Reihe: Die Dunklen Mächte, Band 1 Eine Rezension von Sonja Buddensiek |
Der Dachboden.
Oha, das war genauso übel wie der Keller, vielleicht noch schlimmer. Ich dachte nicht daran, einem Geist da hinauf zu folgen.
Gute Entschuldigung.
Es ist keine.
Du willst gar nicht mit ihnen reden. Nicht wirklich. Du willst die Wahrheit im Grunde gar nicht wissen.
Na toll. Jetzt brauchte ich mich nicht mehr nur mit Dereks Provokationen befassen, jetzt begann schon meine eigene innere Stimme, sich so anzuhören wie er.
Ich atmete tief ein und schob mich durch die Öffnung.
INHALT:
Chloe hat sich eigentlich immer nur gewünscht, normal und wie alle anderen zu sein. Von dieser Vorstellung kann sie sich jedoch verabschieden, als sie plötzlich beginnt, Geister zu sehen - und deswegen vor den Augen ihrer Mitschüler einen Zusammenbruch hat. Ihre Familie schickt sie nach Lyle House, wo noch weitere Jugendliche mit Problemen leben und wo ihr geholfen werden soll. Doch Chloe weiß, dass das, was sie gesehen hat, kein Schizophrenie bedingter Ausfall war. Und dann stellt sie fest, dass auch einige ihrer Mitbewohner besondere Kräfte haben...
MEINE MEINUNG:
Nachdem die "Darkest Powers"-Reihe der kanadischen Fantasy-Autorin Kelley Armstrong zuerst auf Deutsch beim PAN-Verlag erschien, wird die Reihe nun von Droemer Knaur im Taschenbuch-Format neu aufgelegt. Dabei wird sich von der Aufmachung her mehr ans Original gehalten, was gefällt. Erzählt wird die Geschichte aus der Ich-Perspektive der 15-jährigen Chloe. Der Schreibstil ist dabei sehr jugendlich und die Gedankengänge sind manchmal etwas pubertär, insgesamt ist das Ganze aber gut und angenehm zu lesen.
Chloe ist eine sehr naive Protagonistin, die ich persönlich zu Anfang wenig verstehen konnte - denn sie macht sich gern selbst etwas vor und lässt nur selten Gedanken zu, die in eine Richtung abseits des Mainstreams gehen. Im Laufe der Handlung gibt sich das jedoch zu einem großen Teil, und sie stellt auch selbst fest, dass sie manchmal etwas infantil ist. Das macht sie gleich sympathischer und ihre Art und Weise nachvollziehbarer. Ansonsten verstrickt sich die Autorin grade zu Anfang in ihren Charakterisierungen des Öfteren in Klischees. So gibt es hier die schnell gefundene neue Freundin; eine der Hauptperson übel mitspielende Feindin; einen hübschen und auch einen eher nervigen Kerl...Armstrong gelingt es jedoch, sich da wieder hinaus zu manövrieren - zum Glück!
Denn das Stereotyp mit der guten Freundin Rae bleibt zwar bestehen, bei den sonstigen Figuren tun sich aber durchaus noch andere Eigenschaften auf. So hat Feindin Tori tatsächlich kein leichtes Leben, und der gut aussehende Simon interessiert sich eigentlich gar nicht so sehr für seine Mitmenschen wie man meinen könnte. Auch der etwas grobe Derek entpuppt sich als auf verschiedene Weisen interessanter junger Mann - da sind Äußerlichkeiten ja nun wirklich unwichtig. Die sonstigen Charaktere bleiben zumeist etwas blass, dies ist aber nicht weiter schlimm, da es ja hauptsächlich um die Jugendlichen geht. Auf eine Überraschung im Bezug auf eine ganz bestimmte Person darf man sich aber schon mal gefasst machen!
"Schattenstunde" erzählt hauptsächlich die Geschichte von Chloes Zurechtfinden mit der Gabe, Geister sehen und mit diesen sprechen zu können - und dieser Aspekt nimmt einen großen Teil ein, bei dem sich einiges des Öfteren wiederholt. Zum Beispiel ihre anfängliche strikte Weigerung, das Offensichtliche zu akzeptieren. So entstehen nach dem sehr spannenden und gruseligen Prolog erst einmal ein paar Längen. Diese werden dann ab etwa der Hälfte des Romans aber von sich überschlagenden Ereignissen ausgebügelt, die den Fortgang der Story jedoch nicht hektisch werden lassen. Ab hier stimmt beinahe alles, und der Leser wird endlich absolut mitgerissen. Besonders gefiel mir hier übrigens der geringe bis kaum vorhandene Romantik-Anteil. Sehr erfrischend, dass die Liebesgeschichte nicht im Vordergrund steht!
Die Geister sind hier ansonsten [noch?] nicht permanent anwesend, ein oder zwei Szenen sind aber durchaus ordentlich gruselig, was das Buch wunderbar von sonstigen Romanen mit immerzu freundlichen Geistern abhebt. Es gibt viele Fragen, von denen nur wenige beantwortet werden, und die einen gespannt weiterlesen lassen, weil man die Antworten wissen möchte. Der Autorin gelingt es durchaus, den Leser zwischenzeitlich auf eine falsche Fährte zu führen, um dann mit einer Wendung zu triumphieren. So geschieht es auch am Ende, das ein wenig erschrocken und mit einem ziemlichen Cliffhanger zurücklässt. Die Vorfreude auf den Nachfolger ist da garantiert!
FAZIT:
Kelley Armstrongs "Schattenstunde", Band 1 der "Darkest Powers"-Reihe, zieht sich anfangs etwas und besitzt eine Protagonistin, die sich erst entwickeln muss. Die Story selbst ist jedoch sehr interessant und manchmal richtig gruselig. Ich vertraue hier auf eine Steigerung im nächsten Teil, den ich auf jeden Fall lesen werde. Sehr gute 3,5 Punkte!