Serie / Zyklus: ~ Besprechung / Rezension von Oliver Faulhaber |
Wie vereint man Cyberpunk und asiatischen Mystizismus? Diese Frage scheint sich Alexander Besher mit seinem Erstlingswerk (dem mit MIR und Chi bereits zwei weitere Novels of Virtual Reality folgten) gestellt zu haben, und auch wenn das Resultat nicht wirklich überzeugen kann, sind zumindest einige interessante Ansätze und Ideen vorhanden - wo sonst hat man denn schon von "interaktivem Sushi" gehört?
Während Gibson in seinen Büchern den japanischen Einfluss eher gering hält, macht gerade das einen Schwerpunkt Beshers aus. Nicht nur technologisch und modisch orientiert man sich nach Osten, sondern vor allem im geistigen Bereich macht sich der Wandel bemerkbar: Da werden Haras gescannt, Chakras verstopft und Chi-Energien entfesselt - Begriffe und Konzepte, die den Meisten hier zu Lande vollkommen fremd sein dürften. Gerade dies scheint Besher jedoch ändern zu wollen, ohne gleich in die Esoterik-Schublade gesteckt zu werden.
Dazu lässt er den Protagonisten Frank Gobi, immerhin Universitätsdozent und ehemaliger Privatermittler, Bewusstseine herunterladen und Energien spüren, als wäre es das Natürlichste auf der Welt. Diese Gaben sind es, die sich der mächtige Satori-Konzern zu Nutzen machen will, um nach einem Systemabsturz, das, sowohl in der virtuellen als auch der wirklichen Welt, ausgebrochene Chaos wieder zu beseitigen. Man schickt ihn nach New Tokio, wo er immer tiefer in ein verwirrendes Gemisch aus verrückten Tibetern, Wirtschaftskriegen und letalen Viren verstrickt wird. Zu allem Überfluss hat New Tokio seit dem Mega-Beben 2023 die ungemütliche Eigenschaft, jeden Tag für zwölf Stunden zu "verschwinden", ein Phänomen, das nicht nur Gobi Kopfschmerzen bereitet.
Die Atmosphäre, die anfangs noch einen gewissen Charme besitzt, baut mit fortschreitender Länge des Buches stetig ab, und auch das Ende enttäuscht etwas.
Alles in allem also ein recht durchwachsener Roman, der für meinen Geschmack zu viel Wert auf Mystizismus legt und zudem aufgrund einer teils wirren Handlung nicht wirklich zu fesseln weiß - auch ein paar japanische Fremdwörter weniger hätten nicht geschadet.
Bewertung: 6 von 10 Punkten