Reihe: Star Wars Eine Rezension von Mario Pfanzagl |
Hätte RIPTIDE nicht zu sehr den schalen Beigeschmack einer Fortsetzung, es hätte ein besseres Buch werden können. Doch Paul S. Kemp hat zu stark auf ein bewährtes Erzählschema und eine simple Vermehrung der Bedrohungen gesetzt, um noch innovativ dabei zu wirken. Die einem Debütanten zugestandene Schonzeit in Hinsicht auf solche Dinge ist vorbei, RIPTIDE ist Kemps dritter Star Wars-Roman und auch wenn er in vielen Bereichen immer noch besser abschneidet als andere, so komme zumindest ich nicht umhin eine verglichen mit bisherigen Leistungen Kemps geringere Wertung abzugeben. Hoffen lässt vor allem, dass Kemp mit RIPTIDE bereits bewiesen hat, sich an Feedback zu orientieren und das Fundament für einen weniger "Fortsetzung" schreienden dritten Teil bereits gelegt sein könnte.
~ Detailfassung ~
Drei Finger, Blut und seine Zweifel hat Jaden Korr auf jenem namenlosen Mond hinter den Grenzen des bekannten Raums zurückgelassen, auf dem er einem wahnsinnigen Klon Kam Solusars und einem unbekannten Anzati-Attentäter begegnet ist. Doch dafür hat er einen Schüler und neue Selbstsicherheit als Jedi gefunden, auch wenn die Zerstörung des Sith-Dreadnaughts im Orbit Meister Relin Druur das Leben gekostet hat. Doch der Klon war nicht allein. Mit dem Schiff des Agenten der One Sith sind die Klone aus ihrem eisigen Gefängnis ausgebrochen und nur ein Jedi ist in der Lage sie rechtzeitig aufzuhalten, Jaden Korr. Diesmal ist er nicht allein, konnte er Großmeister Skywalker doch davon überzeugen den machtsensitiven Navigator Marr Idi-Shael zum Jedi auszubilden. Weil er sich dazu anbietet ist auch der Pilot der Junker, Khedryn Faal, wieder mit von der Partie. Diese Unterstützung kann Jaden auch gut gebrauchen, denn neben der von ihnen gejagten Schiffsladung Jedi-Sith-Klonen haben es einmal mehr auch die One Sith auf ihn abgesehen. Neben Kell Douro hat Darth Wyyrlok nämlich noch andere Agenten mit ganz besonderen Fähigkeiten auf Lager, die nicht notwendigerweise Machtsensitive sind. Um Jaden ein für allemal auszuschalten, festzustellen ob sich unter den Klonen ein "Prime" befinden könnte und um die geheimnisvolle Iteration einzusetzen, greift Wyyrlok auf die Nenn-Geschwister zurück, Umbaraner die in der Lage sind nicht nur Machtfähigkeiten sondern sogar die Klingen von Lichtschwertkristallen zu stören...
Mit CROSSCURRENT scheint Paul S. Kemp schon mit seinem Debüt die Verantwortlichen bei Del Rey und LucasBooks so überzeugt zu haben, dass sie ihn gleich für den zweiten The Old Republic-Roman DECEIVED einspannten. Mit diesem verblüffte der Newcomer dann auch alteingesessene Fans und nun knüpft RIPTIDE dort an, wo CROSSCURRENT aufhörte, im Orbit eines unbenannten frostigen Mondes irgendwo weit hinter dem Outer Rim. Genau dort - "wo die Drachen lauern" - hat Jaden seinen Weg aus jener Sinnkrise gefunden, in die sich unzählige Jedi nach dem letzten Bürgerkrieg gestürzt sahen. Wie kann man einen solchen Helden der das Ende seiner Odyssee bereits schon erreicht noch überraschen und herausfordern? Indem man ihn auf eine andere Weise mit sich selbst konfrontiert. Sprichwörtlich. Erfahrenere Sci Fi-Konsumenten werden bereits erahnen mit welchen Elementen Kemp in diesem Zusammenhang zu hantieren beginnt und auch wo sich das Potential für eine mögliche Fortsetzung in den nächsten Jahren verbergen könnte.
