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Titel / Originaltitel: Reckless – Steinernes Fleisch (2010) Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Jacob Reckless staunt nicht schlecht, als sich der seltsame Spiegel im Büro seines Vaters als eine Tür in eine andere Welt entpuppt. Erklärt dies das plötzliche Verschwinden seines Vaters? Jacob ist entschlossen, dies herauszufinden, und erkundet eine märchenhafte Welt, die aber auch sehr viele Gefahren birgt. In den folgenden Jahren taucht der Junge immer wieder in die Welt ein, und als er erwachsen ist, hat er seiner alten Heimat vollends entsagt. Alles läuft bestens, bis sein Bruder Will denselben Weg findet. Noch neu in der fremden Welt, wird er von einem Goyl angegriffen und verletzt. Die Steinwesen führen einen erbitterten Krieg gegen die Menschen und der Fluch einer Fee bewirkt, dass jeder, der von ihnen verletzt wird, ebenfalls zu einem steinernen Goyl wird. Jacob versucht verzweifelt den Fluch zu brechen, doch bald zeigt sich, dass nur die Fee selbst den Zauber aufheben kann. Jacob ist zu allem entschlossen, auch wenn es ihn das Leben kosten könnte. Will jedoch entwickelt sich zu einen Jade-Goyl, den es eigentlich nicht geben sollte, und für die Steinleute wird er zu so etwas wie einem Erlöser.
Lange hatten die Fans von Cornelia Funke auf einen neuen Roman warten müssen, und so war es nicht weiter verwunderlich, dass der Roman gleichzeitig England, Spanien, Mexiko, Russland, Frankreich, Norwegen, Deutschland und den USA erschien. Die Reaktionen waren verhalten und oft auch enttäuscht: Die Märchenwelt wollte vielen Lesern nicht gefallen. Ich kann das nicht recht nachvollziehen, dann so stark unterscheidet sich diese Welt nicht von der Tintenwelt, was nun nicht bedeuten soll, dass dieses Buch sich zu sehr an der Erfolgstrilogie der Autorin orientiert. Nein, Reckless ist eine eigenständige Geschichte, die eben mit mehr Märchenelementen aufwartet. Tatsächlich wird die Welt, durch die Jacob und Will sich bewegen, als Ursprung aller Märchen angesehen. Jacob selbst verdient sich seinen Unterhalt damit, dass er magische Gegenstände sucht, die den Lesern aus den Märchen bestens bekannt sind. Und natürlich geben die Namen Jacob und Will einen deutlichen Hinweis auf die Gebrüder Grimm. Doch daran sollte man sich nicht stoßen. Cornelia Funkes Märchenwelt ist alles andere als niedlich. Im Gegenteil, sie ist eher niederträchtig und voller Gefahren - ganz genau wie eben die Tintenwelt.
Anzumerken ist: Reckless ist kein Kinderbuch, bestenfalls ein Jugendbuch für Teenager, denn es gibt einige wirklich unschöne Szenen und so mancher zu junge Leser dürfte Alpträume von einem Dornröschenschloss bekommen, dessen Prinzessin eben nicht gerettet wurde, weil die Prinzen im Dornendickicht ein elendes Ende fanden. So muss man sich dieses Buch vorstellen: Ja, es ist eine Märchenwelt, aber eine dreckige, menschenverachtende Märchenwelt, in die die Zeilen „Und sie lebten glücklich bis an ihr Ende“ so gar nicht passen wollen. Aber genau das macht mit auch den Reiz des Buchs aus, ebenso wie die liebevollen Figuren - Klischees sind die Protagonisten bestimmt nicht.
Vielleicht lag es an der wirklich herausragenden Hörbuchfassung von Rainer Strecker und den sorgfältig ausgewählten Musikstücken, aber mir hat im Gegensatz zu so mancher Kritik das Buch wirklich gut gefallen und ich freue mich schon auf die Fortsetzung.
8 von 10 Punkten.