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Serie/Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Christian Weis |
Hörspiel oder Hörbuch? Das ist hier die Frage. Beantwortet wird sie auf dem Cover mit der Bezeichnung Hörstück, die Günter Merlaus Inszenierung recht gut beschreibt. Es handelt sich um eine durch Geräusche untermalte Lesung, bei der die Dialoge von unterschiedlichen Sprechern vorgetragen werden. Die Geräusche dienen meist nur als Hintergrundkulisse und die sechs Kurzgeschichten werden überwiegend von den Erzählpassagen geprägt.Jeffrey Thomas hat sich mit seinen Geschichten über die Stadt Paxton, die von ihren Bewohnern meist Punktown genannt wird, unter SF- und Horrorfans gleichermaßen einen Namen gemacht. Alle Storys zusammengenommen ergeben ein düsteres, dystopisches Bild der von Menschen und außerirdischen Spezies bewohnten Mega-City. Liebhaber von atmosphärisch-dichten futuristischen Erzählungen werden dabei ebenso angesprochen wie Splatterpunkfans (und die Empfehlung "ab 16 Jahre" auf dem Backcover hat durchaus ihre Berechtigung).
In "Die Bibliothek der Leiden" wird ein Polizeiermittler von den Eindrücken auf seinem implantierten Speicherchip so lange gequält, bis er ihn loswerden will. Zwischendurch besucht er immer wieder seine Mutter, die im Grunde nicht viel mehr als ein Geist in der Maschine ist. "Alles aus Liebe" ist das Motto eines Performancekünstlerpaares, das in die Abgründe abtauchen muss, die es auf der Bühne darstellt. In "Völlig vertiert" suchen Polizisten nach einem außerirdischen Tierhändler, von dem sie jedoch nicht wissen, wie er aussieht. "Spiegelbild von Geistern" stellt einen Gentechniker vor, der sich in einen von ihm geschaffenen Klon verliebt und die Frau nicht an seinen Auftraggeber abtreten will. Bei der Story "Hassmaschine" ist der Titel Programm. "Sweaty Betty" schließlich ist eine Prostituierte, die durch den Kontakt mit Alienfreiern Mutanten in die Welt setzt.
Die Inszenierung der Geschichten macht aus dem Ganzen ein recht außergewöhnliches Hörerlebnis - allerdings wohl nur dann, wenn man Jeffrey Thomas' abgefahrene Storys mag, die sich mitunter einer recht drastischen Sprache bedienen. Die Umsetzung ist (bis auf den leider einschläfernd langsamen Vortrag von Jürgen Holdorf bei "Hassmaschine") wirklich gelungen.