Titel: Schloss der Engel Eine Rezension von Sonja Buddensiek |
Unzählige kleine Risse durchzogen den gigantischen Spiegel, zerschmetterten seine funkelnde Oberfläche und trübten sie zu matt schimmerndem Silber. Und mit ihm zersplitterte mein Herz in tausend Stücke. Jeder Bruch im Spiegel war ein weiterer Schnitt, der es auseinander riss und gnadenlose Zerstörung hinterließ.
Der Schmerz brannte sich tief in mich hinein und entfachte ein loderndes Inferno. Ich brach schluchzend zusammen. Weder mein Körper noch meine Seele war dieser Qual gewachsen.
INHALT
Als Lynn von ihren Eltern auf ein Internat in Deutschland geschickt wird, ist sie nicht sonderlich begeistert. Doch das Schloss, auf dem sie leben soll, übt einen ungeahnten Zauber aus - genau wie Christopher, ein gut aussehender Mentor, den sie kennen lernt. Die beiden kommen sich näher, doch Lynn begreift, dass das Internat keine normale Schule sein kann mit den seltsamen Unterrichtsfächern, die dort unterrichtet werden. Schließlich findet sie heraus: Sie ist im Schloss der Engel gelandet. Und um sie entbrennt ein Kampf um ihre Liebe, ihre Seele und ihr Leben...
BUCHAUFMACHUNG
Das Cover des Romans ist eindeutig ein echter Eyecatcher! Die Ränder, werden von schwarzen Ranken/dünnen Ästen verziert, alles ist in grau gehalten, sowohl das Wasser als auch der Steg, auf dem das Mädchen steht. Da sticht das rote Kleid natürlich sehr heraus, was einen perfekten Kontrast ergibt. Glatte Oberflächen gefallen mit bei Taschenbüchern normalerweise nicht so gut, hier wurde dies aber ebenso passend ausgewählt wie der Rest der Gestaltung. Wunderschön!
MEINE MEINUNG
Auf den Debüt-Roman des Autorengespanns, bestehend aus Mutter und Tochter, hatte ich mich aufgrund der tollen Aufmachung und der Thematik - Engel - sehr gefreut. Gespannt begann ich also zu lesen, wurde jedoch schon bald in meiner Begeisterung gebremst. Die meiste Zeit musste ich mich leider dazu zwingen, weiterzulesen. Und das hat sich bis zum Ende nicht gebessert...
Jessica und Diana Itterheim besitzen einen sehr ansprechenden Schreibstil, der für ein Jugendbuch recht ungewöhnlich ist. Glaubwürdig und mit schönen Beschreibungen wird Lynns Umgebung gezeichnet und ihre Gefühle dargebracht. Sie erzählt selbst aus der Ich-Perspektive im Präteritum, weswegen das Ganze natürlich etwas einseitig ist. Der Einstieg geht recht schnell, noch auf den ersten Seiten macht sich das Mädchen auf an den neuen Ort, von Italien nach Deutschland. Warum genau ihre Eltern aber wollen, dass sie dort ihren Abschluss macht, wird nie klar.
Lynn ist eine extrem anstrengende Protagonistin. Sie benimmt sich so gut wie nie ihrem Alter entsprechend, sondern eher wie ein gerade in die Pubertät gekommenes 14jähriges Teenie-Mädchen. Sie ist launisch, eifersüchtig und erschreckend naiv. Außerdem kann sie sich nicht selbst helfen und muss permanent beschützt werden. Immer wieder begeht sie große Dummheiten, bei denen man nur den Kopf schütteln kann und bei denen sich einem unwillkürlich eine Feststellung aufzwingt: Nämlich, dass sie leider einfach, ich muss es so sagen, blöd ist. Ihr Gegenpart Christopher dafür ist irgendetwas zwischen gefährlich-interessant und langweilig-perfekt. Mal lässt er den großen Retter raushängen, dann wieder ist er ein bedrohlicher Racheengel - das will alles nicht zusammenpassen, weswegen er blass bleibt und man letztendlich nur eines weiß: Er ist wunderschön, ja perfekt! Natürlich.
Ansonsten wird mit einer Fülle an Figuren aufgewartet; einer solchen Fülle, dass man sich nur schwer merken kann, wer nun wer ist. So ist es beinahe unmöglich, bei einigen etwas Tiefe zu entdecken. Lynns Freundinnen in der normalen Welt sind hauptsächlich oberflächliche Nervensägen, von denen eine zu eben solchen Eifersuchtsattacken neigt wie sie selbst. Im Schloss der Engel sind hingegen alle wunderbar und nett, was sie ebenso klischeehaft macht. Und die Bösewichte sind so stereotyp, dass es gar nicht zu fassen ist: Einzig und allein auf Rache aus, wollen sie Verderben bringen, was leider nicht besonders weit ausgeführt wird. Einzig Aron, einer der Engel aus dem Schloss, ist einigermaßen interessant mit der Undurchschaubarkeit, ob er nun Feind ist oder Freund.
Lynns Liebe zu Christopher und umgekehrt ist zu keiner Zeit auch nur ansatzweise nachzuvollziehen. Die beiden kennen sich 5 Tage, es sind 100 Seiten vergangen, da spricht das Mädchen bereits von Liebe und als Leser fragt man sich, wann das denn passiert sein soll. Da ist keine Chemie, keine Anziehung, einfach kein Gefühl. Stattdessen verstrickt sich Lynn bald in Eifersüchteleien, während er sich immer wieder unnahbar gibt und das Ganze geht den altbekannten Weg: Sie ist naiv und er muss sie retten. Zudem gibt es auch in der Geschichte drumherum einige Ungereimtheiten: Die Hauptperson findet vom normalen Internat einen Weg ins Schloss der Engel und ist plötzlich in einer vollkommen anderen Umgebung, auch mit anderen Schülern - und wundert sich nicht einen Moment lang! Stattdessen hört sie einfach sowohl bei Einweisungen als auch im Unterricht kein einziges Mal zu, damit sie auch ja alles verpasst. Sie fällt lieber permanent in Ohnmacht oder bricht in Tränen aus. Letzteres tut sie sicherlich um die 100 Mal, was irgendwann ins Lächerliche ausartet.
Wenigstens der Plot selbst ist ansatzweise interessant. Zwei Gegenspieler gilt es zu besiegen, die es auf Lynns Seele abgesehen haben. Das Problem bei der Sache ist nur: Dass die beiden sie immer wieder in gefährliche Situationen bringen können, liegt einzig und allein daran, dass sie so infantil ist, dass sie sogar beispielsweise mit einem derer, die Christopher in der Vergangenheit großes Leid zufügten, einen Pakt eingehen will. Da ist es dann auch kein Wunder, wenn das schief geht. Dennoch ist der Showdown recht interessant und fast schon spannend gestaltet. Nur der letztendliche Schluss ist wieder arg kitschig und vorhersehbar - mit einem solchen Ende habe ich von Anfang an gerechnet. Schade, dass hier so viel Potenzial verschenkt wurde...
FAZIT
Von "Schloss der Engel" erwartete ich eigentlich einen fesselnden und berührenden Trilogie-Auftakt. Stattdessen bekam ich eine den letzten Nerv raubende Protagonistin, eine nicht nachvollziehbare Liebesgeschichte und einige Logikfehler geboten. Einzig und allein der Kampf zum Ende hin war einigermaßen interessant. Ansonsten bin ich leider maßlos enttäuscht und werde die Reihe wohl nicht weiterverfolgen. Für Leser, die auf Kitsch und schnelle Liebesbezeugungen stehen, sicherlich das Richtige! 2 Punkte.