- Von Zeitreisen zu Klonen -
War die in CROSSCURRENT zentrale Zeitreise ein Novum, das gerade einmal theoretisch in mancher Sekundärliteratur (etwa den uralten FactFiles) angedacht worden war, Klone und deren Neigung sich als wahnsinnig zu erweisen sind es nicht, schon seit der Geburtsstunde des Expanded Universe und dem irrlichternen Joruus C'baoth. Kemp beweist dass er auch als "Frischling" im EU seine Hausaufgaben gemacht und die ihm zur Verfügung gestellten Essential Guides studiert hat (wenngleich er manches in den Augen pedantischer Zeigenossen vielleicht wieder zu liberal interpretiert hat). Aus Großadmiral Thrawns Befehl einige Klonzylinder zu verlegen und einen mental stabileren Jedi für seine Zwecke zu klonen macht Kemp nun ein ganzes Klonprojekt und dessen Versuchssubjekte stehen dem irren Meister C'baoth in nichts nach, man meint sogar ein wenig von dessen spezifischen Wahnsinns auch in ihnen zu erkennen. Anders als C'baoth leiden Thrawns Klon-Jedi jedoch an einer degenerativen Erkrankung, die ihr Leben massiv bedroht und sie auf der Suche nach Mitteln ihr Leiden zu lindern zu blutrünstigen Mördern werden lässt. Mörder die durch Lumiyas Klon Seer in Verbindung zu einer geheimnisvollen "Mutter" zu stehen scheinen, deren Ruf sie bedingungslos folgen zu glauben müssen.
- Zur Handlung I: Der Themenmix -
Angesichts des eher bescheidenen Umfangs seines Romans hat sich Paul S. Kemp einmal einer breiten Themenvielfalt angenommen, die selbst das Autoren-Trio Allston/Denning/Golden mit ihrer Fate of the Jedi-Reihe vor Neid erblassen lassen könnte. Dabei bewegt sich Kemp jedoch eher auf den Spuren Michael Reaves oder Steve Perrys, sein Held ist einer der "kleinen Leute" dessen Schicksal nur indirekt auf die große galaktische Politik Einfluss nehmen könnte. So ist auch Luke Skywalker für ihn vor allem die ferne graue Eminenz, der Mensch mit dem er über seine Probleme, Sorgen und Nöte sprechen würde ist Kyle Katarn, der leider nur erwähnt wird. RIPTIDE ist wie CROSSCURRENT ein Roman dem Kemp je nach Sichtweise vielleicht zuviel zugemutet hat. Die Klone wurden zwar bereits im ersten Teil dieser "Jaden Korr-Duologie" eingeführt, doch nun stehen sie im Mittelpunkt, wie zuvor der Sith-Dreadnaught. Dazu gesellt sich einmal mehr ein sinistrer Plot der One Sith, die Jaden nicht bloß nach dem Leben trachten, sondern lebend benötigen, um sich so einen Spion im Jedi Orden zu verschaffen. Nach dem Fast-Machtbegabten Anzati-Attentäter sind es zwei Meuchelmörder die genau dessen Gegenteil darstellen und Machtkräfte unterdrücken können, ganz ohne Ysalamiri. Nebenbei erfährt man einiges über Jadens eigene Hintergrundgeschichte, aber auch mehr über die in den Schatten agierenden One Sith. In Summe ein interessanter Mix, aber im Detail oft doch wieder zu wenig. Kemp reißt interessante Themen an, kann diese dann aber oft nicht mehr weiter ausbauen. Sogar die "Klon-Thematik" käme zur Sprache, nämlich inwieweit ein unter völlig anderen Umständen aufgewachsener Klon dennoch Charaktereigenschaften seines Vorbilds teilen würde. Einige Fragen bleiben außerdem offen.
