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Reihe: Stargate Atlantis, Band 1 Eine Rezension von Mario Pfanzagl |
Das vorzeitige Ende von Stargate Universe könnte vorerst auch das Ende für das gesamte Stargate Franchise gewesen sein, zumindest was TV-Produktionen betrifft, denn auch der erste Stargate Atlantis-Film "Extinction" (ursprünglich als Ersatz für eine angeblich zu teure Season 6 gedacht) ist nun auf unbestimmte Zeit verschoben wurden. Vorerst sind also Jo Grahams, Amy Griswolds und Melissa Scotts sechs Bücher der als Fortführung von Atlantis-Story konzipierten Legacy-Reihe der zumindest bis 2012 laufende letzte Versuch zumindest eines der Stargate spin-offs fortzuführen.
Schwere Zeiten für die Atlantis Expedition. Nach der Schlacht mit dem Hive in der Erdumlaufbahn in der Bucht von San Francisco gestrandet ist die Zukunft Atlantis und seiner Besatzung ungewiss, denn IOA und US-Regierung sind vorerst wenig gewillt klare Entscheidungen betreffend der Fortführung der Expedition und einer möglichen Rückkehr in die Pegasus Galaxie zu treffen. Nur IOA-Mann Richard Woolsey scheint nicht aufgeben zu wollen und zieht alle Register, um eine Rückkehr Atlantis zu ermöglichen. Doch die Verzögerungstaktik der IOA führt zunächst vor allem dazu dass sich selbst Rodney McKay absetzt und Sheppard aufgrund seiner Insubordinationen in der Vergangenheit in einer karrieremäßigen Sackgasse als de facto Nachtwächter in der vom US Militär beanspruchten Antiker-Stadt wiederfindet, denn nachdem die IOA nicht willens ist Atlantis betreffend klare Entscheidungen zu treffen beanspruchen die USA kurzerhand die zumindest in ihren Gewässern ankernde Stadt und ziehen das alte Atlantis-Personal ab um die Anlage ins Stargate Command einzugliedern.
Einmal mehr in der Pegasus Galaxis scheitert Atlantis Rückkehr nach Lantea jedoch an einem durch die zahlreichen Schlachten der letzten Jahre bedingten Fehler des Hyperraumantriebs und strandet auf einem frostigen Planeten am Rande der Galaxis. Bei den ersten Besuchen auf Welten ehemals Verbündeter und Handelspartner stellt sich jedoch schnell Ernüchterung anstatt Wiedersehensfreude ein. In den wenigen Monaten von Atlantis Abwesenheit haben die Wraith unzählige Planeten heimgesucht wie seit Jahrhunderten nicht mehr, denn eine neue Königin hat sich erhoben und den Namen Death angenommen, um alle Hives entweder zu vereinen oder zu vernichten...
Genau so hätte der Auftakt zu einer sechsten Staffel Stargate Atlantis wohl ausgesehen. So wie Jo Graham und Melissa Scott die turbulente Rückkehr Atlantis jedenfalls beschreiben hätten es wohl auch die Serienmacher gewagt. Die IOA als Blockierer deren Repräsentanten man dazu zwingen muss Entscheidungen zu treffen, solche Szenen kennt man sogar schon seit der Amtszeit Elisabeth Weirs. Dass Atlantis allerdings dann überhaupt zurückkehren darf ist dem Einfallsreichtum einiger altbekannter SG-1 Veteranen zu verdanken, trotz Wirtschaftskrise (wegen der der Bau weiterer Schiffe der Daedalus-Klasse auf Eis liegt) und aufgrund von Engagements im Irak und in Afghanistan stark ausgedünnten US-Streitkräften. Es ist gewissermaßen der harte Boden einer Pseudo-Realität auf dem man sich als Leser wiederfindet, denn trotz allen Errungenschaften der Stargate-Expeditionen ist die Erde eines John Sheppard nach allen Entdeckungen der letzten Jahre nur wenig vorangekommen. So kann man zwar kleinere Schäden an Atlantis dank kompatibler Asgard-Technologien reparieren, größere Anlagen jedoch noch nicht und ZPMs bleiben ebenso Mangelware. Der enorme Energiebedarf Atlantis infolge der Schlacht um die Erde und seiner Rückkehr nach Pegasus führen schließlich trotz 3 ZPMs dazu dass sich Atlantis in einer ähnlich prekären Lage wiederfindet, wie während weiter Strecken der Serie und auch der Drohnenvorrat ist stark geschrumpft. Käme es hart auf hart wäre man wie in den guten alten Zeiten also einmal mehr auf den Erfindungsreichtum der Expeditionsmitglieder angewiesen - back to the roots. Kommt noch hinzu dass sich die Autorinnen sehr konsequent um eine möglichst glaubwürdige Weiterentwicklung der Charaktere bemüht haben und quasi, weil es eben der Auftakt zur Reihe ist, einen Round-up des Atlantis Casts liefern.
