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Titel: Schwarzspeicher Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Der Graphik-Designer Meph ist ein relativ sorglos lebender Mensch, der sein einfaches Leben dadurch sichert, dass er Oberflächen für Pods herstellt und so sein Geld verdient. Seinem sorglosen Leben als Netzbewohner frönt er, indem er seinen Alltag als Stream ins Netz stellt. Diese Idee stellt sich im Nachhinein als doof heraus, weil er in eine Netzfahndung gerät. Wer einmal in die Klauen des Informations- und Kommunikationsministeriums - kurz IKM - gerät, hat nicht mehr viel zu lachen. Die nach einem verheerenden Terroranschlag geschaffene Sicherheitsbehörde erhält unbeschränkten Zugriff auf sämtliche Daten. Die Macht des Innenministeriums ist so groß, dass per Gesetz der Einsatz von privaten Datenspeichern verboten und jeder, der offline geht, per se verdächtig ist. Der Bürger, durch hervorragende Vorarbeit von Frau Merkel und Herrn Schäuble nun völlig gläsern, wird jederzeit überwacht. (Ab jetzt sollte George Orwells 1984 nicht mehr als Science Fiction, sondern als Sachbuch angesehen werden).
Als Meph durch ein Spiel ins Visier der Fahnder des IKM gerät, beginnt eine rasante Jagd durch die Stadt. Aus Meph, dem sorglosen Bürger, wird Meph, der Gejagte, aber auch gleichzeitig Meph, der mündige Bürger. Während jede Bewegung innerhalb der Stadt aufgezeichnet und jedes Gesicht überprüft wird, verliert er zunehmend die Kontakte zu seinen Freunden im Netz. Meph kämpft, ohne zu wissen warum, immer verzweifelter um sein Leben, seine Freiheit und gegen das System.
Die Entwicklung von Meph wird sehr plastisch, detailliert und eindrucksvoll beschrieben. Dies gilt ebenso für die anderen Charaktere dieses Romans, insbesondere wenn es darum geht, mehr über den geheimnisvollen Ephraim herauszufinden.
Ich bin immer wieder im Netz unterwegs, um zu sehen, welche interessanten phantastischen Titel dort zappeln. Da ich wissen wollte, wann Falko Löfflers dritter Roman herauskommt, hing ich für einige Zeit beim Spreesideverlag fest. Dort fiel mir das Buch Schwarzspeicher auf Grund des Titelbildes auf. Die typische Reaktion eines Rezensenten: „Haben Will“. Das Titelbild wurde von Arndt Drechsler gemalt, der vor allem durch die regelmäßig erscheinende Serie Sternenfaust mit Titelbildern auf sich aufmerksam macht.
Schwarzspeicher ist flüssig geschrieben und spannend obendrein. Tobias Radloff schuf einen Zukunftsthriller, der jederzeit wahr werden kann, wenn er es nicht schon ist. Wer sich heutzutage auf der Straße umsieht, wird überall Kameras bemerken - öffentliche wie private. Mit der geschilderten Informationstechnologie und der entsprechenden Anwendung, bis hin zum viel genannten Bundestrojaner, ist alles nicht nur denkbar, sondern von der jetzigen Regierung machbar. Das BKA (Bundeskriminalamt) gibt an, in NRW 250.000 E-mails überprüft zu haben, aber auch dass sie den Bundestrojaner nicht mehr einsetzen will, der CCC (Chaos Computer Club) habe den Einsatz unbrauchbar gemacht. Ein Test der Piratenpartei zeigte vor einiger Zeit in Ludwigshafen, dass private Kameras ohne Probleme angezapft werden können. So haben selbst Privatleute und Kriminelle und Behörden (wobei es bei diesen dreien durchaus Überschneidungen gibt) die Möglichkeit, recht einfach den Bürger auszuspähen. Tobias Radloff hat eine Handlung entworfen, die so hoffentlich nicht eintreten wird. Auf überzeugende Weise beschrieb er eine beängstigend wirklichkeitsnahe Vision für ein Deutschland der Zukunft. Überdenkenswert ist die Arbeitsweise der Bundesregierung in jedem Fall. Die Welt des Tobias Radloff ist übel beschrieben. Ich hoffe, dass diese Welt nicht eintreten wird und dass er weitere Bücher schreibt. Das erschreckende Ende ist deprimierend.