- Jaden Korr: The lost years -
Ein Ärgernis in CROSSCURRENT war es, dass der damalige Neuling Paul S. Kemp für manchen Geschmack zu wenig von Jaden Korrs doch sehr bedeutender Vorgeschichte eingebracht hat. Immerhin hat dieser als Jedi Schüler schon den Geist und die Anhänger eines antiken Sith-Lords bezwungen, dieser, Marka Ragnos, war zudem ja nicht irgendwer. Davon ist in RIPTIDE zumindest bereits die Rede. Kemp scheint sich die Kritik bzw. das Feedback nach CROSSCURRENT zu Herzen genommen zu haben. So lobenswert das auch ist, auch in RIPTIDE ist er für seine Möglichkeiten nicht weit genug gegangen. Aus Jadens Konflikt mit den Jüngern von Ragnos, eventuelle Verbindungen zu den One Sith (die immerhin auch auf Korriban residieren) und dergleichen wird nicht eingangen. Dass Darth Wyyrlok, der nun auch erstmals beim Namen genannt wird, aber ein besonderes Interesse an Jaden entwickelt hat durchaus mit dessen Vergangenheit zu tun und einer erschütternden Wahrheit. Von Jaden erfährt man nebenbei auch dass ihm schon vor Jahren ein Meistertitel angeboten worden wäre, er aber die Verantwortung eines so hohen Amtes scheute. Nun da er sich mit Marr eines Schülers angenommen hat, deutet Großmeister Skywalker in ihrem Gespräch jedoch an, dass sich das ja ändern könnte. Dass Jaden das Zeug dazu hätte ein Jedi Meister zu sein (und immerhin ist er zu diesem Zeitpunkt ja auch schon deutlich über 40) beweist er mehrfach, ohne dabei zum Übermenschen zu mutieren. Kemp zeichnet Jaden, geklont wie auch als Original, sehr sympatisch, wobei er seine Stärke nicht in Machtkräften sondern einer Art höheren Moral bzw. bestimmender Ethik manifestiert. Von soldatisch anmutender Treue zum Orden und seiner Mission geprägt, sowie jenen Skrupeln, die ihn schon in CROSSCURRENT an Kyle Katarns Lehre von der Macht als Werkzeug zweifeln ließen, ist Jaden dem mönchischen Jedi-Ideal früherer Zeiten sehr nahe. Jadens Auftreten als Wiedergänger eines typischen enthaltsamen Kriegermönches ist jedoch nicht ganz freiwillig, wie Kemp explizit festhält. Vielmehr hat es sich einfach so ergeben, dass er seine Eltern bei einem Unfall früh verloren hat und Onkel Orn bei dem er aufgewachsen ist, im Zuge der Yuuzhan Vong Invasion auch ums Leben kam. So lebt er nun quasi in den Baracken des Jedi-Tempels und auch nicht als Meister sondern devoter Ritter, der sich dem Willen der Macht und den Idealen des Ordens fügt. Exzellentes Heldenmaterial, weil ihn dabei auch nicht viel in Versuchung führen kann, für "persönliche Ziele" oder den Schutz einer Familie skrupellos auf die dunkle Seite zurückzugreifen.
- Marr, der neue Schüler -
Einen der interessantesten Charaktere mit denen Paul S. Kemp das EU bereichert hat ist natürlich Marr Idi-Shael, mit dem man die Hoffnung zu verbinden wagen könnte einen neuen Ki-Adi Mundi (immerhin haben sie die gleiche Spezies) heranwachsen zu erleben. Der Großmeister macht jedoch rasch deutlich, dass er auch eine Gefahr in der Ausbildung des bereits älteren Marr erkennt. Nicht wegen dunklen Vorahnungen, Visionen oder charakterlicher Schwächen, sondern weil Marr seine Ausbildung vielleicht nicht abschließen könnte und nach Luke gibt es nichts gefährlicheres als eine Sache nur halb abzuschließen (eine Lektion für die er ja einst mit dem Verlust einer Hand bezahlen musste). Da sich die Handlung RIPTIDES in nur wenigen Tagen abspielt sind Marrs Fortschritte verständlicherweise eher begrenzt, vieles kommt nur begrenzt zum Tragen, was aber die Tür für eine mögliche Fortsetzung offen lässt.
