Reihe: Jorge und Hippolit, Band 3 Eine Besprechung / Rezension von Sebastian Hallmann |
Inhaltszusammenfassung:
Der Meisterermittler Hippolit und sein Gehilfe Jorge werden zu einem Fall der besonderen Art gerufen. In Barlyn, dem Reich der Zwerge, wurde ein hochrangiger Beamter ermordet. Der Tatort gibt jedoch Rätsel auf. Man findet einen Abschiedsbrief, offensichtlich von eigener Hand geschrieben. Doch wie passen die 28 großen Stahlnägel, die dem Minister in den Schädel gerammt wurden mit einem Selbstmord zusammen? Als dann auch noch Gerüchte um ein riesiges Monster in den tiefsten Tunneln der Stadt auftauchen, haben die beiden Ermittler alle Hände voll zu tun.
Kritik:
Die Vermengung der Genres Fantasy und Thriller erscheint zunächst vielleicht etwas abenteuerlich, ich muss gestehen dass auch ich zu Beginn etwas kritisch war. Zumal dann auch noch unter dem Klappentext ein Hinweis auf ein großes “Augenzwinkern” gegeben wird – zwangsläufig kamen bei mir als Pratchett-Freund dabei gleich Verbindungen zur Stadtwache von Ankh-Morpork in den Kopf. Und ein Abklatsch ist ja bekanntlich nie sonderlich schön zu lesen. Aber ich ließ mich natürlich auch gerne eines besseren belehren.
“Der Schädelschmied” ist bereits der dritte Band aus der Hippolit & Jorge-Reihe und so finden sich an manchen Stellen schon Hinweise auf die vorangegangenen Romane. Diese sind allerdings dezent gehalten, so dass auch der unbeleckte Leser (also so wie ich) sich nicht sonderlich gestört davon fühlt – es ist also nicht zwingend notwendig, “Der Elbenschlächter” und “Der Orksammler” vorab gelesen zu haben. Das ist auch ganz gut so, denn unter anderen Umständen hätte ich ein ansonsten spannendes und atmosphärisch interessantes Buch vermutlich schnell wieder in die Ecke gefeuert. Das Autorenduo fängt den Charakter der gigantischen Zwergenstadt gut ein und lässt ein plastisches Bild im Kopf des Lesers entstehen, welches sich teilweise doch schon etwas von den gängigen Fantasy-Klischees abhebt und an manchen Punkten auch deutliche Bezüge zur realen Welt aufweist. So geht Jorge im letzten Drittel auf ein großes Fest welches… ach, das sollte man selbst gelesen haben. Die Krimistory selbst ist dabei spannend geschrieben und bindet die für Fantasy ja oft im Raum schwebende Magie gut mit in die Vorgänge ein. Man hat nicht den Eindruck, dass sie eingesetzt wurde, um Logiklücken zu kaschieren (was wegen der Schlüssigkeit nicht notwendig ist), sondern einfach aus einem Grund: die Geschichte noch interessanter zu gestalten.
Die Charaktere sind leider etwas klischeehaft ausgefallen. Man mag nun sagen, dass das ein durchaus gewünschter Effekt gewesen ist, ich jedoch fand die stereotypischen Zwerge und Trolle insgesamt etwas zu schwachbrüstig. Sicherlich entdeckt man hier und da eine gewisse Eigenständigkeit, doch bleibt über weite Strecken das Gefühl, dass man einfach die gängigen Genre-Konventionen zu einer großen Suppe vermischt hat, die zwar nicht schlecht schmeckt, aber auch nicht außergewöhnlich ist. Einzig Hippolit selbst ist eine Figur, die ich als durchaus eigenständig bezeichnen würde – und die einzige Hauptfigur, die in diesem Roman mit einem etwas dichteren Hintergrund aufwarten kann. Ansonsten sind die Darsteller in “Der Schädelschmied” eben typische Fantasykreaturen, die leider großteils austauschbar sind. Vielleicht wäre es zumindest in dieser Hinsicht von Vorteil gewesen, die ersten beiden Bände zu kennen.
Stilistisch möchte ich mich hingegen nicht beschweren. Schumacher und Lossau schreiben gut, wollen nicht zwingend “phantastisch” wirken sondern präsentieren “Der Schädelschmied” in einem sehr lockeren Ton. Das passt gut zu den immer wieder einfließenden zotigen wie auch humoristischen Passagen (von denen viele auf die Schippe des Trolls Jorge gehen). Man sollte allerdings keinen feinsinnigen Humor wie den des Herrn Pratchett erwarten, hier läuft das alles viel direkter und “straight in yer face” ab.
Fazit:
“Der Schädelschmied” hat mir deutlich Lust auf die ersten beiden Teile der Reihe gemacht. Zwar sind die Charaktere zu großen Teilen Abziehbilder des Fantasy-Genres, allerdings stimmen die Geschichte und die Atmosphäre, ebenso war der launige Humor sehr angenehm. Lesenswert, wenn auch keine ganz große Kunst.
Bewertung: 7/10 Punkten