Serie: Rigante-Zyklus, 3. Band Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Achthundert Jahre sind ins Land gegangen, seit der Keltenkönig Connavar und sein nichtehelicher Sohn Bane die angreifenden Armeen der Stoner aufhielten und besiegten. Die Riganten leben unter der Herrschaft der Varlish, die aus dem ehemaligen siegreichen Connavar einen angeblichen varlishen Prinzen namens Con of the Vars gemacht haben. Die Riganten verloren unter den Varlish (oder Engländern), was sie den Stonern (oder Römern) todesmutig abgetrotzt hatten. Auch der Baumkult mit seinen rotgewandeten Priesterinnen ist auf dem Vormarsch. Das Druidentum der Riganten (oder Schotten) verliert an Zulauf und Gläubigen. Die Varlish verändern die ruhmreiche Geschichte der Riganten, herrschen über die minderwertigen Menschen, und die Seidh sind nicht mehr die magischen Naturwesen der Riganten. Die Magie wird zurückgedrängt, und nur noch sehr wenige Personen besitzen druidisches Wissen und können es auch anwenden. In dieser Zeit fehlt den Riganten ihr großer Nationalheld, der sie von den Unterdrückern befreien könnte. Unter der Regierung der Varlish werden sie ihrer eigenen Kultur und Geschichte beraubt und als ein minderwärtiges Volk angesehen. Ihre Rechte werden eingeschränkt, sie selbst überall benachteiligt und unterdrückt. Als Keltoi sind sie ein Nichts. Die Unterdrückung des Volkes, beherrscht von vartischen Landlords, fordert geradezu eine erneute Revolution heraus. Ein Aufstand der Unterdrückten steht bevor. Doch wer soll ihn führen, wenn ein Held fehlt?
Lanovar, ein Nachfahre Connavars, wurde auf Burg Eldacre verraten und verkauft, als er zum Friedensschluss kam. Na ja, eher ermordet von Moidart, dem Landlord. Man kann den Varlish verstehen, verführte doch Lanovar dessen Frau Rayena (ein kleiner Bezug auf die Artussaga), die daraufhin schwanger wurde. Moidart wollte die eigene Frau vor dem minderwertigen Menschen schützen. Trotzdem ist Rayena schwanger. Wer der Vater ist, Lanovar oder Moidart, das kann nur Rayena sagen. Lanovar stirbt, ohne das Kind Rayenas gesehen zu haben. Seinem zweiten Sohn Kaelin gibt er den Seelennamen Rabenherz. Dieser ist ein reinrassiger Rigant. Gleichzeitig bittet er seinen Freund Jaim Grymauch, sich um ihn zu kümmern.
Moidart lässt unterdessen die Riganten überfallen, in der Hoffnung, neben Lanovar auch dessen Familie zu töten. Wie durch ein Wunder wird Kaelin jedoch durch seine Tante Maev gerettet. Gleichzeitig inszeniert Moidart ein Attentat auf seine ehebrecherische Frau Rayena, die dabei planmäßig stirbt. Nur sein Sohn Gaise darf leben. Auf diese Art und Weise wird er aber nie erfahren, wer der leibliche Vater ist. Der Junge hat zwar die gleichen Augen wie Lanovar, aber auch die Augen seiner Urgroßmutter. Moidart ist nicht nur grausam zu seinem allein aufwachsenden Sohn, sondern vor allem zu den Riganten. Niemand darf mehr offen Waffen oder seine Clanfarben tragen. Lediglich die schwarzen Riganten, abgelegen im Hochland, sind tatkräftig genug, sich gegen die Bestimmungen und die aufmarschierenden Truppen zu behaupten. Kaelin und Jaim Grymauch müssen bald das Land verlassen. Kaelin tötete die Soldaten, die seine Freundin Chara vergewaltigten, und Jaim wurde Sieger im Boxen gegen den varlischen Champion. Sie fliehen zu den schwarzen Riganten, den Einzigen, bei denen sie noch Schutz finden können.
David Gemmell schuf mit seinem Rigante-Zyklus die klassischen Konfliktsituationen, greift immer wieder auf das Vater-Sohn-Verhältnis zurück, um den Leser mit überraschenden Wendungen zu verblüffen. Gleichzeitig erleben wir mit den Rigante ein Volk, das ständig um seine Selbstbestimmung kämpfen muss. Dabei ist der Unterschied zwischen den Besatzern nicht sehr groß, eigentlich nur der Name. Denn eine Gewaltherrschaft ändert nichts an der Herrschaftsform. Neben den eigentlichen Hauptfiguren wie Connavar, Bane, Kaelin und so weiter fesselt Herr Gemmell mit Nebenfiguren. Diese sind nicht weniger wichtig und nicht weniger gut beschrieben als die Hauptfiguren. Ihr Rand-Dasein besteht eigentlich nur darin, nicht so häufig aufzutreten. Herr Gemmell bietet viel Spannung an. Der Zeitsprung ist ebenso wie der kulturelle Hintergrund äußerst faszinierend (Danke, Mr. Spock, sie haben mir sehr geholfen). Die Personen haben ihren eigenen Charme, leben von und mit der Beschreibung. Die Welt wird greifbar, miterlebbar - und der Schriftsteller damit ein Mann, der überzeugend Welten erschafft, zumindest aber bestehende Welten überzeugend verändert. Ein überzeugender Zyklus. Trotzdem muss in diesem Fall erwähnt werden, dass noch der Band Sturmreiter fehlt, der unbedingt nötig ist, um einen würdigen Abschluss nicht nur des Rigante-Zyklus, sondern auch von Rabenherz zu erhalten. Wer die ersten beiden Romane gelesen hat, wird feststellen, dass ein wenig Fortführung der eigentlichen Handlung fehlt. Stattdessen zieht sich das Buch etwas in die Länge. Mit dem Nachfolgeband zusammen und etwas gekürzt, wäre es eine hervorragende Trilogie geworden. Zu David Gemmell, der vor fast genau einem Jahr starb, gibt es einen eigenständigen Bücherbrief (siehe www.homomagi.de).