- Die Charakterzeichnung -
Eine Wohltat mit der sich Paul S. Kemp von nicht wenigen im EU tätigen Autoren abzuheben versteht ist sein Talent interessante Charaktere zu erschaffen, wobei er sowohl innovativ wie auch sehr konsequent an diese Sache herangeht. Entweder gab es Charaktere wie sie Kemp verwendet noch nicht oder sie wurden noch nie so durchgehend glaubwürdig beschrieben. Im Grunde eine gute Leistung, die unter den oft unterdurchschnittlichen seiner Star Wars-Autorenkollegen als sprichwörtlich herausragend gelten kann. Kemps Romane sind kürzer, aber dafür auch hintergründiger als der Durchschnitt. Frei von Fehlern ist aber auch er nicht. So kann er seine Charakterdarstellungen in RIPTIDE beim überlebenden Anteil des Casts, wie eben Marr und Khedryn nicht gerade vertiefen und auch Jaden gerät noch einen Tick mehr als im Vorgänger ins Hintertreffen, denn die Antagonisten-Riege wurde sichtbar aufgefüllt und will natürlich auch ausgiebig vorgestellt werden. Vielleicht auch eine der Fananregungen, immerhin ist Darth Wyyrloks großer Auftritt gekommen. Dafür macht RIPTIDE vieles "richtig" was an Legacy of the Force und Fate of the Jedi ausgesetzt wurde. Für Jaden Korr ist Großmeister Luke Skywalker etwa eine Respektsperson, die hier mehr als Graue Eminenz und deutlich großmeisterlicher in Erscheinung tritt als man sie in 18 Bänden LotF und FotJ erleben durfte und dass nicht alle Jedi das Hin und Her im Zweiten Galaktischen Bürgerkrieg so hinnehmen konnten ist auch einmal notwendig zu erwähnen gewesen. Womit Kemp in RIPTIDE allerdings zu ringen hat ist es seine Handlungsstränge zusammenzuhalten, denn zwei Sith-Agenten, ein Heldentrio und eine schrumpfende Anzahl Klone, sowie eine dunkle Macht im Hintergrund wollen koordiniert werden. In DECEIVED ist Kemp genau das besser gelungen weil er mit weniger Charakteren zu jonglieren hatte, RIPTIDE ist da fast ein Rückschritt. Die mehr oder weniger offensichtlichen Mankos stehen jedoch einigem gegenüber das für RIPTIDE spricht, wie bereits erwähnt so mancher Klarstellung und glaubwürdigen Inszenierung die große Reihen in den letzten Jahren schmerzlich vermissen ließen. In diesem Vergleich schneiden die eher unterdurchschnittlich umfangreichen, mit ähnlichen Themen arbeitenden, doch in Bezug auf das schriftstellerische Handwerk oft ungleich besseren Romanen Kemps auch besser ab.
