Reihe: Recluce-Zyklus, Band 6 Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
In einer Raumschlacht zwischen zwei Raumschiffen der "Engel" und der "Dämonen" muss das Raumschiff der Engel auf einem fremden Planeten notlanden. Das Raumschiff wird dabei zerstört und die Besatzung, die zum größten Teil aus Frauen besteht, beschließt, hier zu siedeln. Da ihnen der Planet an sich zu warm ist, beschließen sie, die kühlere, leere Hochebene in Besitz zu nehmen. Diese Hochebene von Candar gehört jedoch anderen Bewohnern und die männlichen Besitzer wollen den neuen Besatzern das Territorium nicht überlassen. Erst recht nicht Frauen, so denken die ortsansässigen Fürsten, obwohl sie mit dem Land gar nichts anfangen können. Die Siedlungswünsche der Engel müssen hart erkämpft werden. Der Amazonenstaat, der hier entsteht, muss einige harte Prüfungen über sich ergehen lassen, bevor er Gestalt annehmen kann.
Unter den gestrandeten Raumfahrerinnen und Raumfahrern befindet sich auch der Ingenieur Nylan. Unter seiner Führung als zentraler Kraft gelingt der Aufbau langsam und schwierig, aber er gelingt. Dank seiner Ausbildung und seinem Erfindungsreichtum gelingt es, aus dem Flüchtlingslager eine Festung zu erbauen, eine neue Heimat für die Fremden vom Himmel. Zudem bemerkt Nylan, dass er magische Kräfte entwickelt. Diese helfen ihm weiter, als er dachte. Nylan ist der Erste, der diese ungeahnten Fähigkeiten einsetzt, um das Matriarchat vor den agressiven Eingeborenen zu schützen.
Wieder ist einer der Handlungsträger ein Ingenieur, der die Dinge ins rechte Lot rücken soll. Nylan der Handelnde, Nylan der Retter. Nylan, der die weißen Magier, die Bösen, fast im Alleingang besiegt. Allerdings ist Nylan nur einer unter vielen, von denen dieser Roman handelt. Es ist weniger die Geschichte von Einzelpersonen, sondern die Geschichte einer Gruppe von Flüchtlingen, Heimatlosen, Ruhelosen, auf der Suche nach einem Neubeginn. Auf einem fremden Planeten müssen sie sich nicht nur zurechtfinden, sondern stellen auch gleichzeitig fest, dass sie sich verändern, magisch begabt werden. Neue Situationen fordern neue Lösungen, die nicht leicht zu finden sind. Ihnen gegenüber steht ein Herrscher, der eine eigene Meinung hat, die von der Meinung, die ihm von außen aufgedrängt wird, abweicht. Dennoch muss er, zu seinem Leidwesen, so reagieren, wie es die Umwelt, seine Untertanen und Fürsten, von ihm erwarten. Durch diesen erzählerischen Trick bleibt eine handlungsübergreifende Spannung erhalten, die auch das episodenhafte Auf und Ab überdauert.
Ein neuer Teil der Geschichte beginnt. L. E. Modesitt jr. nimmt die Insel Recluce aus unserem Blick und wendet sich der tiefsten Vergangenheit zu. Wir befinden uns im ersten Jahr des Zyklus und erfahren das Wie und Warum der Geschichte dieser Insel und der umgebenden Welt. Wir nähern uns dem Beginn der Legende, von der in den Vorbänden so oft die Rede war. Die Gründung von Westwind wird angegangen, aus dem später Creslin, der Gründer von Recluce, kommen wird.
Der Sturz der Engel schlägt ein neues Kapitel des Recluce-Zyklus auf. Die fünf vorangegangenen Bände sind die Nachfolgebände des sechsten Romanes. Somit baut Sturz der Engel weitere Hintergründe auf, damit die Handlungen in den ersten fünf Recluce-Bänden verständlicher werden. Die Namen aus der Vergangenheit der ersten Romane werden lebendig, Länder- und Städtenamen bleiben und helfen so dem Leser, sich wieder zurechtzufinden in den Anfängen einer neuen Welt. Aus diesem Grund kann dieser Roman durchaus als Einstiegsband gesehen werden.
Der Roman an sich war keine Enttäuschung. Stilistisch bleibt L. E. Modesitt jr. seiner Linie treu. Die Geschichte ist, wie auch die fünf Vorgänger, in zwei Zeiten geschrieben. Der Haupthandlungsstrang ist weiterhin in der Vergangenheitsform gehalten und die Nebenhandlungen sind in der Gegenwartsform geschrieben. Mit diesem sechsten Band wird L. E. Modesitts Welt um eine Facette reicher.