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Reihe: Sandman Slim, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Früher, ja früher, da war James Butler Hickock Stark der beste Magier von Los Angeles. Und das mit neunzehn Jahren. Ein neidischer Konkurrent aus dem Magierzirkel ermordet seine Freundin Alice und schickt ihn in die Hölle. Erst als er brennend auf einem Friedhof erwacht, in einer Bar die Tageszeitung liest, wird ihm klar, er hat elf Jahre in der Hölle verbracht. Die Welt der Lebenden hat ihn wieder.
Und jetzt ist er wieder zu Hause. Ein Messer von Azazel, befestigt mit Basiliskenhaut und eine goldene Münze an einer Kette - das sind die Dinge, die er aus der Hölle schmuggeln konnte. Neben diesen Mitbringseln hat er noch zwei wichtige Sachen im Gepäck: Rachegelüste und Wut auf seinen ehemaligen Konkurrenten.
James war elf Jahre in Luzifers Sphären eine Attraktion. Der erste lebende Mensch, der je dort ankam. Elf Jahre lang diente er dort als Vergnügungsobjekt, weil er einfach nicht sterben konnte, aber auch nicht wollte. Die höllischen Schergen, Hellions genannt, konnten sich ausgiebig mit ihm beschäftigen. Erst erfuhr er die weniger guten Freuden der Folterung, dann schickten die Hellions ihn in die Arena. Für die Hellions folgte ein jahrmarktähnliches Spektakel nach dem anderen. James Stark wurde in der Arena täglich aufs Neue umgebracht, doch er starb nicht wirklich und am nächsten Tag stand er in alter Frische wieder in der Arena. Gevierteilt, gequält, gefoltert, zerrissen, zerhackt, zerfleischt, sämtliche Knochen gebrochen, doch James starb nicht. Diese Ungeheuerlichkeit weckte das Interesse des Höllenfürsten. Er bildete James zu einem Assassinen aus. Ein Meuchelmörder im Dienste des Höllenkaisers Luzifer, seiner Teufelsgeneräle Beelzebub und Azazel und seiner adligen Diener, die doch so weit über dem übrigen Höllengesöcks stehen. Quasi ein Höllendiener, der Höllendiener im Dienste der Hölle meuchelt. In seiner Eigenschaft als Meuchelmörder soll der unter dem Namen Sandman Slim bekannt gewordene Stark ein besonderes Opfer ausschalten. Zu diesem Zwecke überlässt Lizifer ihm den Schlüssel für die Kammer der dreizehn Türen. Diese Kammer gewährt Zugang zu jedem möglichen Ort und Stark nutzt die Flucht zurück auf die Erde. Und damit sind wir wieder am Anfang, wo sich James brennend auf einem Friedhof wiederfindet.
Seine Rache führt Stark zu einem alten Bekannten. Kasabian ist eine ziemlich widerliche Figur aus dem alten Magierzirkel, in dem Stark früher Mitglied war. Kasabian weiß, was damals wirklich passierte. Es dauert nicht lange, bis Sandman Slim entdeckt, wer ganz oben auf seiner Todesliste stehen wird: Mason, der Chef des magischen Zirkels. Die Angestellte in Kasabians Videoladen, die Schwarze Allegra, hat die Nase voll von ihrem Arbeitgeber und beschließt, sich James Stark anzuschließen. Ein Feldzug auf Leben und Tod beginnt, den James mit nur wenigen Vertrauten bestreitet. Er kämpft gegen die Höllenbrut der Unterwelt.
Richard Kadrey schreibt gekonnte Dialoge - pointiert, kalt, scharf. Rasanter, actionreicher, skurriler und spannender Horror mit einem Übermaß an Humor, wobei selbst blutige Szenen nicht wirklich abstoßend wirken. Mit Witz entstand ein abwechslungsreicher, kreativer Roman, ein unmöglich gutes, erfrischendes Lesevergnügen. Der Autor schert sich wenig um Konventionen, versucht aber auch nicht, Tabus um ihrer selbst Willen zu brechen. So gibt es bei ihm eine magisch ausgerüstete Nazigang, die gern Schutzgelder erpresst, etwa im Laden von Carlos. Doch der kann mit Sandman Slim ein Abkommen treffen. So hilft Sandman ihm und darf dort lebenslang kostenlos wohnen, essen und trinken. Für einen Quasi-Unsterblichen ist lebenslang ziemlich lang. Richard Kadrey präsentiert allerhand skurrile Geschöpfe, Orte und Ereignisse. Alles zusammen wird zu einer Geschichte, die ein E. A. Poe oder H. P. Lovecraft auf Speed geschrieben haben könnten, mit einer Art Humor, die einem Robert Asprin würdig wäre. James erzählt aus der Ich-Perspektive, und so erlebt der Leser eine Hauptperson, die sich planlos in einen turbulenten Racheplan stürzt, als gäbe es kein Morgen mehr, sehr direkt und persönlich. Als ich den Roman las, musste ich an Frank Schweizer denken, und seinen Roman Grendl.
Angeblich ist geplant, den Roman zu verfilmen. Wir werden sehen.