Reihe: Poison Diaries, Band 2 Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Pflanzen als sprechende Geschöpfe sind in der Phantastik nicht sehr häufig anzutreffen. Wenn sie zudem mit einem eigenen Willen und Verstand dargestellt werden, sind sie schon etwas Besonderes. Die Kunst, eine Geschichte mit einer Giftmischerin und ihrer Liebe zu einem jungen Mann darum herum zu schreiben, bedarf schon einiger Anstrengung. Gelingt sie, hält man sicher eine interessante literarische Mischung in der Hand. Sicherlich ist man auch gewillt, nach dem ersten Band mehr davon zu lesen.
Jessamines Geschichte wird weitergeführt. Das Leben von ihr und ihrem Vater ist recht einsam in der alten Abtei. Jessamine kümmert sich - ganz auf sich gestellt und mit etwas Hilfe des Vaters - um den Kräutergarten. Lediglich den Giftgarten mit Fingerhut, Belladonna und Oleander darf sie nicht betreten, weil ihr Vater um ihre Gesundheit fürchtet. Mit dem Kennenlernen von Weed ändert sich ihr Leben. Plötzlich ist ihr eine andere Person wichtig.
Weed hat sich dem Giftprinz Oleander gebeugt und ist gegangen, um seine Liebe Jessamine vor dem Tod zu retten. Weeds Leben ist nun sehr einsam geworden. Nachdem er auf Verlangen von Prinz Oleander den Priester umbrachte, hat er sich tief in den Wald zurückgezogen. Doch wie das bei Liebenden so ist, kann er Jessamine nicht vergessen und bereut seine unglückselige Tat aus tiefstem Herzen. Wenn er zudem dem Flüstern des Waldes zuhört, wird er aufgefordert zurückzukehren. Tief in seinem Inneren ist dies auch sein Wunsch, und so macht er sich auf den Weg nach Hulne Abbey. Dort erwartet ihn eine böse Überraschung, denn die Pflanzen aus dem Garten flüstern ihm zu, dass Jessamines Vater ebenfalls vergiftet wurde. Langsam stellt sich heraus, dass es nun weniger um die giftigen Pflanzen geht, vielmehr rücken die Heilpflanzen in den Mittelpunkt. Mit dieser Änderung geht einher, dass die Pflanzen wesentlich menschlicher werden. Währenddessen findet Weed einen Fremden im Haus, ebenfalls tot. Um den Tod zu vertuschen, setzt er das Haus in Brand. Das Anwesen wird ein Raub der Flammen. Weed, der Pflanzenflüsterer, ist der Ansicht, dass Jessamine Prinz Oleander folgt, der sie in ihr Verderben stürzen will. Er will - ja, er muss - die Frau seines Herzens finden, um sie vor weiterem Ungemach zu schützen. Der Weg, den der Prinz einschlug, kann nichts Gutes bedeuten.
Irgendwo in der Zeit der Aufklärung angesiedelt, ist diese Erzählung eine Art Märchen. Seitens der beginnenden Wissenschaft lebt man immer noch von mühsamen Testreihen, um die eigenen Ideen aufzuarbeiten und mittels der Tests eher auszuprobieren, was geht und was nicht. In einer Zeit, in der die Wirkung verschiedener Gifte und Heilkräuter unbekannt oder nur spärlich bekannt ist, wird ein Liebesmärchen um Weed und Jessamine gesponnen. Dieses Märchen bietet eine vielversprechende Handlung, voller Mysterien und Geheimnisse, kann jedoch nicht ganz überzeugen. In sich geschlossen, ist das Buch etwas langsam zu lesen, es fehlt der Spannungsbogen. In vielen Dingen bleibt die Autorin oberflächlich. Wir können das Buch denjenigen empfehlen, die gern märchenhafte Fantasy lesen, wie sie der Wilhelm Heyne Verlag in den 1980er Jahren in einer Subreihe praktizierte. Oder wir können etwas enttäuscht sein, weil die Handlung doch eher flach gehalten wird und der Schluss nicht ganz überzeugt. Positiv ist in jedem Fall, dass Jessamine in der Welt herumkommt und der Leser von dieser dadurch erfährt mehr erfährt. Ein schöner Aspekt, der durchaus ausgebaut werden könnte. Offen ist vieles und ich hoffe mal, dass im dritten Teil alles eine Erklärung findet. Eine gute. Denn trotz der Oberflächlichkeit bin ich doch neugierig, wie alles enden wird.