Reihe: Star Wars Eine Rezension von Mario Pfanzagl |
Eigentlich hätte Jedi-Ritter Toro Irana für den Jedi Orden mit Popara the Hutt über die Koordinaten einer Route durch die Indrexu Spirale verhandeln sollen, doch in einem Anfall mörderischer Rage läuft der junge Jedi auf Makam Te Amok und stürzt aus dem Fenster eines Restaurants. Toros Amoklauf hat jedoch Konsequenzen und auf diplomatischen Druck hin entsendet die Neue Republik Jedi Meister Mander Zuma, um zu ermitteln was Toro zugestoßen ist und auch um dessen Mission fortzuführen.
Doch Mander Zuma ist alles andere als das Musterbeispiel für einen der neuen Jedi Meister. Als einer der ersten Schüler Tionne Solusars hat Mander den Weg eines Jedi Archivisten gewählt, auch da er weder sehr elegant im Umgang mit einem Lichtschwert ist, noch weil er sich bedingungslos auf seine Machtfähigkeiten verlassen traut. Auf gewisse Weise ist der Meister somit viel unsicherer als sein verstorbener Schüler, dessen Tod Mander schnell Rätsel aufgibt. Zwar war Toro durchaus keiner der emotional kühleren Jedi, doch ein Wutausbruch wie auf Makam Te erscheint auch seinem alten Meister unwahrscheinlich. Und tatsächlich, irgendetwas scheint Toro verändert zu haben. Eine seltsame spice-artige Substanz könnte für Toros Ableben verantwortlich sein. Doch nicht nur Mander sondern auch Toros Schwester, die pantoranische Schmugglerin Reen Irana und ihr Co-Pilot, der Bothan Eddey Be'ray, sind an der Verschwörung hinter Toros Tod interessiert. Gemeinsam beschließen die drei daher auf Nar Shadaa die Verhandlungen mit Popara the Hutt fortzuführen, einem der scheinbar wenigen gerechten Hutten. Doch ihre Ermittlungen und Schützenhilfe für Popara und dessen Sohn Mika bringen die drei schnell ins Visier eines mysteriösen Spicelords, der für die Verbreitung des mit katastrophalen Nebeneffekten belasteten Tempest-Spice verantwortlich ist...
Nach bzw. neben den großen Kriegen, Krisen und Katastrophen der Trilogien und längeren Zyklen der letzten Jahre hat sich im Expanded Universe auch eine Reihe von Standalone-Romanen und weniger epischen Mehrteilern etabliert, die sich auch hin und wieder mehr oder weniger neuen Charakteren abseits der großen Drei zuwandten. Coruscant Nights, Shadow Games und die beiden Jaden-Korr Romane haben bewiesen der Held muss nicht immer ein Galaxien rettender Skywalker oder Solo sein. Sogar Timothy Zahn höchstselbst schlägt in diese Kerbe, indem er mit seinem nächsten Star Wars Projekt Han Solo, Lando, Chewie und eine Reihe alter und neuer Bekannter in einen Oceans 11-Plot verstrickt. Weg vom großen, hin zum kleineren Drama. Und das angenehme daran, diese mehr abseits gestellten Romane lassen sich auch schon mal getrost überlesen, aber auch mehr genießen. Sie tragen selten zum Voranschreiten der großen Geschichte der weit weit entfernten Galaxis bei, sind aber schon mal humorvoll, reflektiv und kratzen an sonst nie gestellten Fragen. SCOURGE entspricht nun ganz diesem Trend, soweit man überhaupt man überhaupt von einem sprechen kann.
SCOURGE ist eine Art Wiederaufleben der Tradition der Star Wars-Kurzgeschichten, in denen sich die Autoren auch gerne mit aus den Star Wars-Rollenspielen stammenden Charakteren und Plots beschäftigten. Auch diese beschritten schließlich Pfade abseits vom großen Geschehen und der Skywalker-Dynastie. Grubbs Hutt/Spice-Roman basiert sogar direkt auf dessen Rollenspiel-Szenario TEMPEST FEUD (2002), in dem es galt den auf einem unter Blockade durch die CSA stehenden Planeten gestrandeten Mika the Hutt zu retten. Mit einer Empfehlung von Troy Denning (dem Mastermind hinter so vielen Star Wars Zyklen der letzten Jahre) hat es Grubb nun geschafft sein Rollenspielszenario in Romanform zu adaptieren und flugs in die Ära der späten Neuen Republik verlegt, in der es ja ohnehin eher wenig Literatur gibt.
Dass Grubb seiner Lektionen als Autor gelernt hat merkt man bereits an der Öffnung mit einem Knall. Grubb zeigt Toro in der Endphase seiner Tempest-Sucht und schon bevor überhaupt der Name der Droge einmal aufkommt, ihre verheerende Wirkung. Der junge Jedi verliert völlig sein emotionales Gleichgewicht und findet sich auf einem selbstzerstörerischen Pfad aus Aggression und Zorn wieder, der wie wir wissen, normalerweise eine Einbahnstraße auf die dunkle Seite darstellt. Grubb mag zwar allgemein mehr mit Philosophie und Metaphysik (in Bezug auf die Macht und den Jedi Orden) geizen, doch der Autor spielt hier durchaus interessant mit dem "Fall" eines jungen Jedi Ritters.