- Handwerklich: Die Handlung, der Spannungsbogen und mehr -
Dass Jaden in RIPTIDE die entkommenen Klone jagen wird ahnte man bereits am Ende von CROSSCURRENT, was den scharfen Augen einiger Beobachter damals schon als etwas wenig Stoff für eine Fortsetzung erschien. Hatte Kemp in CROSSCURRENT mit primär drei Handlungsfäden begonnen, setzt er dies nahtlos fort. Soweit so gut, man ist also immer noch dort wo CROSSCURRENT aufhörte. Anstatt eines durch die Zeit geschleuderten Sith-Kreuzers ist es nun eine Schiffsladung voll irrer Jedi-Sith-Klone die es aufzuhalten gilt und auch die vakante Stelle eines Sith-Agenten wird rasch nachbesetzt. Da kann durchaus ein wenig Unmut über diese "klassische Fortsetzung" aufkommen, wenn eben nach dem selben Rezept nur mit veränderten Zutaten nachgekocht wird. Ohne zuviel zu spoilern und daher chiffriert, Kemps Klon-Saga (ASM) mag zwar einer guten Idee des Autors entsprungen sein, zumal sich vor ihm noch keiner seiner Kollegen im EU an einer solchen versucht hat, aber sie ist ein wahrer Overkill, zuviel des guten. Ein doppeltes Lottchen wäre noch leichter verkraftbar gewesen. Dabei fing es noch deutlich besser an, ehe Kemp zunehmend mit Klischees zu punkten versuchte. Klone namens Soldier, Seer, Alpha, Two-Blade oder Runner, müsste nicht sein. Als wäre das noch nichts genug ruft dann noch eine Macht-Entität (Abeloth lässt grüßen) die Klone zu sich, als wären diese in ihrem Zustand auf sich allein gestellt nicht bereits gefährlich genug. Fast meint man Kemp würde mit seiner Duologie versuchen der FotJ-Serie Konkurrenz zu machen und nach einer Schiffsladung Sith halt mit weniger gefährlichen Klonen und Schmalspur-Abeloth weitermachen. Positiv anzumerken ist jedoch dass Kemps Konstruktionen ausnahmslos glaubwürdiger wirken, selbst auf weniger Seiten und mit weniger Szenen in denen er das zum Ausdruck bringen kann. Kemp geht mehr auf den Leser zu, erzeugt besondere Momente die zu Kristallisationspunkten der Handlung und Charakterzeichnung werden und kann dennoch nicht auf Wasser wandeln. So hart es klingen mag, besonders wenn man DECEIVED und CROSSCURRENT mochte, RIPTIDE erinnert in vielerlei Hinsicht zu sehr an eine typische Fortsetzung die vor dem Dilemma steht entweder Leser durch das Beschreiten neuer Wege zu vergraulen oder durch ein Beharren auf alten Rezepten zu enttäuschen. Mehr vom selben, aber doch nicht das was man erwartet hätte. Das Potential wäre dagewesen.
- Zur Handlung II: Fortsetzung folgt? -
Seit Del Rey verlautbart hat, dass man das Star Wars Programm von langjährigen Serien auf mehr Einzelromane, Trilogien und auch Duologien umstellen will ist alles anders im EU. Eine Ära die mit The New Jedi Order und 19 Bänden begann, sich über Dark Nest, Legacy of the Force und Fate of the Jedi auf sage und schreibe 40 Bücher erstreckte (Einzelromane und E-Books in diesem Zeitraum nicht miteingerechnet) geht zu Ende. Was das im konkreten heißt wird man noch sehen, eines durfte man aber bereits in den letzten Jahren beobachten, manche "Einzelromane" wirken nicht unbedingt als könnten sie ohne Sequel auskommen, wie CROSSCURRENT oder auch Timothy Zahns ALLEGIANCE. Und nachdem auch RIPTIDE einiges offen lässt, Jaden Korr in Fate of the Jedi immer noch "nur" Ritter ist liegt die Vermutung auf der Hand dass RIPTIDE eines Tages Teil 2 einer Trilogie sein könnte und die sind ja nach einer Faustregel fast immer problematisch (The Empire Strike Back einmal außer Acht gelassen). Dass auch halbwegs geschlossene Enden noch für Fortsetzungen taugen und selbst Trilogien zu Quadrologien werden können hat einst Douglas Adams mit The Hitchhikers Guide to the Galaxy vorgemacht und jüngst wurde ja auch die immer schon etwas diffus als nicht so ganz aufeinander aufbauende Trilogie auftretende Coruscant Nights-Trilogie mit Jedi Dawn (2013) zum Vierteiler erweitert. Gerade die Rakatantischen Technologien, welche die One Sith wieder ausgegraben haben beinhalten Potential, ebenso die Möglichkeit die Existenz von Darth Krayts Anhängern in weiteren Romanen zu verankern.
