Titel: Ravenwood: Die Schule der Nacht Eine Besprechung / Rezension von Leselurch |
Worum geht's?
Die sechzehnjährige April Dunne ist alles andere als begeistert davon, mit ihren Eltern aus ihrer Heimat Edinburgh in den Londoner Stadtteil Highgate zu ziehen, alles, was ihr lieb und teuer ist, zurück zu lassen und ihre Freunde nicht mehr bei sich zu haben. Aber ihnen blieb gar keine andere Wahl: Nachdem ihr Vater William seinen Job in Schottland verloren hatte, fand er nur in London eine neue Anstellung als Journalist. Dank ihres einflussreichen Großvaters erhält April dort sogar das Privileg, die Ravenwood-Schule zu besuchen; eine Schule für Hochbegabte und Reiche, die eine gesicherte Zukunft garantiert. April ist allerdings alles andere als begeistert von ihrer neuen Schule. Sie spürt instinktiv: Irgendwas geht dort nicht mit rechten Dingen zu! Bloß was? Ihr einziger Lichtblick ist der mysteriöse Gabriel, der ihr Herz zum Rasen bringt.
Als eine Mordserie Highgate in Unruhe versetzt und auch Aprils Vater durch einen Biss in den Hals ermordet wird, schwört sich April, den Mörder zu fassen, koste es, was es wolle. Doch dabei kommt April nicht nur dem Geheimnis von Ravenwood auf die Schliche, sondern auch einem Geheimnis über sich selbst...
Kaufgrund:
Vampir-Hype hin oder her, bei mir dürfen die Blutsauger, die sich in Mädchen verlieben, noch immer ins Regal einziehen. Ich bin und bleibe ein Fan, der sich von diesen Büchern begeistern lässt - vorausgesetzt, sie haben ihren eigenen Stil und neue Ideen. "Ravenwood: Die Schule der Nacht" schien für mich das "gewisse Etwas" zu besitzen.
Meine Meinung:
"Ravenwood: Die Schule der Nacht" startet mit einem rasanten Prolog und zieht seine Leser augenblicklich in seinen Bann. Man wird Zeuge einer tragischen und dramatischen Flucht, die einen erschütternden Ausgang nimmt. Ein liebendes Pärchen versucht im Jahre 1887 vor ihren noch unbekannten Feinden zu fliehen, aber sie haben keine Chance. Die junge Frau ist krank, die Zeit rennt ihr davon und schon bald muss ihr Geliebter Abschied von ihr nehmen. Mia James beschreibt diese Szene so herzzerreißend und emotional, dass die Erwartungen für den weiteren Verlauf des Romans stark in die Höhe schießen.
Die eigentliche Handlung des Romans ist in zwei Teile unterteilt, die zusammenhängen, sich aber nicht mehr mit dem Prolog auseinandersetzen. Man befindet sich nun in der Gegenwart und lernt April kennen, die Protagonistin des Romans, die mit ihrem neuen Leben in London und auf der Ravenwood-Schule alles andere als zufrieden ist. Der erste Teil des Romans befasst sich im Großen und Ganzen bloß damit, April vorzustellen und zu beschreiben, wie sie sich in ihrem neuen Umfeld zurechtfindet. Es gibt eine Menge Highschool-Dramen, Partys, die in Katastrophen enden, die ersten großen Tränen und ein paar romantische Szenen, aber nur sporadisch Informationen über die eigentliche Handlung. Was sich hier über 300 Seiten zieht, hätte man auch viel schneller abhandeln können, und so plätschert die Geschichte farblos und monoton vor sich hin, ehe der große Showdown am Ende des ersten Teils noch einmal für kurze Zeit die Spannung steigen lässt.
Der zweite Teil setzt nach der Ermordung von Aprils Vater William ein und kann nach dem langatmigen ersten Part wieder ein paar Pluspunkte sammeln. Zwar gibt es auch hier keine Wendungen in der Handlung, die einen überraschen würden, aber durch mehr Tempo in der Geschichte kommt zumindest eine gewisse Spannung auf, die einen zum Weiterlesen animiert. April deckt nicht nur einen Teil des Geheimnisses der Ravenwood-Schule auf, sie erfährt auch etwas über sich selbst, das sie in ein großes Loch der Ungewissheit stürzt. Als Leser können einen diese neuen Aspekte nicht sonderlich verblüffen - man hat bereits lange vor April geahnt, was für ein Spielchen hier gespielt wird -, aber Aprils Schicksal bringt frischen Wind in "Ravenwood: Die Schule der Nacht" und trotz aller Schwierigkeiten möchte man doch gerne wissen, was es damit genau auf sich hat. Antworten darauf erhält man allerdings nur bedingt, sodass man wohl mit der Fortsetzung vorlieb nehmen muss.
