Titel: Skinner - Der blaue Tod Besprechung / Rezension von Jürgen Veith |
Spatterjay, so heißt der Planet, den Neal Asher als Austragungsort für sein furioses Science-Fiction-Fantasy-Action-Seemannsgarn gewählt hat. Der Wasserplanet ist nichts für Weicheier: Überall lauern unerwartete Gefahren, ganz getreu dem Motto: Fressen oder gefressen werden. Doch die Bewohner, insbesondere die bärbeißigen Kapitäne, sind bestens gerüstet: Durch eine ideale Symbiose mit den einheimischen Blutegeln sind sie nahezu unzerstörbar geworden und wissen sich gegen die vorherrschende Fauna und Flora erfolgreich zur Wehr zu setzen.
Auf dieser Welt landen 3 Besucher: Eine Leiche (!), eine geheimnisvolle Dame und ein unerfahrener junger Mann. Jeder einzelne hat eine spannende Historie und verfolgt seine Ziele: Sei es Unterwerfung, Rache oder auch Erleuchtung! Die 3 schließen sich zusammen und erleben eine Reihe von Abenteuern. Dabei entdecken sie nach und nach, dass ihre Schicksale miteinander verflochten sind...
Das erste Drittel nutzt Asher um seine traumhaft bunt schillernde Kulisse vor dem inneren Auge des Lesers aufzubauen. In bester Jack Vance Manier kreiert er eine Welt, in der die unterschiedlichsten Wesen ihr Unwesen treiben: Hornissen, die sich zu Borg-ähnlichen Schwarm-Intelligenzen zusammengeschlossen haben, KI Einheiten, die sich verselbständigt haben, ein unheimliches Wesen (Der Skinner), das es mit der einheimischen Adaption etwas übertrieben hat, die mysteriösen Prador-Wesen, welche Menschen geistig entkernen und zum einen als ferngesteuerte Marionetten benutzen aber auch als besondere Delikatesse schätzen. Dann wären da noch die Batianer mit ihrer langen Killertradition!
Nachdem Asher die Akteure eingeführt hat, heisst es: Anschnallen, die Rückenlehne hochklappen und sich mental bereithalten für den Turbo, der gezündet wird. Nun sind es nicht mehr nur die 3 Haupt-Protagonisten, die ihre Ziele verfolgen, sondern auch die oben geschilderten Gruppierungen, die allesamt in immer höherem Tempo ein actionreiches Verwirrspiel vor einer farbigen Kulisse aufführen. Jeder versucht den anderen auszuspielen und nach und nach eröffnen sich dem Leser die wahren Motive.
Skinner überzeugt durch einen begeisternden Mix aus Action, Fantasie und einer durchdachten und sorgfältig konstruierten Plot. Die einzelnen Handlungsstränge greifen logisch sinnvoll ineinander und es ist nie zu ahnen, wie es weitergeht! Alle Gegebenheiten, die eher dem Genre Fantasy zuzuordnen sind, ordnen sich klaren strengen Spielregeln unter. Im Mix also: Viel Science und etwas Fantasy.
Damit es nie langweilig wird, meidet Asher seitenweise Beschreibungen von Landschaften, Personen, Gruppierungen etc. Vielmehr werden immer wieder in kleinen Portionen Geheimnisse eingeführt und andere gelüftet. Nach und nach ergänzt Asher seine Beschreibungen - immer in kleinen Häppchen - und das Buch gewinnt an Tiefe. Andere Autoren lassen sich ellenlang über Gegebenheiten aus, zu einem Zeitpunkt, wo dies den Leser noch gar nicht interessiert. Asher dagegen führt zuerst seine Personen ein, weckt dann das Interesse des Lesers und erläutert erst danach die Hintergründe. Das führt zu einer einmaligen Waage zwischen Neugierde und Befriedigung.
Vom Cover her wirkt der Roman eher wie ein Jugendbuch. Auch die bisherige Beschreibung legt die Vermutung nahe. Vorsicht! Skinner ist alles andere als eine softe Fantasy Geschichte, sondern durchzogen von einer gewissen Härte und gruseligen Szenen. Es werden Bäuche aufgeschlitzt, Menschen gekocht und Finger abgebissen. Die Protagonisten geraten in Gefahren, die vom Leser ernst genommen werden. Keiner weiß, wer das aktuelle Kapitel überleben wird!
Ich kann jedem Science Fiction Freund Skinner nur allerwärmstens ans Herz legen. Ich habe einen Heidenspaß beim Lesen gehabt. Am Ende ging das gar so weit, dass ich mir pro Tag nur eine Maximaldosis gegönnt habe um noch möglichst lange in dieser phantastischen Welt verweilen zu dürfen! Gibt es denn überhaupt noch etwas auszusetzen? Wenn man lange genug sucht und entsprechend pingelig ist, ja: Wer Charakterstudien sucht, wird hier sicherlich nicht bedient. An erster Stelle kommt die Kulisse, dann die Story und erst zum Schluss die Protagonisten. Richtig gelesen: Die Geschichte ist wirklich raffiniert und interessant, aber irgendwie scheint sie eher dazu zu dienen, die Kulisse zu untermalen als von dieser getragen zu werden. Die wichtigsten Personen sind schön beschrieben, alle Nebenfiguren wirken jedoch ziemlich schablonenhaft. Ich war mir z. B. ständig unsicher, von welchem der vielen Schiffskapitäne jeweils die Rede war. Zu ähnlich waren diese in ihrer Beschreibung. Ebenso verwunderlich ist es, dass eine KI Einheit zum Haupt Sympathieträger des Romans wird!
Wer nach reiner Action sucht, dem mag es im ersten Drittel mit seinen vielen parallelen Handlungssträngen an Tempo fehlen. Für jemanden, der Tiefe sucht, trifft der gebotene Mix jedoch exakt den Nerv. Das Buch soll in erster Linie dem durchaus anspruchsvollen Leser Spaß machen und erhebt nicht den Anspruch, eine Lehre oder Botschaft vermitteln. Für wen dieses keine notwendige Bedingung ist, bekommt ein Werk der allerersten Güte geboten, das sicherlich noch lang im Gedächtnis hängen bleiben wird.
9 von 10 Punkten
Skinner - Der blaue Tod - Rezension von Andreas Nordiek
Eine Übersicht der Serie gibt es auf der Autorenseite
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