Serie / Zyklus: Barrayar Band 1 |
Die mehrfache Hugo Preisträgerin Lois McMaster Bujold ist vor allem durch den Barrayar-Zyklus bekannt geworden. Dieser wird nun vom Heyne Verlag neu aufgelegt und gibt den Fans und denen, die es werden wollen, die Gelegenheit, den gesamten Zyklus in chronologischer Reihenfolge zu lesen. Ich gehörte zur zweiten Kategorie und wollte mir von dem - trotz der vielen Preise - umstrittenen Zyklus einen eigenen Eindruck verschaffen. Der vorliegende Roman Scherben der Ehre ist die erste Hälfte des Doppelbandes Cordelias Erbe, der außerdem auch noch den Roman Barrayar umfasst. Mit ihm beginnt der Barrayar Zyklus.
Scherben der Ehre schildert das Kennenlernen von Cordelia Naismith, Kommandantin eines Betanischen Raumschiffes, und Aral Vorkosigan, einem barrayaranischen Adeligen und Vertrauten des Kaisers. Diese beiden werden einmal heiraten und ein Kind bekommen: Miles Vorkosigan, den eigentlichen Hauptprotagonisten des Zyklus. Bevor es allerdings soweit ist, müssen die beiden allerlei Abenteuer und Intrigen bestehen, denn die Völker der beiden befinden sich miteinander im Krieg und sind durch unterschiedliche Kulturen geprägt. Zudem ist Vorkosigan bekannt als "Schlächter von Komarr" und damit das Betanische Feindbild schlechthin. Nicht jedem ist eine Liaison recht und so wird Cordelia von ihrem Volk als Kollaborateurin verdächtigt. Cordelia flieht und begibt sich auf die Suche nach Aral, ihrer großen Liebe.
So startet der Zyklus, den der Heyne Verlag in wirklich schöner Form aufgelegt hat. In glänzender Schrift ist Barrayar auf den matten Hintergrund des Covers gesetzt. Gleich 2 Romane pro Buch werden zum Preis von einem geboten. Als Sahnehäubchen gibt es noch ein Nachwort der Autorin. Hier wird viel Buch für wenig Geld geboten. Nur der Schriftsatz ist ein wenig eigenartig. Bis zu 80 Zeichen wurden in eine Zeile reingequetscht. Das schreckt ein wenig ab, macht beim Lesen allerdings kein wirkliches Problem.
Hat man nämlich erst einmal angefangen, liest sich das Buch in einem Rutsch durch. Es zischt wie ein kühles Pils an einem heißen Sommertag. Ex und hopp! Schon der Einstieg ist gelungen. Man wird nicht sogleich überhäuft mit Personen, Gruppierungen, Planeten etc.. Vielmehr fängt es mit der kleinen beschaulichen Welt zweier Gestrandeter an. Da jeder die Welt des anderen nur sehr wenig kennt, erläutern die Protagonisten sich diese gegenseitig und weihen dadurch auch den Leser in die Hintergründe ein. Durch diesen geschickten Schachzug findet sich der Leser sofort zurecht.
Insgesamt sind die Handlungsverläufe etwas zu naiv, ja geradezu trivial ausgestaltet. So wird beispielsweise durch ein paar nette Worte und etwas Aufmerksamkeit seitens Cordelia gegenüber dem Koch des Feindes dieser im Nu zum Freund. Allzu glatt werden Situationen gemeistert und wird über komplizierte Details hinweggegangen.
Die Heldin ist wie einst Dr. Kimble ständig auf der Flucht. Gut, dass es um sie herum nur Tölpel zu geben scheint. Diese springen auf jede noch so fadenscheinige Argumentation an und haben nicht den leisesten Zweifel an Cordelias Absicht. Ich finde, der Leser verdient es, dass solche Situationen besser und vor allen Dingen glaubwürdiger ausgearbeitet werden. Damit es noch deutlicher wird, hier ein konstruiertes und überspitzes Beispiel:
„Nach dem Mord schaut sich Lisa gehetzt um. Sie hat immer noch das Messer in der zitternden Hand. Ihre Bluse ist blutverschmiert. Überall sind Menschen, die nach ihr suchen. Sie geht um die Häuserecke und läuft in die Arme eines grimmig dreinschauenden Polizisten. Sie reagiert schnell: „So was blödes, da war ich gerade beim Messerschleifen und mein Kleiner spritzt mich mit Farbe voll!“ „So ein Frechdachs, kann ich Ihnen helfen?“ „Ja, ich muss dringend zum Flughafen, können sie mich hinbringen?“ „Einer Frau in Not helfe ich immer gerne“ etc.“
So in etwa habe ich oftmals die Auflösung brenzliger Situationen empfunden. Und wo der Autorin überhaupt keine Antwort eingefallen ist, gibt es einfach einen Szenenwechsel. So ist es möglich, dass die Heldin als Gefangene in einem Kriegsschiff (!) auf unerklärliche Weise ein Shuttle kapern und flüchten kann. Wie dies genau geschieht, spielt für die Autorin anscheinend keine so große Rolle!
Dieser Stil ist sicherlich nicht für jeden Leser akzeptabel. Wer sich auf den Barrayar Zyklus einlässt, sollte über solche Dinge hinwegschauen können. Belohnt wird er durch eine schöne Kulisse, in der sich sicherlich viele gute Stories ansiedeln lassen. Soviel ist schon beim Lesen des ersten Bandes zu erahnen.
Durch die Geradlinigkeit lässt sich der Roman sehr flott durchlesen. An keiner Stelle hat der Leser das Gefühl, einen Knoten im Kopf lösen zu müssen. Im Gegensatz zu Zyklen von Reynolds oder Asimov sind bei McMaster Bujold Personen und nicht Universen die Träger der Handlung. Dies verstärkt den Seifenoper-Charakter. Die Vernunft sagt: Das taugt nichts! Trotzdem will man wissen, wie es weitergeht.
Fazit: Keine große Literatur, jedoch ideal für den Urlaub am Strand, für die lange Bahnfahrt oder als Bettlektüre für Menschen, die schnell müde werden.
7 von 10 Punkten
Barrayar, Band 1 - Rezensionsübersicht
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