Was folgt ist weniger eine Macht-lastige Erzählung über den Willen der Macht, ein Zuflüstern durch den Verstorbenen oder der Versuch alte Star Wars-Klischees/Archetypen wie Ben Kenobi zu beschwören, sondern Jeff Grubbs konsequent ausgeführter Ansatz seine Geschichte mehr "realistisch" zu erden. So tritt Toros Meister zunächst eher als eine Art im Außendienst unwohl fühlender mönchischer Charakter. Mander Zuma wird uns durchaus clever als typisch anmutender Vertreter von Lukes erster Generation der neuen Jedi vorgestellt. Spät zur Macht gekommen, bei weitem nicht so sehr mit ihr im Einklang wie die jüngere Generation und eben ein Archivar, der nur deshalb einen jungen Jedi ausgebildet hat weil es dem Orden noch an Meistern mangelte. Doch auch Mander hat seine Qualitäten. Mehrsprachig, intelligent und gelehrt, wenn auch kein ausgebildeter Diplomat, so doch eine gute Wahl mit einem Hutt zu verhandeln und Ermittlungen anzustellen.
- Die Hutten -
Auch im weiteren Verlauf der Geschichte greift Grubb auf bewährte Erfolgsrezepte zurück. So präsentiert er die Hauptcharaktere zunächst allesamt halbwegs sympathisch und stellt sogar die Anjiliac-Hutts als positivere Abkömmlinge ihrer Spezies dar. Anstatt großer Reichtümer hat sich Popara the Hutt lieber Loyalität gesichert, immerhin ist seine "Familia" eher eine der mittleren bis kleineren Hutt-Familien und mit Syndikaten wie dem Jabbas kaum konkurrenzfähig. Bei seinen Söhnen fühlt man sich jedoch mehr an "Der Pate". Auf der einen Seite der huttischere Zonnos, dem die Skrupellosigkeit seiner Artgenossen mehr liegt, auf der anderen Seite der Michael Corleone der Familie - Mika, der verhätschelte jüngere Sohn, der Poparas gemäßigten Wesen entspricht. Smart, Basic sprechend und hilfsbereit ist Mika jedoch auf Endregaad gestrandet, das mittlerweile unter Quarantäne durch die CSA steht. Verständlich, wenn sich die beiden Brüder nicht unbedingt lieben und Zonnos das geringste Problem damit hätte wenn Mika dort verbleiben würde. Doch Popara hat auch eine "Adoptivtochter", Vago, ehemals aus einer von Popara vernichteten rivalisierenden Hutt-Familie stammend ist sie gewissermaßen die rechte Hand des ältlichen Huttlords geworden. Auch wenn Popara schwört er würde nicht mit hartem Spice, wie Temepest dealen, was man ihm sogar glaubt, irgendjemand mit Verbindungen zu seinem Haushalt scheint es zu tun.
Der mysteriöse Spicelord könnte jeder der drei jüngeren Hutten sein. Doch der Schurke bleibt für lange Zeit im Dunkeln und tritt nur in Szenen als verschleierter Auftraggeber für seine Mittelsmänner und Söldner in Erscheinung. Allerdings bleibt es dem Leser überlassen zu spekulieren wer der Spicelord ist. Jeff Grubb gibt sich wenig Mühe bei Begegnungen mit den Hutten Verdachtsmomente zu beschwören. In manchen Augen durchaus eine Schwachstelle des Buchs. Im Rückblick wird so manchen die Auflösung dann auch deshalb enttäuschen, weil es so wenig Hinweise gab oder man eine elaboriertere Variante vermutet hätte. Dabei lässt sich ohne zu spoilern behaupten, Jeff Grubb hat durchaus ein ausgefallenes Finale für SCOURGE bereit, wenn er es logischerweise auch nicht allen recht machen kann.
- Die Helden -
Weniger ist mehr, mag ein Ratschlag gewesen sein, den sich Jeff Grubb auch aus einem Creative Writing Workshop mitgenommen hat und ein von seinen Fans gefeierter Autor wie Drew Karpyshyn immer wieder gerne vorexerziert. Anstatt erschöpfenden Beschreibungen über Hintergrundgeschichte und Gedankenwelt von Charakteren lieber subtile Anspielungen und dafür eine geringere Seitenzahl, damit die Handlung (als Aneinanderreihung von Action- und Spannungsszenen) mehr zum Tragen kommen kann. Nur allzu viel ist in dieser Hinsicht auch nicht gerade los. Mit der Konzentration auf das "wichtige" und essentiellere kommen auch die mehr kritisierbaren Aspekte zum Vorschein.
