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Eine Rezension von Judith Madera (Weitere Rezensionen von Judith Madera findet ihr hier auf fictionfantasy oder auf ihrer Website www.literatopia.de) |
Da die Entwicklung von Androiden zu kostspielig und aufwändig ist, hat sich Resurrection Inc. einen einfacheren Weg zur Gewinnung von Arbeitssklaven gesucht: Sie recyceln Tote. Der menschliche Körper ist schließlich eine perfekte, organische Maschine, die ausgestattet mit einem Mikroprozessor, einem SynHerzen und SynBlut zum modernen Diener wird. Danal ist ein solcher Diener, ohne Erinnerung an sein früheres Leben und dazu geschaffen, stumpf Befehle zu befolgen. Doch Danal hat Visionen, wie Erinnerungen, die aufblitzen. Und er hat eine Persönlichkeit, ist immer noch ein menschliches Wesen, das bald begreift, dass es Opfer einer schaurigen Intrige geworden ist.
Hinter der Resurrection Inc. versteckt sich nicht nur ein skrupelloser Megakonzern, sondern auch der finstere Kult des Neosatanismus. Geschaffen von Konzernleiter Francois Nathans und Danals früherem Ich Vincent Van Ryman, die die neue Religion bis ins kleinste Detail inszeniert haben. Alles daran ist eine Lüge, die aus verschiedensten Kulten zusammengestückelt wurde, um die Menschen zu täuschen. Nathans ergötzt sich an der Dummheit seiner Anhänger, doch Van Ryman wollte aussteigen. Danal kann zuerst nicht fassen, was ihm seine Erinnerungen offenbaren, doch bald ist er wild entschlossen, sich sein Leben zurückzuholen – und die Frau, die er liebte.
Kevin J. Anderson hat mit Resurrection Inc. eine düstere Zukunftsvision erschaffen, die die Ästhetik von Blade Runner mit der abartigen Pseudoreligion des Neosatanismus vereint und dabei moralische Grenzen überschreitet. Der Roman spielt in einer Megacity, in der Soldatengilden und private Sicherheitsleute für Ordnung sorgen. Verletzte oder gar tote Passanten sind unbedeutende Kollateralschäden. Und Diener sind nur das Geld wert, das jemand für sie bezahlt hat. Niemand scheint sich ernsthaft zu fragen, ob in den recycelten Körpern noch ein menschlicher Geist steckt. Außer Francois Nathans, der Danal als Werkzeug benutzen will. Auf den ersten Blick ist er ein stereotyper Antagonist, auf den zweiten Blick erscheint er jedoch als größenwahnsinniger Psychopath und als ein ernst zu nehmender Gegner.
Anfangs ist es schwer, Danal einzuschätzen, da er zunächst seiner Dienerprogrammierung folgt und nicht mehr als ein fleischlicher Roboter ist. Doch als er seine Vergangenheit entdeckt, entfaltet sich ein facettenreicher Charakter, der zumindest teilweise selbst für seine Situation verantwortlich ist. Neben ihm gibt es einige interessante Nebencharaktere, die maßgeblich an der Entwicklung der Handlung beteiligt sind. Einer davon ist der neurotische Techniker Rodney, der nach seinem Tod nicht als Diener enden will und Kontakt zum Krematorium aufnimmt – einer Geheimgesellschaft, die tote Körper verschwinden lässt, bevor die Resurrection Inc. sie in die Finger bekommt.
Resurrection Inc. lässt sich mit der dreckigen Atmosphäre der Megacity, der scheinbaren Allmacht der Konzerne und der Allgegenwart des Netzes dem Cyberpunk zuordnen. Das Individuum führt in der hochtechnisierten Welt einen steten Überlebenskampf und wer zu langsam ist, wird von der rasanten Entwicklung überrannt. Der technologische Fortschritt hat zu großer Arbeitslosigkeit geführt und die Diener verschärfen das Problem. Es kommt regelmäßig zu Aufständen, wobei die aufgeheizte Stimmung in der Stadt Danal so manches Mal gelegen kommt. So kann er beispielsweise in der rebellierenden Masse untertauchen. Auch das Internet hilft ihm dabei, seine Aktionen zu verschleiern und Informationen zu erhalten, wobei man sich manchmal wundert, wie leicht das Netz zu manipulieren ist.
Man merkt dem Roman an, dass es sich um den Debütroman von Kevin J. Anderson handelt, da der Storyaufbau anfangs holpert und unwichtigen Details zu viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Es wirkt ein bisschen, als hätte der Autor Probleme gehabt, seine spannenden Ideen zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzufügen. Hat man sich aber erst einmal festgebissen, vermag Resurrection Inc. in der zweiten Hälfte zu begeistern und da hier so viel kreatives Potential drinsteckt, sieht man auch über den einen oder anderen Makel hinweg. Das Buch ist zudem geradezu typisch für seine Zeit und daher ein Klassiker, den man als SF- bzw. Cyberpunkfan gelesen haben muss. Der Papierverzierer-Verlag hat Resurrection Inc. als schicke Klappenbroschur mit genialem Cover herausgebracht und wird damit wieder einmal seinem Namen gerecht.
Fazit
Resurrection Inc. ist eine dreckige Dystopie, in der Moral und Menschlichkeit von Profitgier und Größenwahn verschlungen werden. Kevin J. Anderson begeistert mit einem reizvollen Mix aus kreativen Ideen und trashiger Cyberpunkatmosphäre, die letztlich so überzeugend ist, dass man über die Macken dieses Debüts leicht hinwegsehen kann.