Serie/Zyklus: Scheibenwelt Besprechung / Rezension von Wiebke Schiefelbein (ElvenArcher). |
Inhalt:
Teppic, Thronerbe eines kleinen Königreiches im Tal des Djel, hat gerade in Ankh-Morpork seine Ausbildung zum Assassinen erfolgreich beendet und feiert dies gebührend mit seinen Kommilitonen, als seltsame Dinge geschehen. So sieht er eine Erscheinung und überall dort wo seine Füße den Boden berühren wächst plötzlich Gras. Während der Arzt ihn für tot erklärt, weiß Teppic, daß er in seine Heimat zurückkehren muß. Denn sein Vater ist gestorben und die göttliche Macht des Pharaos ist auf ihn übergegangen.
In der Heimat angekommen fällt es Teppic schwer sich einzugewöhnen, die Jahre in Ankh-Morpork haben ihn die modernen Errungenschaften, wie Daunenbetten und Kanalisation zu schätzen gelernt. Das Fehlen des Fortschritts in Djel hat einen Namen: Dios, der Hohepriester. Er wehrt sich verbissen gegen jede Veränderung und sei es sein eigener Tod, der schon einige Jahrtausende überfällig ist. Genausowenig wie dieser über ihn befehlen vermag, hat ihm der Pharao was zu sagen, vielmehr sagt Dios dem Pharao was er zusagen hat bzw. übernimmt gleich das Reden für ihn.
Der Geist von Teppics Vaters überwacht indessen die Mummifizierung seines eigenen Körpers und muß entsetzt miter"leben" wie Teppic - gereitzt von Dios - die größte Pyramide bestellt, die es je gegeben hat. Und dabei wollte sein Vater doch immer nur ein einfaches Seebegräbnis. Mit dem Bau dieser Pyramide, deren Baumeister ahnen, daß sie Schwierigkeiten machen wird - denn sie ist einfach zu groß um des Nachts einfach so ihre kosmischen Energien in den Himmel zu entladen - beginnt das Unheil seinen Lauf zu nehmen.
Teppic muß erleben wie ein ehemaliges Haremsmädchen seines Vaters von ihm zum Tode verurteilt wird - weil sie nicht freiwillig sterben wollte. Also beschließt er Ptraci in seiner Rolle als Assassine, der das Leben mehr liebt als den Tod, vor den Krokodilen zu retten. Dios nutzt dies um sich Teppics zu entledigen, um so anstelle des Pharaos in alle Ewigkeit zu herrschen und Djel vor jeglichem Fortschritt zu bewahren.
Dann entlädt sich die große Pyramide und läßt Djel in einer anderen Dimension verschwinden. Während die beiden Flüchtigen nun versuchen das Königreich mit Hilfe des größten mathematischen Genies der Scheibenwelt - einem Kamel namens "Du Mistvieh" - wieder in die normale Dimension zurück zu holen (oder zumindest einen Weg dahin finden wollen), finden sich Dios und die Bewohner des Tals in einer seltsamen Welt wieder. In dieser Welt wandeln die Götter auf den Straßen und die Toten beschließen das Ganze wieder in Ordnung zu bringen...
Fazit:
Terry Pratchett spielt mit allem was zum Alten Ägypten gehört, mischt etwas Ankh-Morpork sowie die alten Rudolfo Valentino-Filme unter und schafft so Pyramiden, einen eigenständigen Roman, der keiner bestimmten Reihe im Scheibenweltuniversum zu zu rechnen ist. Gewohnt kurzweilig geschrieben findet man laute Lacher allerdings selten - ich bezweifle auch, daß der Autor diese beabsichtigt hat. Aber wenn man sich ein wenig mit Ägyptologie und dem Orient auskennt, dann hält man ein amüsantes Büchlein in der Hand, welches zu unterhalten weiß und das ein Dauerlächeln auf die Lippen zaubert. Außerdem zeigt es, daß sich der britische Autor viele viele Gedanken gemacht und sorgfältig recherchiert hat, denn man kann nur gekonnt karikieren was man kennt.
Gewöhnungsbedürftig ist es aber schon, daß keine der mittlerweile so vertrauten Protagonisten wie die Stadtwache, die Hexen oder die Zauberer auftauchen, doch gerade das ist es, was dieses Buch eher zum Vorläufer der heutigen Scheibenweltromane macht, als die anderen aus der Zeit. Pyramiden ist tiefgründiger und ernster als andere Scheibenweltromane, die Terry Pratchett vor 10 - 15 Jahren geschrieben hat. Besonders hervorzuheben sind die beiden großen Gegenspieler des Buches Teppic und Dios.
Der anfangs stereotype Dios, der schnell die Antipathie des Lesers auf sich zu ziehen weiß, wird zu einer bedauernswerten Figur. So ist Dios gefangen in seiner Rolle als Hohepriester und dem Wunsch alles so zu belassen wie es immer schon war. Seine Angst vor Veränderungen mag unverständlich sein, doch erregt bald Mitleid, denn diese Angst hat es ihm verwehrt Frieden zu finden und läßt an den Queen-Song "Who wants to live forever" denken. Und dann kommt ein neuer Pharao und will alles verändern, schüttelt Handwerkern die Hand, will sich in die Urteilsfindung einmischen, alles umstoßen was Dios so lange gehegt und gepflegt hat - so in etwa muß sich ein Handwerker zu Zeiten der Industriellen Revolution gefühlt haben.
Auch Teppic, der als verwöhntes Balg nach Ankh-Morpork geschickt wird um dort zur Schule zu gehen, erweist sich eher als tragischer denn als strahlender Held. Da es in Ankh-Morpork nur eine Schule für Gentlemen gibt - die Gilde der Assassinen - bekommt er eine etwas andere Ausbildung als beabsichtigt. Aber obwohl er in allen Fächern brilliert, weiß er letztenendes, daß er nicht in der Lage ist zu töten. In seine Heimat zurückgekehrt muß er feststellen, daß sie ihm völlig fremd geworden und im Vergleich zu Ankh-Morpork knietief im Staub versunken ist. Und dann ist da seine eigene Hilflosigkeit, als allmächtiger, göttlicher Pharao verhallen seine Worte und sein Wunsch nach Veränderungen ungehört. Spricht Dios doch an seiner Statt und nimmt ihm dann auch noch sein Erbe. Und als er dann auch noch Ptraci begegnet ist seine Verwirrung komplett. Armer Kerl.
So wird Teppic zum Symbol für die Veränderung und Dios für den Fortbestand, beides hat seine Vorteile und beides hat seine Nachteile. Zwar siegt letztenendes die Veränderung aber ein bisserl Melancholie mischt sich doch ein und nicht jede alte Tradition wird abgeschafft. Und es wäre kein echter Pratchett, wenn nicht auch das "Böse" sein Happy End bekommt...
7 von 10 Punkten
- September 2005 -
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