Da sich die drei Autorinnen im Sinne einer vernünftigen Arbeitsteilung auch gezielt auf bestimmte Aspekte ihrer Geschichte konzentriert haben wird man in den noch folgenden Büchern auch unterschiedliche Schwerpunkte erleben, was Charaktere anbelangt. So sei zu erwähnen dass sich Melissa Scott nach eigener Aussagen vor allem auf die Wraith, Sheppard, Ronon und Radek konzentriert, während Jo Graham sich Teylas, ebenfalls Sheppards und Radeks, sowie Sam Carters annimmt und Amy Griswold Ronon, Rodney, Radek, Major Lorne und Jennifer Keller versuchen wird mehr Leben nach Season 5 zu verleihen. Anzudeuten in welche Richtung es mit manchen Protagonisten gehen wird versucht Homecoming ja bereits, aber neben der "Wiederbelebung" unserer alten Helden müssen zunächst auch noch sehr viele Pflichtauftritte (und seien sie noch so kurz) absolviert werden, wie Jack O'Neills oder auch Bill Lees.
- Die Charaktere -
Größerer Wandel steht auf jeden Fall Ronon Dex bevor, den Carter schon auf der Erde versucht hat als Berater für eine Expedition der George Hammond in die Pegasus Galaxis anzuwerben und meinte er wäre ideales Offiziersmaterial und hätte es immer noch in sich etwas aus seinem Leben zu machen. Als Atlantis dann aufbricht scheint diese Überlegung dann doch auf Eis zu liegen, zumindest bis Ronon auf eine größere Gruppe Überlebender von Sateda trifft, die sich in der Satedan Guard auf Levanna organisiert haben.
Die lange angedeutete Romantik zwischen Sheppard und Teyla scheint ebenfalls, mit etwas Nachhilfe durch die Autorinnen, wieder neu entfacht zu werden, seit Kanaan für Teyla nur noch ein Freund ist und Sheppard sich in den Monaten auf der Erde rührend um den kleinen Torren John gekümmert hat.
Von Jennifer, Rodney und dem "B-Team" Lorne und Radek erfährt man zunächst eher weniger essenzielles, das auf eine charakterliche Weiterentwicklung hinweist. Und Woolsey scheint sich in den Fußstapfen Elisabeth Weirs unerwartet wohl zu fühlen, als gerade er, der ehemalige IOA-Bürokrat mit Verve für eine Rückkehr Atlantis in die Pegasus-Galaxis eintritt.
Todd wiederum entpuppt sich trotz der Rückkehr als verkappter Sheppard-Fan und meint sogar in Gedanken seinen Verbündeten sogar nicht einmal töten zu können. Dennoch sieht sich auch Todd außerstande zu einer Allianz mit Queen Death nein zu sagen, aber ein gewisses Misstrauen ihr gegenüber bleibt bestehen.
Während Kontrollraum-Frontman Chuck seinen Abgang feiern muss kommt mit der Psychologin Dr. Eva Robinson, die außerdem das ATA Gen besitzt, ein neuer Charakter hinzu, dem schon einmal viel Raum zur Einführung gewidmet wird und wohl auch noch eine größere Rolle wahrnehmen wird.
