Serie: Resident Evil #8 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Trotz zahlreicher Rückschläge in der Vergangenheit will die Umbrella Corporation nicht die Finger von der Erforschung des T-Virus lassen. Und so arbeiten die Wissenschaftlerin Emily Ran und ihr Team unter Aufsicht des unsympathischen Institut-Leiters Ren Sprague in einem namenlosen Labor-Komplex in und unter der Musterstadt Racoon-City an einem Heilmittel für einen Gegner, der aus Lebewesen geistlose Monster macht.
Dabei beschreiten sie neue Wege, indem sie sich mehrerer Supercomputer bedienen, virtuelle Welten erschaffen und mit Hilfe einer künstlichen Intelligenz versuchen, in Simulationen Daten über Mortalität und mutagenes Potenzial ihres Forschungsgegenstandes zu gewinnen. Ein integraler Bestandteil der Experimente ist ein Mädchen, Alma Hartline, welches den letzten Ausbruch des T-Virus in Racoon-City vermeintlich überlebte und das nun - in einem Tank mit Nährlösung schwimmend - gleichsam virtuell seziert wird.
Als ein berüchtigter Enthüllungs-Journalist im Auftrag einiger um ihre Rendite besorgter Umbrella-Anteilseigner im Institut auftaucht und beginnt, unbequeme Fragen zu stellen, läuft plötzlich alles schief: Die Forscher verlieren die Kontrolle über die KI, die ersten Infizierten tauchen auf und eine Wesenheit namens Rose übernimmt nach und nach nicht nur die Laboratorien. Emily und ihren Kollegen wird bewusst, dass sich unter ihnen ein Saboteur befinden muss.
Wer glaubte, dass S.D. Perry in sieben Resident-Evil-Bänden das Thema "Umbrella Corporation & T-Virus" hinreichend und - für den Leser - erschöpfend breitgetreten habe, der sieht sich durch Band 8 eines Besseren belehrt.
Die augenfälligste Neuerung ist, dass diesmal nicht Perry als Autorin verantwortlich zeichnet, sondern ein japanischer Roman-Debütant namens Tadashi Aizawa, der sich berufen fühlte, an einem von Media Works und Capcom ausgeschriebenen Biohazard/Resident-Evil-Roman-Wettbewerb teilzunehmen, und dessen Beitrag, Rose Blank, schließlich den zweiten Platz belegte. Egal! Allein die Tatsache, dass nicht länger ausschließlich Stephani Danelle der Serie ihren Stempel aufdrückt, sollte selbst bei ernsthaften Vorbehalten gegen "Fan-Fiction" genug Anlass für Freudentränen bieten. Genährt wird die Hoffnung auf Originalität ex ante durch ein im Vergleich zu den Vorgängerbänden aufwändigeres Romanlayout in Form einiger farbiger und schwarz-weißer Illustrationen (... dass mir persönlich diese Illustrationen auf Grund ihres harmlos-naiven Fan-Girl-Charakters nicht im Geringsten gefallen haben, soll hier allerdings nicht unerwähnt bleiben). Letztlich aber sind alle Äußerlichkeiten zweitrangig, denn - auch wenn es in den Ohren von MTV-Kids anachronistisch klingen mag - bei einem Buch sollte der Inhalt wichtiger sein als die Verpackung.
Auf der stilistischen Ebene werden schnell erste Unterschiede zwischen Aizawa und Perry deutlich. Besticht die Autorin vor allem durch ihre flüssige, routinierte Schreibe, so liest sich der Text des Japaners merklich holperiger; der Nachwortverfasser, der Literaturkritiker Norio Chaki, bemüht in seiner Lobeshymne auf den Roman nicht grundlos das Bild eines "ungeschliffenen Diamanten". Immerhin vermittelt Aizawa dem Leser das Gefühl, er habe beim Schreiben tatsächlich über das nachgedacht, was er schließlich zu Laptop brachte. Ein zweites 'innovatives' Element ist der mehrmalige Wechsel der Perspektive zwischen einer Ich-Erzählerin, Alma Hartline, und einem auktorialen Erzähler. Allein dieser kleine Kniff reicht aus, um die sattsam bekannte Resident-Evil-Schlachthaus-Monotonie zu durchbrechen.
Damit wären wir schon bei den inhaltlichen Aspekten. Und hier weist der Roman bei aller wohlwollenden Betrachtung doch einige gravierende Schwächen auf. Nicht nur, dass Aizawa das x-mal gezeichnete, düstere Bild des Umbrella-Konzerns als Nemesis der gesamten Menschheit unreflektiert kolportiert, auch der 'Verräter-in-den-eigenen-Reihen'-Plot ist genauso abgeschmackt wie das "Hilfe!-Wir-bekommen-die-Labor-Tür-nicht-auf!"-Setting. Zudem geht der an sich originelle Plot um die Verschmelzung von KI, Mensch und T-Virus in einem Erklärungswirrwarr unter, das die zentralen Fragen nach dem Wie, Warum und Wozu schlussendlich doch nicht befriedigend beantwortet.
Eher mittelmäßig wirkt die Zeichnung der Charaktere. Zwar versucht der Autor, sie mit einigen Ecken und Kanten bzw. charakteristischen Merkmalen auszustatten, doch psychologische Tiefe und Lebendigkeit verleiht er ihnen durch das Anhängen von Zöpfen, Bäuchen und kleine Lastern nicht. Daher bleibt der Leser weitgehend unberührt von dem Schicksal, welches die Figuren ereilt.
Zugute halten muss man dem Autor, dass er versucht, eine Geschichte zu erzählen, die mehr ist als eine Aneinanderreihung von öden Monster-, Metzel- und Ekel-Szenen, und er dementsprechend den Gore-und-Trash-Faktor im Vergleich zu Perrys uninspirierten Ma(ts)chwerken in erträglichen Maßen hält. Dass er sich dabei hin und wieder in überflüssigen und langweiligen Details verliert - insbesondere in den Alma-Hartline-Passagen -, mag man ihm gerne nachsehen.
Fazit: Auch wenn Rose Blank mit einigen neuen - nicht immer plausiblen - Ansätzen aufwartet, so hat sich doch unterm Strich am Resident-Evil-Grundkonzept zu wenig geändert, um den Leser wirklich fesseln geschweige denn überraschen zu können.