April Dunne ist eine schwierige Protagonistin, mit der man nur sehr schwer warm werden kann - wenn überhaupt! Ich konnte mich partout nicht mit April anfreunden, so sehr ich mich auch darum bemüht habe. Mit ihrer zickigen und melodramatischen Art und ihren unausgereiften und kindischen Gedanken hinterlässt April bereits zu Beginn der Handlung keinen guten Eindruck, der sich im weiteren Verlauf der Geschichte leider auch nicht mehr ändert. April ist ein emotional geladenes Mädchen, das in vielen Situationen maßlos überreagiert, und sich generell verhält, als würde sie in der Pubertät feststecken. Es gibt Momente, in denen April plötzlich in Tränen ausbricht und herumschreit, man als Leser das Problem allerdings überhaupt nicht mitbekommen hat. Sie ist eine unstete Persönlichkeit, die sich selbst noch nicht gefunden hat. Um so eine schwierige Protagonistin über 600 Seiten begleiten zu können, braucht man definitiv starke und strapazierfähige Nerven.
Geschildert wird die Geschichte aus der Sicht eines außenstehenden Erzählers, der Einblick in Aprils Gedanken und Gefühle hat. Eine andere Erzählperspektive könnte ich mir für "Ravenwood: Die Schule der Nacht" aus Mia James Feder auch nicht vorstellen, denn ihr Schreibstil ist dafür zu akkurat und distanziert. Sie scheint beim Schreiben auf einen Gewissen Stil zu achten, der auf mich allerdings eher kühl gewirkt hat und nicht recht zum Buch passen wollte. Nach anfänglichen Schwierigkeiten gewöhnt man sich aber sehr schnell an Mia James' Schreibstil, sodass sich doch ein Lesefluss einstellt, durch den man den Roman zügig lesen kann. Eines muss man der Autorin allerdings lassen: Tragische Momente macht sie zu kleinen Highlights! Davon gab es im ersten Band jedoch viel zu wenige...
Obwohl "Ravenwood: Die Schule der Nacht" eine jugendliche Protagonistin hat, auf einer Highschool spielt und damit das typische Bild eines stereotypen Jugendromans über Vampire erfüllt, würde ich dieses Buch definitiv nicht an jüngere Leser empfehlen, die zum Beispiel auch Fans der "House of Night"-Reihe sind. In "Ravenwood: Die Schule der Nacht" geht es nicht nur schnulzig und spaßig zu. Sex, wenn auch nicht explizit geschrieben, und Drogen spielen eine große Rolle, anzügliche und beleidigende Bemerkungen scheinen unter den Schülern normal zu sein und auch die brutale Mordszene, in der Aprils Vater ums Leben kommt, ist nichts für ein junges Lesepublikum. Deshalb würde ich Mia James Debütroman eher jungen Frauen ab etwa 17 Jahren anraten.
Cover:
Zumindest der große "Ravenwood"-Schriftzug und die grünen Verzierungen des Covers gefallen mir sehr gut. An dem typischen und einfallslosen Gesicht, das sich in der Masse überhaupt nicht von anderen Covergesichtern abhebt, brauche ich mich allerdings nicht lange sattsehen.
Fazit:
"Ravenwood: Die Schule der Nacht" hat mich leider nicht überzeugt. Die Geschichte hat fraglos Potenzial, doch im ersten Teil der geplanten Trilogie hat Mia James es noch nicht umsetzen können. Protagonistin April stellt die Nerven der Leser auf die Probe, die Handlung hat bloß wenige Highlights, kann nicht mit überraschenden Wendungen punkten und innovative Ideen sucht man in "Ravenwood: Die Schule der Nacht" ebenfalls vergeblich. Daher kann ich den Trilogieauftakt nur an jene empfehlen, die von "Vampir-liebt-Mädchen"-Geschichten nicht genug bekommen können. Ich vergebe gute 2 von 5 Punkten.
Über die Autorin:
Mia James ist in London geboren und aufgewachsen. Wenn sie dort nicht gerade Friedhöfe besucht oder durch Covent Garden streift (natürlich nur zu Recherchezwecken, nicht etwa zum Shoppen), sitzt sie schreibend an ihrem alten viktorianischen Schreibtisch, von dem sie den Eindruck hat, dass es dort spuken könnte. Mit der "Ravenwood"-Trilogie gibt sie ihr Debut als Romanautorin.