geschehen weiterhin Dinge, die die Schulmedizin des Arztes Peter Meinert nicht erklären kann, und auch die hinzugekommene Ines Böhringer steht vor einem Rätsel. Immer neue Krankheitsfälle treten auf und stellen sich als eine längst besiegte Krankheit dar: die Pest.
Wolf Krüger und seine Ermittler finden Hinweise, die gar nicht zusammenzupassen scheinen. In der Vergangenheit des Arztes und der Heilpraktikerin scheint es Vorfälle gegeben zu haben, die nach 300 Jahren wieder ans Tageslicht drängen.
Georg Miesen, dem ich den phantastischen Bücherbrief 474 widmete, greift die historischen Personen Abt Norbert Horrichem und Hexenjäger Buirmann auf. Um die wirklichen Personen entspinnt sich eine unwirkliche Handlung. Unter der Einbeziehung des Grusel-Krimis und des modernen Thrillers entsteht ein Roman, der weitaus mehr darstellt als reine Unterhaltung. Ich will nicht so weit gehen und sagen, dass Georg Miesen eine Botschaft transportieren will, doch an manch einer Stelle wurde ich schon nachdenklich.
Die Leser sind den handelnden Personen immer einen Schritt voraus. Sie wissen daher, wohin es geht, wenn die Handlung plötzlich einen Bogen schlägt. Gleichzeitig lässt der Autor die Handlungsträger arbeiten, gibt ihnen Hinweise, die der Leser schneller verarbeitet - und hoffentlich die richtigen Schlüsse zieht. Schrieb ich noch zu "Wolfsherbst", er sei Gänsehaut erzeugend gut, dann müsste ich hier noch eine kleine Spitze draufsetzen.