- Der Status der Pegasus Galaxis -
Das neuerliche Abtauchen Atlantis scheint diesmal weit weniger Folgen gehabt zu haben als noch in Season 3 als eine Gruppe Antiker die Stadt erneut für sich beanspruchte. Zumindest haben die Genii es diesmal nicht geschafft ihren Einfluss spürbar auszuweiten. Im Gegenteil, als Waffenlieferanten sind sie zwar gefragt, die Verheerungen Queen Deaths konnten aber auch sie nicht abwenden und haben daher wohl einiges an Einfluss auch verloren. Ladon Radims Regierung hat unterdessen mit den üblichen Verschwörungen zu ringen, allerdings planen die Genii demnächst auch etwas größeres und wollen daher vorerst Atlantis die Aufmerksamkeit der Wraith auf sich ziehen lassen. Nur Sora Tyrus sinnt auf Rache und will Ladons Pläne eher sabotieren als auch nur im entferntesten Sinne gemeinsame Sache mit Teyla und Atlantern zu machen.
So verheißungsvoll undurchschaubar sich die Genii entpuppen, so einfach macht man es sich mit den weitgehend vereinigten Wraith. Seit diese nun wissen dass die Erde existiert haben sie nun das letzte bisschen Rücksicht auf ihre Nährgründe in der Pegasus Galaxis fallen gelassen und die Hives nicht nur randvoll mit menschlichen Frischfleisch gestopft, sondern auch manche Planeten beinahe ausgelöscht. Für Todd ein ziemlich unvernünftiges Verhalten, doch auch die ersten Vorboten des großen Krieges der sich da nun bereits abzuzeichnen beginnt. Angeführt von der jungen Königin Death, die sich eines alten Mythos von einer ersten großen Wraith Königin bedient, wollen die Wraith scheinbar in absehbarer Zeit über die Milchstraße herfallen und damit eben auch die Erde. Die Frage ist nur wie.
Dass es zu einem heftigen Schlagabtausch kommen wird, bei dem Erfindungsreichtum auf Seiten der Menschheit angesagt ist, deutet auch die Tatsache an dass es auf absehbare Zeit keine neuen Schlachtschiffe für das SGC geben wird und das Militärkontingent auf Atlantis ebenfalls bescheidener ausgefallen ist als es für einen Präventivschlag sein sollte. Hoffnung und vielleicht eine Überraschung birgt nur die Frage des indischen IOA-Abgeordneten S.R. Desai der die Frage in den Raum stellt ob Atlantis auch ein offener Hafen für Raumschiffe anderer Nationen wäre und man erfährt auch davon dass Indien an einem experimentellen Raumschiff arbeitet.
- Kritische Anmerkungen -
Neben manchen Details wie Woolseys plötzliche Lockerheit (er lässt sich nun auf einmal auch Dick nennen) oder unerwartet unsympathischen Rolle Jack O'Neills (die irgendwie an eine negative Abwandlung seiner kurzen Auftritte in Universe erinnert) irritierte mich als Leser und Fan der Serie zunächst vor allem einmal dass in der Innenansicht der Wraith-Kultur diese plötzlich Namen wie Guide, Bonewhite, Iron, Farseer, Bloodrose, Wind, Steelflower, Edge, Snow oder Ease erhalten haben. Ein wenig wie in Star Wars The Clone Wars, man will ihnen keine Nummern geben und hat auch sonst keine besseren Ideen, also mischt man Spitznamen mit irgendwelchen Eigenschaftsnamen. Das hätte auf jeden Fall besser gelingen können.
Ungewöhnlich erweist sich auch dass plötzlich scheinbar selbst hinterwäldlerische Dorfbewohner bestens über Wraith Politik bescheid wissen zu scheinen und hervorragend Auskunft über Deaths Vereinigung der verschiedenen Hive Allianzen geben können. Dass die Wraith trotz der von Michael und seinen Hybriden verbreiteten Hoffaner Seuche noch nicht ausgerottet sind oder keine Schwierigkeiten mehr mit verunreinigter Nahrung zu haben scheinen wird mit keinem Wort erklärt, auch nicht im Zusammenhang mit Dr. Becketts humanitärem Engagement. Aber das ist nicht das einzige was irgendwo irgendwie auf der Strecke geblieben ist, auch Ronons Beziehung zu Amelia Banks wird unter den Teppich gekehrt.