- Die dunkle Seite -
Das faszinierende an Paul S. Kemps Star Wars-Romanen ist mit Abstand dessen Talent glaubwürdigere Charaktere zu erschaffen, als man sie aus dem EU ansonsten gewohnt ist. Gerade auch was die dunkle Seite betrifft. Darth Wyyrlok I. etwa, manche vermuteten nach CROSSCURRENT der erste Wyyrlok wäre vor seiner Karriere als Sith-Lord Jurist gewesen, was aufgrund dessen sprachlicher Eigenheiten und der aus der angloamerikanischen Film- und Serien-Welt bekannten Praxis Anwälte als Mittelsmänner einzusetzen durchaus naheliegend ist. So erinnert der im Konferenzraum auf Korriban Nyss Nenn zu seinem neuen Auftrag verpflichtenede Wyyrlok auch an eine Art Geschäftsführer, Prokuristen oder Parteisekretär, der sich durchaus bewusst ist die Pläne seines Vorgesetzten nicht zu kennen, aber dennoch treu Folge leistet. Das warum mag offen bleiben, Kemp deutet aber zumindest an, dass die One Sith zu diesem Zeitpunkt (genau wird das wohl noch zu klären sein) eher an eine Mischung aus Verschwörergruppe, Geheimgesellschaft und Sekte angelehnt sein dürften. Kaum 10 Jahre nach dem Ende der Yuuzhan Vong Invasion, aber angesichts der politischen Turbulenzen, kein so großes Wunder und immerhin kann Krayt auch auf Technologien des Infinite Empire (der Rakata, die auch die Sternenschmiede und damit Darth Revans Geheimwaffe schufen) zurückgreifen, über die er möglicherweise durch alte Sith-Holocrone und seine einstige Sith-Mentorin gestolpert ist. Klonexperimente und die Plünderung alter Labore Thrawns betreiben Krayts Sith ohnedies, Stoff für weitere sicher nicht uninteressante Geschichten also.
Gewissermaßen das Highlight auf das man sich als Kenner von Kemps beiden vorigen Romanen zu freuen beginnt ist aber welche besonderen "Agenten" er diesmal aus den Hut zaubert. Kell Douro war bereits faszinierend, doch was Kemp dann in DECEIVED mit Darth Malgus gelungen ist, sollte ihm einen soliden Respekt verschafft haben, hat er aus dem "Vader-Verschnitt" doch einen durchaus tiefsinnigen Charakter geformt, der nicht von ungefähr an einen glaubwürdigen Darth Caedus angelehnt scheint. Diesmal bedient sich Kemps eines Geschwisterpaares, das dem Bestreben der Sith aus den Schatten zuzuschlagen eine ganz neue Bedeutung verleiht, denn die beiden Umbaraner (wie die kalkweiße glatzköpfige Sly Moore, Beraterin Kanzler Palpatines) Nyss und Syll Nenn nehmen das sehr wörtlich. Ähnlich den Ysalamiri können Nyss und seine Schwester Syll Machtkräfte blockieren, indem sie gewissermaßen die Machtsinne eines Opfers verdunkeln, wobei die beiden selbst über keine eigenen Machtkräfte verfügen. Dafür wirkt sich ihr Talent jedoch auch auf von der Macht geprägte Lichtschwertkristalle aus, sodass sie einen Jedi gar doppelt entwaffnen können. Im Kampf gegen einen Jedi-Ritter der von Kyle Katarn ausgebildet wurde jedoch kein sicherer Sieg, immerhin haben Jaden und auch sein Schüler Marr kein Problem damit notfalls auf so unelegante aber effektive Waffen wie Blaster zurückzugreifen. Jacen Solo hätte mit seinem tieferen Verständnis der Unified Force seine Freude an den beiden gehabt, Jaden, seine Verbündeten und auch die Klone müssen jedoch eigene Wege finden sie zu bekämpfen. Glaubwürdig wenn auch nicht klischeefrei ist auch Kemps Darstellung der besonderen Beziehung der beiden Geschwister zueinander, die aufgrund ihres hintergründigen Andersseins sogar auf ihrer Heimatwelt schon eher ausgegrenzt wurden und folglich lieber unter sich blieben, sodass ein starkes Band entstand, das mit Gewalt und Mord zu durchtrennen den ungebändigten Zorn des Überlebenden entfesseln kann