SCOURGE verfügt ja über vier nicht zu vernachlässigende Protagonisten, die allesamt interessante Aspekte zu bieten haben. Die ältere Schwester, die ihren Bruder zwar nicht so gut kannte, aber dennoch nicht einfach so gestorben lassen sein will, ihr vielseitiger Co-Pilot, der Held wider willen und eine CSA-Offizierin, die über ihren Schatten springen muss, um zu einer weiteren helfenden Hand zu werden. In dieser Gruppendynamik entsteht zwar hin und wieder ein heiterer Moment oder mehr, aber Aklänge an die großen Drei oder die Konstellationen der Michael Reaves-Romane (Coruscant Nights, Shadow Games) sind eher gering. Die Chemie ist leider nicht ganz so ideal.
Reen mag etwa der Prüfstein für Manders Selbstzweifel sein, doch ihre Rolle bleibt ebenso wie die ihres Chewbaccas Eddey eher auf die Unterstützung des Helden beschränkt. Anders sogar die tatsächliche Nebencharakterin Angela Krin, die eine deutlich erkennbarere Entwicklung durchläuft. Man sollte sich allerdings keine Illusionen machen, der Held und einzig wahre Protagonist ist am Titelbild zu erkennen und heißt eben Mander Zuma. Nur macht es einem Mander eben auch nicht so einfach mit ihm mitzufiebern. Der zunächst eher trockene Archivar pflegt Zweifel wie die eines unsicheren Padawans. Auch Paul Kemp hat mit CROSSCURRENT Jaden Korr als einen von Selbstzweifeln geplagten Jedi-Ritter vorgestellt, nur zweifelte der nicht an seinem Skillset, sondern der Rolle der Jedi überhaupt, die zu diesem Zeitpunkt Komplizen der Galaktischen Allianz im Zweiten Galaktischen Bürgerkrieg gewesen waren und moralisch unsicheren Grund beschritten. Wo sich Korr durchaus reizvoll der Frage stellte was es bedeutet ein Jedi-Ritter zu sein, stellt sich Zuma gewissermaßen die Frage ob er als Jedi im Außendienst überhaupt geeignet ist.
- Resümee -
Für meinen Geschmack ist SCOURGE zeitweise einfach zu lau. Es ist zwar angenehm nach vielen Jahren wieder einmal einen SW-Roman in Händen zu halten, der durch die Star Wars-Rollenspiele inspiriert wurde und im Grunde eine ganze Palette von erfolgversprechenden Zutaten enthält. Selbstzweifelnde Jedi die über den Verlauf einer Geschichte endlich mit sich ins Reine kommen gab es in den letzten Jahren aber auch einige. Zayne Carrick in den Knights of the Old Republic Comics beispielsweise, dem es als Padawan sogar noch mehr an Selbstvertrauen fehlte als einem Mander Zuma. Oder eben Jaden Korr, der sich zwar seiner Fähigkeiten bewusst, aber etwas tiefsinniger mit der Frage beschäftigte was einen Jedi nun überhaupt ausmacht. In beiden Fällen spielte sich die persönliche Unsicherheit allerdings vor dem Hintergrund eines größeren Konflikts der jeweiligen Ära ab, während der unverbesserliche Pechvogel Zayne durch die Mandalorianischen Kriege stolperte, rang Jaden Korr mit den Folgen des letzten Krieges und der Rolle der Jedi-Ritter in diesem. SCOURGE und Mander Zumas Reise hätten jedoch von der Alten Republik bis 40 Jahre nach Endor angesiedelt können, wie das RP-Szenario auf dem das Buch eben basiert. Da fehlt schon mal etwas.
Was an SCOURGE bemängelt werden kann ist die Art und Weise wie der Roman von seiner Ära loslösbar ist. Er fügt im Grunde nichts hinzu oder erklärt das vielseitige Universum, in dem sein Roman spielt. Die Corporate Sector Authority (CSA) tritt zwar hier erstmals seit langem in einer entscheidenden Rolle wieder auf (das letzte Mal spielte sie eine derartige Rolle in den fast schon antiken Han Solo-Romanen Brian Daleys), bleibt jedoch auf ihre Rolle als farblose überbürokratisierte paramilitärische Polizei beschränkt.
- Etwas persönliche Meinung -
Die Zutaten für einen soliden Spannungsbogen sind vorhanden, aber das ganze wirkt für mich zu sehr nach einem Malen nach Zahlen. Es fehlen schlichtweg "die" Innovationen, großen Momente und dramatischen Szenen. Ich würde sogar noch soweit gehen meine Unzufriedenheit mit Mander Zuma als Protagonisten darauf zurückzuführen, dass er nur ein weiterer selbstzweifelender Jedi Ritter ist und im Grunde kaum herausragende Eigenschaften mitbringt, die man an seinen Ordensgenossen in den letzten 20 Jahren nicht schon bestaunen durfte - zu farblos. Und die interessant angelegten unterstützenden Charaktere reißen das Ruder auch nicht rum. Im großen und ganzen blieben meine Erwartungen da deutlich enttäuscht zurück. Wer damit etwas anfangen kann, SCOURGE erinnerte mich an einen der schwächeren Romane Troy Dennings.
Fazit:
Ein mittelmäßiger Star Wars-Roman, der Potential für mehr ausgewiesen hätte.