Unerwartet entpuppt sich Teylas Umgestaltung von einer Führerin ihres Volkes zur Außenseiterin, die gedacht war in die weite Welt hinauszuziehen, wie schon ihre Mutter vor ihr. Dagegen schluckt man sogar die Tatsache noch leichter dass Genii und Levanna plötzlich Ränge des US-Militärs etabliert haben und man wieder einmal galaxisweit glaubte Atlantis wäre zerstört worden. Neu ist auch die große Sorge um Atlantis Energieverbrauch, denn mit nur noch 10 Prozent Energie in drei ZPMs glaubt man nicht lange durchkommen zu können. Dem folgt man zwar noch einigermaßen kritiklos, aber die aufgeworfene Frage ob man beim gegenwärtigen Energiestand auch nur begrenzt Pegasus Gates anwählen kann erweist sich dann doch als absurd, denn wie hätte das sonst in Season 1 gelingen können oder hat man diesmal keine Naquadah-Generatoren mitgebracht?
- Sieht so die Zukunft des Stargate Franchise aus? -
Vielleicht zum Teil, denn nach dem Ende von Stargate Universe hat sich auch dessen Cast und Produktionsteam in alle Winde zerstreut. Die alte Crew hinter den Kulissen also für ein neues Projekt zurückzubekommen dürfte sich als schwierig erweisen. Noch gravierender erweist sich jedoch Metro-Goldwyn-Mayers Insolvenz im Spätherbst 2010, wegen der auch der dritte James Bond Film mit Daniel Craig auf unbestimmte Zeit verschoben werden musste. Wie auch immer, es wird dauern bis es mit Stargate wieder weiter geht. Doch genau in dieser Situation soll nun Legacy das für Stargate tun, was die 19 New Jedi Order Romane für das Star Wars Universum getan haben, nämlich mit einem neuen epischen Konflikt die Saga fortzuschreiben und nicht nur mit Romanen zu einzelnen Seasons zu ergänzen. Doch Star Wars-Fans wissen dass dieses "Expanding the Universe" bei Star Wars schon am Beginn der 1990er-Jahre seinen Anfang nahm und die NJO Romane nur ein sehr umfangreicher Versuch waren diese Tradition weiterhin fortzuführen und die Geschichte eben in eine neue Zukunft fortzuschreiben. Das könnten auch die Legacy Romane tun, nicht nur für Atlantis sondern auch SG-1 und vielleicht auch Universe, zumal die Filme ja samt den Serien vorerst auf Eis gelegt wurden. Dass es da zu Kontinuitätsproblemen kommen kann ist verständlich und Star Trek wie Star Wars Fans können ein Lied davon singen, aber wer nicht wagt der nicht gewinnt und ein Franchise bzw. ein Spin-off mit der letzten Folge ganz abzudrehen wird immer mehr Fans schmerzen als dieses mehr oder weniger erfolgreich in einem anderen Medium vor allem günstiger fortzuführen.
Der Terminplan für den Release der weiteren Bände sieht vorerst so aus:
Book 1: Homecoming
Book 2: The Lost
Book 3: Allegiance - June 2011
Book 4: Avengers - October 2011
Book 5: The Secret - Spring 2012
Book 6: The Inheritors - Summer 2012
- Resümee -
Fans wird an Homecoming sicher einiges auffallen das nicht so ganz zum Ende der Serie passt, aber man sollte schon anerkennen wie gut es Jo Graham und Melissa Scott gelungen ist den Charakteren der Show Leben einzuhauchen und einige konsequent weiterzuentwickeln. Wie sie das tun kann und wird nie alle Fans zufriedenstellen, aber der Versuch alleine ist schon viel wert, denn ohne wäre die Geschichte von Atlantis mit der letzten Folge von Season 5 vorbei. Und am Ende ist man gespannt wies weitergeht.