Titel: Quellcode Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Die Rockgruppe The Curfeu mit ihren Mitgliedern, der Sängerin Hollis Henry, Reg Inchmale, Laura 'Heidi' Hyde und Jimmy Carlyle, hat sich aufgelöst. Immer am finanziellen Abgrund, nimmt die Ex-Sängerin Hollis einen Auftrag als Journalistin an. Philip Rausch ist Redakteur bei einer Zeitschrift namens Node, die sich mit Technologie und Kultur auseinandersetzt. Für einen Auftrag dieser Zeitschrift setzt sich Philip mit Hollis in Verbindung, und sie fliegt nach Los Angeles. Sie soll über neue Computertechniken schreiben, bei denen bestimmte Bildsequenzen, die nur über einen Spezialhelm sichtbar werden, in die Landschaft einfügt werden. In Los Angeles trifft sie die Französin Odile Richards, die sie mit ihrem Künstler Alberto Corrales bekanntmacht. Albertos Grundlagen für seine Kunstwerke gehen auf den Kanadier Robert Ferguson zurück, den er seit zwei Jahren kennt. Ferguson, der besser unter seinem Künstlernamen Bobby Chombo bekannt ist, wird gern als König der Locative-Art-Künstler bezeichnet. Hollis drängt auf eine persönliche Bekanntschaft, die Alberto nur widerstrebend vermittelt. Chombo mag es nicht, wenn jemand von ihm erfährt, und schon gar keinen unangemeldeten Besuch. Da er die Gruppe The Curfeu mochte, wirft er Hollis nicht hochkant wieder raus. Bei Hollis schleicht sich jedoch der Verdacht ein, dass es gar nicht um einen Artikel für Node geht, sondern dass ganz andere Dinge im Spiel sind. Die Personen, mit denen sie zur Zeit zu tun hat, scheinen ganz andere Interessen zu hegen. Der Chef der Zeitschrift, Bigend, ruft sie unerwartet an und bestätigt, dass es tatsächlich einen anderen Hintergrund gibt, weshalb sie mit den Leuten Kontakt aufnehmen soll. In Südostasien entern Piraten und CIA-Agenten gemeinsam Handelsfrachter. Die Piraten kümmern sich nur um ihre Beute, während die CIA nach Massenvernichtungswaffen fahndet. Bei einer solchen Aktion kam ihnen ein Frachter verdächtig vor, doch sie erhielten den Befehl, nicht weiter an diesem Frachter Interesse zu zeigen. Bigend seinerseits vermutet, Bobby könnte die Signale empfangen, sie auf iPods in Musikstücken unterbringen und diese weitergeben. Er kennt Bobbys Auftraggeber allerdings nicht. Die iPods mit den Informationen aus Costa Rica werden nach New York gebracht. Empfänger ist eine unbedeutende Familie des organisierten Verbrechens. Tito ist der Ansprechpartner, der gleichzeitig von einem gewissen Brown beobachtet wird. Brown hält Tito für eine Art Hehler, einen Kriminellen, der andere Kriminelle unterstützt. Titos Auftraggeber fliegt mit Tito nach Vancouver, um dort einen Container in Empfang zu nehmen. Brown folgt ihnen. Hollis wird von Bingend hinterhergeschickt.
Der Roman Spook Country ist eine Art Spionagethriller auf Grundlage von Technik und Wissen von heute, die aber so wie in dieser Beschreibung noch nicht ausgeführt wurden. (Denke ich). Die Welt von Willam Gibson ist weitaus vielschichtiger vernetzt, als wir unsere Handy- und Internet-geschwängerte Welt kennen. Die Erzählung arbeitet mit drei Handlungssträngen. Hollis, eher Marionette als Hauptrolle, Braun/Brown (ein Lektoratsfehler, weil zu Beginn die deutsche Schreibweise benutzt wurde), Tito. Die Verbindungen zwischen den einzelnen Handlungen sind nicht einfach auszumachen. Dafür sind sie recht paranoid. Wer allerdings mehr erfahren will über paranoide Amis, der sollte einen Blick auf www.infokrieg.tv werfen. Eine deutschsprachige Seite.
Die Welten des William Gibson sind eigentlich nur eine Welt, die unsrige. Mit der Kraft seiner Voraussicht können wir eine Blick in eine mögliche Zukunft werfen, die näher dran oder weiter weg liegt. Trotz all seiner Zukunftsaussichten ist es die Gegenwart, die die Grundlage seines Buches bildet.
Nach dem Vietnam-Trauma ist es nun der 11.9.2001. Dabei sollte man auch eins berücksichtigen, wenn man das Datum liest: Die Amerikaner beginnen mit dem Monat, dann dem Tag, so dass aus 11. 9. die Zahl 9.11. wird. Diese 911 ist gleichzeitig der Polizeinotruf, und aus diesem Grund wird das Datum bei den Amerikanern nie vergessen werden. Bedenkt man den amerikanischen Titel, kommt man unweigerlich zu sogenannten Spoobooks. Das sind, grob gesagt, Rechner, die ins Netz gestellt werden und alles mitschneiden, was über ihn läuft. So ähnlich läuft es bei den Figuren in diesem Roman. Sie versuchen alles, was über sie läuft und an ihnen vorbei, zu analysieren. Man sucht schließlich den Container mit dem verschwundenen Geld.
Gibson arbeitet mit der Angst der Menschen, mit technischen Elementen und der wunderbaren Eigenschaft eines Thrillers. Ein verstörendes Gefühl der Hilflosigkeit und des Nichtverstehens schleicht sich ein, wenn man diesen Roman liest. Anders als bei anderen Romanen, wo ich dieses Gefühl nicht ausstehen kann, weil der Autor es nicht erzeugt, weil er es will, sondern weil er nicht besser schreiben kann, ist es hier gewollt und gehört zum Roman, wie das Umblättern der Seiten.
William Gibsons Romane sind für mich immer wieder ein Lesegenuss. Natürlich hat er wie jeder andere Autor auch Schwächen, doch treten diese nicht in den Vordergrund. Also mag der Roman nicht nur für sich, sondern auch für den Schriftsteller sprechen.
Quellcode - die Rezension von Alexander Pechmann