- Schlussbetrachtungen -
Nach eigener Ansicht findet Paul S. Kemp dass RIPTIDE sein bis dahin bester Star Wars-Roman ist. Bei CROSSCURRENT sei er sich noch zu unsicher gewesen und bei DECEIVED war er zu sehr in seiner Kreativität eingeschränkt. Das mag auch daran liegen, dass der Autor selbst viele jener Antworten hat, auf die seine Leser, möglicherweise bis zum nächsten Roman oder dem einen oder anderen klärenden Interview, warten müssen. Vielleicht haben auch die Recherchen und Überlegungen zu manchen der angeschnittenen Themenkreise mehr Spaß gemacht als vom eher minimalistischen Endprodukt zu lesen, dass dann übrig geblieben ist. Ist man mit dem Werk also unzufrieden, meint aber auch dass Kemps Romane sich sehr gerne etwas hinterhältig gestalten und dadurch einen ganz eigenen Reiz gewinnen, entwickelt das Buch dann doch erneut Wiederlesenswert.
Immerhin, Kemp kann es durchaus mit den bestenfalls durchschnittlichen Titeln einer Christie Golden, Karen Traviss, eines Aarron Allston oder Troy Denning der letzten Jahre aufnehmen. Man fragt sich liegt es an der Ära oder den Erzählern? Vermutlich liegt es aber an den Lesern, die einfach schon zu lange mit dabei oder mit zu vielen Schemen der Erzählkunst vertraut sind. Je länger ein Franchise existiert, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich manche Trends und Plots eben wiederholen, gerade auch wenn von Seite der Verlage und Lucas Licensings ausgegangen wird, dass sich die Zielgruppe immer wieder mal verjüngt und das ältere Material nicht kennt. Diese Rechnung kann aufgehen, wer etwa FotJ nie gelesen hat wird sich kaum daran stoßen, wenn Kemp eine dunkle Bedrohung beschwört die an Abeloth erinnert und wessen Appetit auf Geschichten mit Klonen noch nicht übersättigt ist schluckt vermutlich auch das "dreifache Lottchen" leichter, das trifft "Casual Readers" weniger als solche mit ausgeprägter SciFi-Affinität und damit auch die semiprofessionellen Kritiker der diversen Portale. Das dazu, um präventiv bereits einigem Unverständnis und Unmut über nicht-positive Urteile eine Erklärung entgegensetzen zu können, warum es so gekommen ist.
Möglicherweise liegt es aber auch an der Ära, immerhin hat sich auch MILLENIUM FALCON aus der Feder James Lucenos (immerhin einer der großen Fan-Favoriten) als Standalone-Roman und Tie-in zu FotJ nicht als der große Wurf erwiesen, wie seine NJO-Romane, gar nicht zu sprechen von seinen brillanten Tie-ins zur Prequel-Trilogie. Aber wie könnte es an der Ära liegen, wenn doch die Autoren für die Ideen verantwortlich sind? Manch ein Fan mag die "Krise" des EU nach der NJO dem Einfluss Troy Dennings (der immerhin Anakin Solo ermordet hat und seit dem Beginn von Dark Nest den Ton in der Post-NJO-Ära angibt) anlasten, dessen Beiträge in ihrer Qualität ja auch als schwankend bezeichnet werden können. Aber an Kemps Jaden Korr-Romanen war Denning, dessen Einfluss auf diese Ära des EU sich wohl nur mit dem Michael Stackpoles und Timothy Zahns während der 90er-Jahre vergleichen lässt, nicht beteiligt, ebenso wenig wie an Lucenos MILLENIUM FALCON. Das gibt zu denken, zumindest wenn man sich darüber den Kopf zerbrechen will.