Serie: ~ Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Céline geht zum Schwarzmarkt und verkauft Erinnerungen. Schlechte bringen mehr Geld als gute und sie hat 0viel Schlimmes erlebt. Doch dann erkennt ein Kunde den Mörder ihrer Mutter. Céline tickt aus und will nur noch Rache üben.
Mit dieser Geschichte beginnt Frank Hebben seine Sammlung mit insgesamt 13 Kurzgeschichten. Der Leser weiß sofort, was ihn erwartet: Düstere Zukunftsvisionen und Cyberpunk-Szenarien, die nicht selten schwer zu verarbeiten sind. Frank Hebbens Menschen dringen in Netzwerke wie auch in das Gedächtnis anderer ein und graben sich durch sie wie Würmer. Die Welt ist fremdartig, endzeitlich und sehr von Pessimismus bestimmt. Man liest von geklonten organischen Computern, am Schwarzmarkt gekauft und mit ungeahnten Nebenwirkungen; man liest von Göttern, die sich im Cybernetz aufmachen, um ihren Vater zu stürzen; man liest von Künstlern in einer von Pragmatismus bestimmten Welt und von Hebbens Version eines modernen Frankenstein.
Diese Sammlung vereinigt die Geschichten von Frank Hebben, die in den letzten drei Jahren in der c`t, in diversen NOVA-Ausgaben sowie in den beiden Anthologien "SFX" und "Tabula Rasa" aus dem Wurdack Verlag erschienen sind. Doch die Sammlung bietet mit den Geschichten "Exodus 1906 AD", "Imperium Germanicum" und "Gelée Royale" auch drei neue Geschichten, die mit diesem Band zum ersten Mal verlegt wurden.
Frank Hebbens Visionen sind düster und nur schwer zu greifen. Vieles ist kryptisch, verschlüsselt und grenzt den Leser aus, der versucht zu erfassen, was die Erzählung des Autors bedeuten mag. Dann wiederum schreibt Frank Hebben sehr poetisch seine Helden werden Künstler, die ihre eigene Kunstform haben und in ihrer Welt zu bestehen versuchen. Dies erzeugt eine gewisse Dualität zum Rationalismus der Cyberpunk-Geschichten und verleiht der Sammlung ganz eigenen Charme. Ganz ohne Zweifel: Diese Sammlung ist etwas Besonderes. Die düsteren Zukunftsvisionen und der zeitweise poetische Schreibstil haben etwas geschaffen, was seinesgleichen sucht. Für Fans von Cyberpunk-Geschichten ist diese Sammlung ein unbedingtes Muss. Für alle anderen Freunde des Science-Fiction-Genres ist sie interessant, aber man sollte Gefallen an solchen Geschichten finden. Manches war mir persönlich zu abgehoben, zu abstrakt, aber das ist reine Geschmackssache. Zumindest kann ich sagen, dass Frank Hebben sein Handwerk bestens versteht und sehr gut seine Gedanken zu Papier bringt.
7 von 10 Punkten.
Prothesengötter - die Rezension von Erik Schreiber