Titel: Im Jahre Ragnarök Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Nach "Kaisertag" und "Die Zeitmaschine Karl des Großen" stellt auch "Im Jahre Ragnarök" wieder eine Alternativwelt-Geschichte aus der Feder von Oliver Henkel dar. Dieses Genre ist vor allem in Amerika sehr beliebt, hierzulande findet man nur selten Autoren, die sich dieser Nische in der Science Fiction annehmen Oliver Henkel setzt hier am Ende des Zweiten Weltrkrieges an und lässt Stalin kurz vor dem Einmarsch der Roten Armee in Deutschland an einer Grippe sterben. Die sowjetische Armee zieht sich zurück und Russland verfällt in einen Bürgerkrieg, Deutschland wird komplett von den Westmächten eingenommen. Durch den fehlenden Gegenpart der Sowjetunion wird der sogenannte Morgenthau-Plan in Deutschland umgesetzt und alle Industrieanlagen abgebaut. An der Rheingrenze wird die "Rheinische Republik" unter der Regierung Adenauer installiert, ein Marionettenstaat Frankreichs. Das Ergebnis dieser Entwicklungen ist ein verarmtes, ausgehungertes und in Trümmern liegendes Deutschland, wobei es den umliegenden Staaten wie beispielsweise Großbritannien nicht besser ergeht. Lediglich die USA konnten sich vom Krieg erholen und dominieren Politik und Wirtschaft. In diesem Szenario wird der Geheimdienstagent Tupper in das besetzte Deutschland versetzt, nach dem er sich in Indien bei mehreren Einsätzen nicht gerade mit Ruhm bekleckerte. Ihm zur Seite steht der ständig Shakespeare zitierende Polizist Dünnbrot - beide können sich von Anfang an nicht ausstehen. Mehrere Protagonisten wie beispielsweise zwei umherziehende Huren unterstützen das ungleiche Paar bei ihrer Aufgabe, einen Mord und Kunstdiebstahl aufzuklären. Jedoch zieht der Fall, je mehr Tupper und Dünnbrot ermitteln, weitere Kreise und schließlich entpuppt sich der Fall als Nebenschauplatz eines wahrhaft dämonischen Unternehmens ...
Lieutenant Tupper, ein Loser, wie er im Buche steht, wird trotz all seiner Fehler und seines weinerlichen Auftretens schnell vom Leser akzeptiert und gemocht. Das Gegenstück Dünnbrot als hiesiges Faktotum ergänzt ihn wunderbar und so schlittert man nach einem leicht zähen Anfang der Geschichte mit Vergnügen von einem Abenteuer zum nächsten. Die Ausgestaltung des Szenarios ist glaubhaft und in sich schlüssig - was man ja nicht von jedem Alternativwelt-Roman behaupten kann. Gerade die Orientierung an ein vom Krieg verwüstetes Deutschland und die Festlegung in das Jahr 1962 machen die Faszination aus. Das Ende des Romanes, der Plot, wirkt etwas aufgesetzt und irgendwie nicht passend zum Rest der Geschichte. Jedoch kann man darüber hinwegsehen, angesichts eines ansonsten hervorragenden Romans.